Jennifer Olschowski verdient Geld mit Computerspielen

Jennifer Olschowski verdient Geld mit Computerspielen

rnStreamerin aus Castrop-Rauxel

Eine Frau sitzt an ihrem PC und spielt ein Videospiel. 60 Leute schauen ihr dabei zu, aber nicht im gleichen Raum, sondern im Internet. Gefällt ihnen die Unterhaltung, spenden sie etwas Geld. Jennifer Olschowski ist Streamerin und hat das Zocken zu ihrem Nebenjob gemacht.

Castrop-Rauxel

, 14.03.2018, 17:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Jennifer Olschowski sitzt an ihrem Schreibtisch in der Dachgeschosswohnung. Zwei Bildschirme stehen dort, Tastatur und Maus, aber auch eine Kamera, ein Ringlicht und ein Mikrofon. Die 26-Jährige hat Kopfhörer auf und spricht: "So Freunde. Ich hoffe, ihr habt gut geschlafen!" Wer daneben steht und keine Ahnung hat, was sie macht, könnte denken, dass Jennifer Olschowski mit sich selbst redet.

Aber nein, es schauen ihr gerade knapp 60 Leute zu. Sie sehen die Castrop-Rauxelerin, wie sie vor den Bildschirmen auf ihrem Schreibtischstuhl sitzt. Im Internet, bei Twitch, einer Live-Streaming-Plattform. Es wird ein bisschen gequatscht - also Jennifer Olschowski redet, die Zuschauer schreiben via Chatfenster. Musik läuft im Hintergrund. "Hallo, MrErdnussbier", sagt sie. Und fügt an: "Mir geht es gut, danke." Es ist die Antwort auf die Frage "Wie geht's, Flocke?" des Users "CriticalMinion". 

Aus "Mistflocke" wurde "Flocke"

Flocke? Das ist der Name von Jennie, wie sie von Freunden genannt wird, im Internet. "Meine Mutter hat mich früher einmal 'Mistflocke' genannt, so hieß ich auch zunächst im Internet. Später wurde dann Flocke daraus", so Jennifer Olschowski. 

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Im Monat verdient sie damit etwa so viel wie mit einem Minijob. "Ein schöner Nebenverdienst", wie die examinierte Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin sagt. Im Internet vor der Kamera sitzen, ein bisschen quatschen und damit Geld verdienen? Unfassbar, oder? "Nein, mittlerweile völlig normal", so Jennifer Olschowski. "Die Kommunikation mit den Zuschauern ist sehr wichtig."

Natürlich gehört vorrangig auch eine andere Sache dazu: das Zocken. Die 26-Jährige spielt ein Spiel, die User sehen vor allem den Spielbildschirm und "Flocke" in einem kleinen Fenster in der Bildschirmecke. Zuschauen ist kostenlos, aber Spenden sind möglich, sogenannte "Donations". Und das tun die Nutzer. Als Unterstützung dafür, dass Jennifer Olschowski ihnen eine gute Unterhaltung bietet. So verdient sich die Castrop-Rauxelerin etwas dazu. Sie musste dafür allerdings auch ein Kleingewerbe anmelden. Es gibt sogar Abonnenten ("Subscriber"), die monatlich einen Betrag bezahlen.

Nach knapp 45 Minuten des Streamens beginnt eine Diskussionen unter den Usern. Das Thema: "Twitch oder Youtube? Welche Vor- und Nachteile hat welche Plattform?". Jennifer Olschowski agiert quasi als Moderator, sagt aber auch klar ihre Meinung. "Ich finde Youtube zum Streamen nicht so toll," so "Flocke", "es ist zwar cool, dass bei Youtube die Videos direkt hochgeladen werden, das ist bei Twitch ja auch, aber irgendwie ist Twitch für mich immer noch die klassische Streaming-Plattform."

Die Vorteile des Abonnierens

Doch für was zahlen diese Leute, wenn das Zuschauen kostenlos ist? "Vorrangig unterstützen sie natürlich einfach ihren Lieblingsstreamer. Zudem bekommen sie keine Werbung angezeigt und erhalten Emoticons des Streamers", so Jennifer Olschowski. Jeder Streamer kann eigene Emoticons erstellen, also diese kleinen Smileys und Grafiken, die man heute so gern mit dem Smartphone nutzt. "Sie können die Emoticons auch in den Chat von anderen Streamern posten und zeigen damit ihre Unterstützung des jeweiligen Streamers nach außen", sagt sie.

Dahinter steckt ein System und hinter diesem System steckt jede Menge Geld - zumindest im Profibereich. "Ich mache das, was ich schon immer gemacht habe, nämlich zocken. Ich streame aber nicht, um Geld zu verdienen, sondern mache das, weil es mir Spaß macht", sagt Jennifer Olschowski und verweist auf ihren hauptberuflichen Job im Krankenhaus. 

Ein High-End-Gaming-PC für über 2000 Euro

Dennoch ist sie stolz darauf, sich mit einem Hobby Sachen finanzieren zu können. Denn das Geld, das sie einnimmt, wird auch wieder ausgegeben. Zum Großteil für Ausstattung: Zuletzt kaufte sie sich einen neuen Computer, einen High-End-Gaming-PC für über 2000 Euro, um die neuesten Spiele spielen und mehrere andere Arbeiten gleichzeitig am PC erledigen zu können. Fast alles, was man auf ihrem Schreibtisch und rundherum sieht, hat sie sich mit Geld aus diesem Nebenjob gekauft. Eine Kamera, das Ringlicht, ein Streamdeck, Mikrofon, Maus, Headset, Tastatur, Controller, ein Gaming-Stuhl - wenn man das zusammenrechnet, kommt man auf eine Summe von fast 1000 Euro.

Notwendig sei das nicht, sagt Jennifer Olschowski. Als sie mit dem Streamen im September 2014 anfing, hatte sie lediglich einen ganz einfachen Computer, eine günstige Kamera, das Mikrofon vom Headset und nur einen Bildschirm. "Ich konnte während des Spielens den Chat gar nicht lesen, sondern musste immer raustabben", so die 26-Jährige.

Die Twitch-Youtube-Diskussion ist mittlerweile beendet. "Flocke" und ihre Zuschauer sprechen über alltägliche Themen. "TerrorT0ast" fragt: "Was steht bei euch so am Wochenende an?" Und "Darkshadoww804" antwortet im Chat: "Wuhu, ich habe frei und Flocke streamt morgen." Stimmt, doch am Wochenende muss Jennifer Olschowski arbeiten - zweimal Spätdienst im Krankenhaus.

Zocken, quatschen oder basteln

Das klingt nach einem enormen Zeitaufwand. "Man sollte es nicht unterschätzen, streamen ist nicht ganz ohne", sagt die Castrop-Rauxelerin. Mindestens dreimal pro Woche streamt sie, meist etwa vier bis fünf Stunden. Dazu kommen pro Stream jeweils eine halbe Stunde Vor- und Nachbereitungszeit.

Was sie letztlich vor der Kamera macht, entscheidet sie selbst. Gespielt werden Spiele wie Minecraft, Subnautica, Counter-Strike oder Fortnite. Dazu kommen Streams, in denen nicht gespielt wird. "Oft wird einfach gequatscht oder ich bastel Sachen vor der Kamera", sagt sie.

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Aber es geht auch um ernste Themen. "Es kommt vor, dass Leute im Chat schreiben 'Ich finde keine Ausbildungsstelle'". Und plötzlich bekommen sie ganz viel Hilfe. Das finde ich klasse, dass die User dann so hilfsbereit sind", erklärt "Flocke".

Das Publikum bei den Streams ist sehr gemischt. "Hauptsächlich sind es Leute im Alter von 14 bis 36 Jahren", so die 26-Jährige. Je nach Spiel und Thema variiere der Altersdurchschnitt aber. Beispielsweise beim Spiel Minecraft seien viele jüngere Zuschauer dabei. Ein- bis zweimal im Monat veranstaltet sie auch einen Community-Abend. Das heißt: Die eigentlichen Zuschauer dürfen mitspielen. 

Nach etwas mehr als zwei Stunden neigt sich der Stream von "Flocke" dem Ende entgegen. "Ich danke euch für den coolen Stream heute, es waren viele neue Leute dabei und wir sehen uns morgen früh", sagt sie. Dann steht der nächste Stream an. Zunächst muss Jennifer Olschowski aber zu ihrem hauptberuflichen Job ins Krankenhaus. "Darkshadoww804" schreibt: "Viel Spaß und eine angenehme Schicht wünsche ich dir!"

Die Geschichte von der Streamerin Jennifer Olschowski ist Teil einer Serie zum Thema "eSports" in Castrop-Rauxel. Zwei Teile folgen noch: die Cosplayerin Leslie Förtsch ("Calisto") und der Counter-Strike-Kommentator Pascal Fritz ("45passi").