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Leslie Förtsch verkleidet sich wie Videospiel-Helden
Cosplayerin aus Castrop-Rauxel
Figuren aus Videospielen gelten oft als Helden. Die Spieler identifizieren sich mit ihnen. Die 20-jährige Leslie Förtsch, die als Spielerin unter dem Namen "Calisto" auftritt, geht noch einen Schritt weiter: Sie verkleidet sich wie Helden - und ist damit als Cosplayerin erfolgreich unterwegs.
Leslie Förtsch steht verkleidet auf der Gamescom in Köln. Das ist eine Messe, ein Event, ein Happening für vor allem junge Menschen – und es geht nur um diese virtuelle Spielewelt an Konsolen, Computern und auf Smartphones. „Manchmal kann ich einfach stehen bleiben, es kommt immer wer und möchte ein Foto mit mir machen“, sagt Leslie. Die Leute erkennen sie – allerdings nicht als Leslie Förtsch, sondern wegen ihrer Verkleidung. „Ach, das sieht ja cool aus“, hört sie dann.
Figuren aus Videospielen gelten oft als Helden. Die Spieler identifizieren sich mit ihnen. Die 20-jährige Leslie Förtsch, die als Spielerin im Netz unter dem Namen „Calisto“ auftritt, geht einen Schritt weiter als viele Gleichaltrige: Sie verkleidet sich wie die virtuellen Helden – und ist damit als sogenannte Cosplayerin (siehe Infokasten) erfolgreich. Zum Beispiel als Fotomotiv auf der Gamescom.
Zeitaufwendiges und kostspieliges Hobby
Andere Gamer freuen sich, ihren Charakter aus dem Spiel quasi im richtigen Leben zu treffen und wollen das festhalten. „Das ist für mich gar kein Problem, ich freue mich immer wieder darüber, schließlich ist es ja auch eine Bestätigung für mich“, sagt Leslie Förtsch.
Ihr Pseudonym Calisto hat eine spezielle Geschichte: Bei einem Planetariums-Besuch sei sie auf den Jupitermond „Kallisto“ gestoßen. Durch eine leichte Abwandlung wurde Calisto daraus.
Die 20-jährige gebürtige Castrop-Rauxelerin ist bei vielen Veranstaltungen unterwegs: Bei speziellen Cosplay-Treffen, aber auch bei dieser Videospielemesse in Köln, der größten ihrer Art auf der Welt. Interessanterweise auch auf der Frankfurter Buchmesse. Erst war es vor allem ein Hobby – allerdings ein zeitaufwendiges und kostspieliges. „Das Kostüm zu ‚Ciri‘ hat fast 500 Euro gekostet und knapp zwei Monate gedauert in der Herstellung“, erzählt sie. Denn die Kostüme näht sie selbst. „Mein Vater hilft mir bei handwerklichen Dingen, ansonsten habe ich viel Spaß daran, die Kostüme anzufertigen und freue mich letztlich natürlich über die positive Resonanz“, so die 20-Jährige.
Leslie Förtsch verkleidet sich nicht nur wie die Videospiel-Helden, sie spielt auch mit ihnen – vor der Kamera: Im August 2015 wurde sie von Freunden gefragt, ob sie sich vorstellen könne, zu streamen. Das heißt: sich selbst beim Computerspielen zu filmen. Dann können andere dabei zuschauen, wie man sich im Spiel schlägt, und zugleich über die Webcam die Spielerin selbst erleben.
„Wer soll mir denn dabei zuschauen?“, habe sie damals zunächst gedacht. Die Freunde blieben hartnäckig und sagten: „Probier's doch einfach mal.“ Und so probierte Leslie das Streamen unter dem Pseudonym „Farbenfuchs“. „Am Anfang habe ich nicht viel erwartet, doch ich bin dabei geblieben“, sagt sie. Das lohnte sich.
"Man lernt immer mehr dazu"
Waren es zu Beginn nur wenige Zuschauer, schauen Leslie Förtsch in ihrer Rolle als Farbenfuchs mittlerweile via Twitch, einem Live-Streaming-Videoportal, knapp 200 bis 250 Leute zu. Bei Facebook hat sie über 26.000 Follower. „Die ersten Monate war ich eher wie ein Küken. Ich wusste gar nicht, wie das alles funktioniert“, sagt die 20-Jährige. „Doch man lernt immer mehr dazu.“
Nun habe sie gemerkt, dass hinter dem Streamen ein System stecke. „Man kann vor allem Follower generieren, wenn man regelmäßig streamt“, erklärt sie. „Mit einer größeren Basis kommen dann auch immer mal wieder neue Leute dazu.“ Als Spiele bevorzugt sie „League of Legends“ und „The Witcher 3“. Dabei sei ihr die Interaktion mit den Zuschauern sehr wichtig – „denn die Zuschauer machen schließlich den Stream aus“.
Das Streamen ist für sie mittlerweile eine Art Nebenjob geworden. Eigentlich ist sie Studentin, hat nun aber auch ein Kleingewerbe für ihre virtuelle Welt angemeldet. Denn die Leute, die ihr beim Spielen zusehen, zahlen Geld dafür, dass Leslie Förtsch ihnen Unterhaltung bietet. Abonnements haben sie abgeschlossen oder sie spenden ihr Geld in Form von „Donations“. „Ich hätte niemals gedacht, dass das solche Ausmaße annimmt. Sein Hobby dadurch zu refinanzieren, ist doch schon irgendwie cool“, sagt die Studentin.
"Die Interaktion mit den Zuschauern ist mir sehr wichtig"
Dreimal die Woche mindestens vier Stunden wendet sie dafür auf. Manchmal geht der Stream auch über sechs bis acht Stunden. Ein Hobby, um das andere Hobby finanzieren zu können – und so schließt sich der Kreis: Das Cosplay kann sie sich leisten, weil sie streamt.

Leslie Förtsch als Project Yi von "League of Legends". Project Yi ist ein Schwertkämpfer der uralten Kunst Wuju. © cuerography
Alles gut also in ihrer Welt? Nein: Leslie Förtsch hat auch negative Erfahrungen gemacht. „Es gibt immer mal Menschen, die das nicht so ganz verstehen. Aber wenn man dann mit denen spricht und erklärt, warum man das macht, gibt es viel Verständnis“, sagt sie. Auch ihre Familie habe das Thema anfangs belächelt. Nun bekomme sie viel Unterstützung.
Zuletzt war sie bei der nächsten Veranstaltung als Cosplayerin unterwegs: Die Leipziger Buchmesse. Dort war sie zu sehen als „Phoenix“ von „X-Men“ und als „Tao Ahri“ und „Star Guardian Soraka“ aus „League of Legends“.
Von Freunden "rasender Reporter" genannt. Immer auf der Suche nach neuen Themen - Sport und Lokal. Im "Juwel im Revier" (Castrop-Rauxel) zuhause.
