Am Montag (4.1.) trafen sich wieder "Spaziergänger" in der Castroper Altstadt.

© Lydia Heuser

Wie die Polizei die Corona-„Spaziergänge“ in Castrop-Rauxel einschätzt

rnQuerdenker-Protest

In Castrop trafen sich Montag wieder „Spaziergänger“. Die Polizei schaute zu. Das Treffen war nicht angemeldet, eine Anzeige gegen unbekannt wurde trotzdem erstattet. Wie passt das zusammen?

Castrop-Rauxel

, 04.01.2022, 14:57 Uhr / Lesedauer: 2 min

Der Termin am Montagabend soll sich wohl fest etablieren: Wie an den vergangenen Montagen trafen sich auch am 3.1. wieder Menschen um 19 Uhr in der Castroper-Altstadt. Die Teilnehmer selbst sprechen von „Spaziergängen“. Niemand meldete ein Treffen bei der Polizei als Versammlung an.

Nach dem Treffen am Montag (27.12.), bei dem etwa 60 Personen durch die Altstadt gingen, stellte die Polizei Anzeige gegen unbekannt. Der Staatsschutz ermittelt. In einschlägigen Gruppen des Messenger-Dienstes Telegram zeigten sich einige Nutzer dadurch verunsichert.

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Trotzdem kamen eine Woche später (3.1.) wieder Menschen am Reiterbrunnen zusammen. Die Polizei Recklinghausen geht von etwa 40 Teilnehmern aus. Sie stellte erneut Anzeige gegen unbekannt wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz.

Warum wird der „Spaziergang“ angezeigt?

Spazierengehen sei doch nicht verboten, ist die Meinung der Teilnehmer solcher Treffen. Woran macht die Polizei also fest, dass es sich um eine Versammlung handelt?

Andreas Wilming-Weber, Erster Polizeihauptkommissar und Leiter der Pressestelle, sagt: „Selbst das Nicht-Anmelden einer Versammlung ist schon eine Straftat.“ Und: „Wir werten das schon als Versammlung, selbst wenn die Teilnehmer gar nichts mitführen.“

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Die „Spaziergänger“ in Castrop-Rauxel trugen keine Plakate oder Transparente mit sich, lediglich Windlichter oder mit Lichterketten dekorierte Regenschirme. Solche mitgeführten Gegenstände könnten schon als Indiz gewertet werden, dass es sich um ein organisiertes Treffen handelt, so der Leiter der Pressestelle.

Die Versammlung war nicht angemeldet; wie übrigens die meisten Treffen am Montag (3.1.) im Kreisgebiet nicht. Lediglich in Bottrop, ebenfalls im Zuständigkeitsbereich der Kreispolizeibehörde, wurde eine Veranstaltung angemeldet, wie die Polizei erklärte.

„Gezielte Aufrufe“ im Messenger-Chat

„Uns reicht, dass sie sich treffen“, erklärt Andreas Wilming-Weber. Die Aufrufe in den Telegram-Gruppen seien schließlich „gezielte Aufrufe“, um sich zu einer bestimmten Uhrzeit an einer bestimmten Örtlichkeit zu treffen.

Auch wenn die Polizei noch niemanden als Organisator ausmachen kann, steht durch die Auswertung der Telegram-Gruppen fest, dass es sich um nicht-angemeldete Versammlungen handelt. „Diese Sichtweise vertreten nicht nur wir“, sagt Andreas Wilming-Weber, „auch das Ministerium sieht das so.“

Erneut trafen sich am Montagabend (27.12.) Gegner der Corona-Politik in der Castrop-Rauxeler Altstadt zum Spazierengehen. Die Polizei beobachtete das nicht angemeldete Treffen. (Archivbild)

Erneut trafen sich am Montagabend (27.12.) Gegner der Corona-Politik in der Castrop-Rauxeler Altstadt zum Spazierengehen. Die Polizei beobachtete das nicht angemeldete Treffen. (Archivbild) © Helmut Kaczmarek

Obwohl die Versammlung nicht angemeldet war, ließ die Polizei die „Spaziergänger“ durch die Altstadt ziehen. „Maßnahmen wären ein Eingriff in die Versammlungsfreiheit“, sagt der Polizeihauptkommissar. „Pauschal kann man das nicht verbieten“ – selbst dann nicht, wenn die Demo nicht angemeldet ist.

Würden die Teilnehmer beispielsweise den Feierabendverkehr beeinträchtigen, könnte die Polizei eingreifen. Das ist aber in der Fußgängerzone kaum zu beanstanden.

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Vor Ort schauen die Beamten, ob sich einzelne Personen als Leiter des „Spaziergangs“ hervortun oder diese unterstützen. Dann würden auch Personendaten aufgenommen werden. In Castrop sei das bislang nicht geschehen. Am Montag (3.1.) stellte die Polizei im Kreis Recklinghausen allerdings insgesamt 13 Strafanzeigen, nahm drei Personalien in Haltern am See auf, eine in Marl und zwei in Recklinghausen.

Die Anzeige gegen unbekannt, die für den „Spaziergang“ in Castrop-Rauxel gestellt wurde, sei nun in Bearbeitung. Man versuche auch über die Auswertung der Nachrichten bei Telegram Verantwortliche zu identifizieren. Sind die Ermittlungen abgeschlossen, wird die Anzeige an die Staatsanwaltschaft in Dortmund übergeben.