Pascal Fritz kommentiert Counter-Strike-Spiele am PC

Pascal Fritz kommentiert Counter-Strike-Spiele am PC

rnJunior-Caster aus Castrop-Rauxel

“Es ist eine Demütigung! Brasilien taumelt! Wahnsinn, Wahnsinn! Was geht denn hier ab?“ Es ist das 7:1 von Deutschland gegen Brasilien bei der WM 2014 - und an diese Worte von Béla Réthy im ZDF erinnert man sich bis heute. Was wäre Fußball im Fernsehen ohne Kommentar? Das gilt auch im eSport. Einer der Réthys in der Computerwelt ist Pascal Fritz aus Castrop-Rauxel. Ganz so weit oben ist er noch nicht. Aber er kommentiert bei 99damage Counter-Strike-Spiele. Und hat ein großes Ziel vor Augen.

Castrop-Rauxel

, 27.03.2018, 11:28 Uhr / Lesedauer: 4 min

Es läuft das Finale der Nebenrunde des Acer Predator Masters, ein Turnier im beliebten, aber auch umstrittenen Ballerspiel Counter Strike. Das polnische Team Kinguin spielt gegen die dänischen Vertreter Rogue.dk. Das Ziel des einen Teams, der „Counter-Terroristen“, also einer Polizei-Spezialeinheit, ist es, die Spieler des anderen Teams, die „Terroristen“, zu töten. Sind alle tot, endet ein Spiel. Runde um Runde geht es so weiter. Wer in diesem Endspiel der Nebenrunde die meisten Runden gewinnt, zieht ins Finale ein. Es geht hin und her, Schüsse von allen Seiten. Doch zwei haben den Überblick: die Kommentatoren, einer von ihnen Pascal Fritz aus Castrop-Rauxel, der unter dem Namen "45passi" auftritt. Er ist für Erklärungen und für Unterhaltung zuständig. Er ist wie ein Béla Réthy bei Counter Strike.

"Langsam aber sicher will man sich hier vortasten und smoked erstmal die Gegend, damit man keinen Einblick hat, wer auf der anderen Seite ist", sagt Pascal Fritz, noch ganz ruhig. Man sieht dabei einen Kämpfer aus der Ich-Perspektive, der eine Rauchbombe geworfen hat. Plötzlich erhebt Fritz seine Stimme, redet schneller. "Jawoll, ganz wichtige Frags von Victor, drei hintereinander!", sagt der Kommentator. Victor gehört zum dänischen Team. Wenige Sekunden später erledigt einer der Dänen den letzten lebendenden Spieler der Polen. Es steht 11:9 für Dänemark. Das Finale ist greifbar nah für die Skandinavier.

Spezielle Begriffe werden genannt

"Frags": noch so ein Begriff aus der (oftmals englischen) Sprache der eSportler. Fachsprache - wie Gegenpressing oder Doppel-Sechs im Fußball. Früher stand ein Frag für einen Gegner, der nach einem Abschuss in Fetzen zerflogen (fragmentiert) ist. Damals war allerdings die Grafik und Spielentwicklung noch nicht auf dem heutigen Niveau - es sah alles pixeliger aus. Mittlerweile steht ein Frag einfach nur für einen Abschuss eines Gegners.

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Pascal Fritz ist 22 Jahre alt. Seit vier Jahren kommentiert er Counter-Strike-Spiele. "Ich wollte immer etwas mit Counter Strike machen“, erzählt er. „Zum Profi hat es aber nicht gereicht", so Fritz. Wie im Fußball gibt es sie auch hier: die Spieler, die mit diesem Spiel ihren Lebensunterhalt verdienen. Deutlich weniger, aber es gibt sie doch zahlreicher, als man glaubt. Pascal Fritz zählt nicht dazu. Er konnte laut eigener Aussage mit den professionellen Spielern einfach nicht mithalten. "Letztlich hatte ich auch einfach nicht genügend Zeit, um zu trainieren", sagt "45passi". Denn wer viel erreichen will, für den ist das Spiel ein Vollzeit-Job.

Teil des Junior-Projekts von 99Damage

So kam er zum Kommentieren. Als Kommentator lässt sich im eSports auch gutes Geld verdienen. So weit ist Pascal Fritz aber noch nicht. "Ich bin Junior Caster bei 99Damage", erzählt er. Caster, so werden die Kommentatoren im eSport genannt. Im Falle von Fritz verbirgt sich dahinter das Junior-Projekt des Szene-Internetportals. Das 99Damage Junior-Projekt wurde im November 2014 ins Leben gerufen. Es soll „Nachwuchscastern die Chance geben, ihrem Hobby nachzugehen und an das professionelle Übertragen von CS:GO-Matches herangeführt zu werden", heißt auf der Homepage von 99Damage.

Anders als sogenannte Streamer, die sich vor die Kamera setzen, Computer- oder Videospiele spielen und dabei einige Zuschauer haben, ist Pascal Fritz (der ab und zu auch selbst streamt) als Kommentator selten vor der Kamera zu sehen. Dafür hört man seine Stimme immer wieder.

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"Jetzt greift man langsam wieder an, die ersten Schüsse fallen Richtung langer Tunnel", sagt er während des Matches der Polen gegen die Dänen. "Zwei gegen Eins, Victor als Last-Man-Standing. Man denkt sich, dass man eher kompakt zu zweit bleiben muss, und das macht man ganz sicher. Somit wurde die Runde von Kinguin astrein heruntergespielt", kommentiert er. Bei den schnellen Bewegungen und Aktionen der Spieler muss Fritz den Überblick behalten. Das ist augenscheinlich gar nicht so einfach. "Das klappt ganz gut, aber ich habe auch noch viel zu verbessern", sagt er selbst.

Das sehen auch andere so. Im 99Damage-Forum gibt es eine Diskussion über "45passi". Zuschauer hinterlassen darin ihre Meinung über ihn. "Wäre schön, wenn das Kommentieren über das Aufsagen der Geschehnisse hinausgeht und mehr analysiert wird. Ist insgesamt noch sehr oberflächlich", schreibt "Jeanboy". "Er spricht gut, klar und deutlich, nur ich finde die Wortwahl nicht immer ganz so passend", sagt "Dilo".

Die Meinungen der Zuschauer gehen auseinander

Aber es ist ähnlich wie bei Fußballkommentatoren: Der eine mag Marcel Reif, der nächste findet ihn unerträglich. Auch bei Counter-Strike-Kommentatoren gehen die Meinungen auseinander. "Richtig toller Caster! Macht Spaß ihm zuzuhören, hat Humor", schreibt "rushmeisterin" über Pascal Fritz. Und auch "Krimbo" findet lobende Worte: "Ein guter Caster, auch mit Highlights, bei denen er richtig im Spiel ist und Leute im Chat motiviert, die auf das im Moment verlierende Team gesetzt haben."

Das Feedback nimmt sich Pascal Fritz zu Herzen. Er selbst findet, er muss an seiner Stimmlage arbeiten. "Einige sagen, ich habe eine tiefe und angenehme Stimme. Aber zum Beispiel in Spielsituationen, wo nichts passiert, bleibt meine Stimme hoch, obwohl sie runter müsste. Das muss ich noch lernen", so der 22-Jährige.

Zeit, um an seiner Performance zu arbeiten, hat der Castrop-Rauxeler eher wenig. In seiner Ausbildung zum Altenpfleger arbeitet er im Schichtdienst. Er spielt zudem Fußball in der Kreisliga A beim VfB Habinghorst. "Früher habe ich jeden zweiten Tag mindestens drei Stunden kommentiert. Das ist derzeit einfach nicht möglich", sagt Pascal Fritz. Auch nicht, wenn er das Haus nicht einmal verlassen muss, um ein Spiel zu kommentieren. "Ich habe mir auf dem Dachboden eine Ecke eingerichtet, wo ich dann arbeiten kann", so der 22-Jährige. Nur bei größeren Turnieren, bei denen er dann auch nicht alleine kommentiert, fährt er in ein Studio.

So sieht es hinter der Kamera aus. Pascal Fritz (r.) als Kommentator beim "Acer Predator Masters 2017" im TakeTV-Studio in Krefeld.

So sieht es hinter der Kamera aus. Pascal Fritz (r.) als Kommentator beim "Acer Predator Masters 2017" im TakeTV-Studio in Krefeld. © Pascal Fritz/TakeTV

So wie beim Acer Predator Masters. Das Spiel Kinguin gegen Rogue.dk neigt sich dem Ende entgegen. "Ein bis drei Stunden kann so ein Spiel bei Counter Strike dauern", erklärt Pascal Fritz. Die Polen (Kinguin) gewinnen die letzte Runde und entscheiden das Duell doch noch für sich. "Somit zieht Team Kinguin ins Finale ein, gegen Gambit", sagt er ins Mikro. Die Partie ist vorbei; und damit auch der Job von "45passi".

Pascal Fritz möchte sich seinen Traum erfüllen

Wenn es nach dem 22-jährigen Castrop-Rauxeler geht, können noch viele Spiele mit ihm als Kommentator folgen. Er hat ein großes Ziel vor Augen: "Ich möchte das gerne hauptberuflich machen“, sagt er. „Ich weiß, dass das sehr lange dauern wird, aber das ist mein Ziel.“ Neun Caster beschäftigt 99Damage derzeit, darunter auch einige Vollzeit-Kommentatoren.

Pascal Fritz müsste dafür umziehen, denn das Studio von 99Damage befindet sich in Berlin. "Es wäre ein schwieriger Schritt, aus der Heimat wegzugehen, zumal ich mir auch im Privatleben im Ruhrpott etwas aufbauen möchte", sagt er. Aber er hält an seinem Ziel fest: "Ich möchte mir meinen Traum vom hauptberuflichen Counter-Strike-Kommentator erfüllen."

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