Versuchte Tötungsdelikte in Castrop-Rauxel In diesen vier Fällen ermittelte die Polizei 2024

Das steckt hinter den vier versuchten Tötungsdelikten 2024
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Vier versuchte Tötungsdelikte listet die Polizei in ihrem, am Mittwoch (12.3.) veröffentlichten, Kriminalitätsbericht 2024 für Castrop-Rauxel auf. Vier „Straftaten gegen das Leben“, bei denen wir von der Polizei genauer wissen wollten, was dahintersteckt. Und vier Straftaten, die die Besonderheiten der Polizeistatistik zeigen. Welche Fälle tauchen wann auf? Und welche Straftaten gelten als aufgeklärt?

Zwischen geklärt und ungeklärt

Der wohl eindeutigste Fall ereignete sich im April 2024. In der Nacht auf den 7.4.24 wurde die Feuerwehr zum Hochbunker am Münsterplatz in der Castroper Altstadt gerufen. Das Schlaflager eines obdachlosen Mannes am Bunkereingang stand in Flammen. Der 55-Jährige erlitt Brandwunden am Bein, musste von den Rettungskräften gerettet werden und wurde vom Notarzt ins Krankenhaus gebracht. Er wurde schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt. Der Obdachlose sagte aus, Schritte gehört und jemanden weglaufen gesehen zu haben. Die Brandstiftung habe er allerdings nicht beobachtet. Außerdem sei er stark alkoholisiert gewesen. Nach diesen Hinweisen wurde eine Mordkommission gebildet, die allerdings keinen Verdächtigen ermitteln konnte. In der Folge wurde das Verfahren eingestellt. Der Fall, der als versuchtes Tötungsdelikt in die Statistik einging, gilt als ungelöst.

In dieser Nische im Hochbunker in der Castroper Altstadt schlief der Obdachlose, als sein Nachtlager in Flammen aufging.
In dieser Nische im Hochbunker in der Castroper Altstadt schlief der obdachlose Mann, als sein Nachtlager in Flammen aufging. © Mauermann

Ein weiterer – „untypischer“, wie Nadine Könning, stellvertretende Direktionsleiterin Kriminalität bei der Kreispolizeidirektion Recklinghausen, sagt – Fall stammt ebenso aus dem April 2024. In einem Internet-Chatroom habe ein Castrop-Rauxeler eine Online-Bekanntschaft dazu aufgefordert, dessen Angehörige zu töten. Die Polizei konnte den Verdächtigen zwar ermitteln, er ist allerdings nicht schuldfähig. Auch dieser Fall geht in die Statistik der versuchten Tötungsdelikte ein, gilt aber als geklärt. Ein aufgeklärter Fall ist laut Polizei „jede Straftat, für die nach polizeilicher Bewertung im Ermittlungsergebnis ein mindestens namentlich bekannter Tatverdächtiger festgestellt worden ist“.

Massenschlägerei beschäftigt Polizei noch immer

Ein Messer, bis zur lebensgefährlichen Verletzung in den Bauch gestochen, und ein Auto, das laut Zeugen „bewusst und gewollt“ auf eine Menschengruppe zufuhr und eine Person erfasste: Diese beiden Fälle lassen sich schon leichter auf den ersten Blick als Tötungsdelikte einschätzen. Doch sie zeigen eine andere Feinheit der Polizeistatistik. Denn sie geschahen beide während der Massenschlägerei an der Wartburgstraße – und damit schon im Sommer 2023. Warum sie trotzdem erst 2024 und nicht schon im Vorjahr in der Statistik auftauchen, ist einfach erklärt. Der Kriminalbericht zeigt nicht die in einem Jahr begangenen, sondern die polizeilich ausermittelten Straftaten.

Am 13.6.23 kam es zu einem handfesten Zoff im Treppenhaus und im Hinterhof eines Hauses an der Wartburgstraße. Ein Streit zwischen Kindern zweier Familien eskalierte. Erwachsene Familienmitglieder prügeln aufeinander ein. Neun Personen werden leicht verletzt. Zwei Tage später sollte ein Versöhnungsgespräch zwischen den Familien, einer syrischen und einer türkisch-libanesischen, den Streit beenden. Doch es kam ganz anders: Auf der Wartburgstraße und zwei nahen Parkplätzen kommt es zur Massenschlägerei dutzender Beteiligter. Zur Aufarbeitung des komplexen Sachverhaltes bildete das Polizeipräsidium Recklinghausen noch am Abend eine 19-köpfige Mordkommission mit dem Namen „Wartburg“.

Während dieser Schlägerei am 15.6.23 passierten auch die beiden Taten, die im Polizeibericht 2024 als versuchte Tötungsdelikte auftauchten: Ein 23-jähriger Mann erlitt lebensgefährliche Stichverletzungen und musste anschließend notoperiert werden. Dieser Fall gilt bei der Polizei als geklärt und wird so auch in der Statistik gewertet. Im Frühjahr solle Anklage erhoben werden. Von der Staatsanwaltschaft heißt es jedoch, dass die Ermittlungen noch nicht beendet seien. Der Fall, bei dem ein Autofahrer auf Menschen zufuhr, gibt bei der Polizei derzeit als ungeklärt.