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NS-Verbindungen: Der Name Gustav Knepper soll künftig tabu sein
Geschichte
Gustav Knepper, Namensgeber des früheren Kraftwerks auf Dortmunder und Castrop-Rauxeler Stadtgebiet, war eng mit der NS-Diktatur verwoben. Nun soll sein Name aus der Öffentlichkeit verschwinden.
Mit der Sprengung des stillgelegten Steinkohlekraftwerks „Gustav Knepper“ zwischen Dortmund und Castrop-Rauxel endete ein Stück Industriegeschichte. Geht es nach Dortmunder Politikern, sollte damit auch die Geschichte des Namens Gustav Knepper hier endgültig enden.
Denn Gustav Knepper war, wie aus verlässlichen Quellen bekannt ist, im sogenannten Dritten Reich ein geachteter und von den Nazis mit dem Kriegsverdienstkreuz mit Schwertern ausgezeichneter Unterstützer des Unrechtsregimes, wohl auch schon früh ein Unterstützer der NSDAP.
Forschungen werfen anderes Licht auf Bergwerksdirektor
Das Gelsenzentrum, ein gemeinnütziger Verein für regionale Kultur- und Zeitgeschichte in Gelsenkirchen, zeichnet das Leben und Wirken Kneppers in einem deutlich anderen Licht als nur in dem eines äußerst erfolgreichen Bergwerks-Direktors.
„In der Autark- und Rüstungspolitik (der NSDAP, Anmerkung der Redaktion) sahen viele Industrielle frühzeitig beste Entfaltungs- und Profitmöglichkeiten. Auch der Vorstandsvorsitzende der Gelsenkirchener Bergwerks AG und spätere Wehrwirtschaftsführer Gustav Knepper zählte bereits vor 1933 zu den Anhängern der Nationalsozialisten“, so führt es das Gelsenblog aus, ein Projekt von Gelsennet, in dem der deutsche Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 und seine Nachwirkungen bis in unsere Gegenwart in der Region aufbereitet werden.
Nach der Gründung der Vereinigten Stahlwerke AG (VST) 1926 war Gustav Knepper, Jahrgang 1870, demnach zunächst Leiter des Bergbaubereichs mit 41 Förderanlagen und rund 80.000 Beschäftigten. Ab dem 1. Januar 1934, nach Dezentralisierung der Vereinigten Stahlwerke AG, war Knepper bis zu seinem Ruhestand 1942 Vorstandsvorsitzender der Gelsenkirchener Bergwerks-AG (BGAG).

Dieser Artikel erschien 1944 in der Deutschen Allgemeinen Zeitung. © Deutsche Allgemeine Zeitung
Bis zu seiner Pensionierung sollen bei der BGAG laut Gelsennet-Forschungen zahlreiche Zwangsarbeiter beschäftigt worden sein. Und so wurde Knepper von Adolf Hitler auf Vorschlag des Reichsministers für Rüstung und Kriegsproduktion, Albert Speer, noch 1944 mit dem Kriegsverdienstkreuz ausgezeichnet. Er habe seine ganze Kraft dem Kriegseinsatz des deutschen Bergbaus gewidmet, schrieb damals die Deutsche Allgemeine Zeitung.
Großer Einfluss blieb bis zum Kriegsende bestehen
Und Knepper, so steht es in einem Artikel über ihn auf der Webseite „Deutsche Biographie“ der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, behielt auch bis Kriegsende noch Einfluss als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender bei der GBAG und der VST.
Wie Walter Bachmeister in seinem 1950 erschienenen Buch „Gustav Knepper. Das Lebensbild eines großen Bergmanns“ laut Auszug auf dem Historischen Portal Essen schrieb, wurde Knepper dafür nach dem Krieg kurzzeitig zur Rechenschaft gezogen: „Nach dem Zweiten Weltkrieg internierten die Briten den 75-jährigen Dr. Gustav Knepper am 5. September 1945. Zunächst brachten sie ihn nach Recklinghausen, dann nach Staumühle bei Paderborn und am 7. Dezember 1945 lieferten sie ihn in das Zuchthaus Nenndorf bei Hannover ein. Anfang August 1946 wurde er entlassen (...).“
Ulrich Sander, Sprecher der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes/ Bund der AntifaschistInnen (VVN/BdA), wies gegenüber einem Dortmunder Journalisten anlässlich der Sprengung des Kraftwerks-Kühlturms im Jahr 2019 ebenfalls auf die Verbindung Kneppers zum Nationalsozialismus hin.
Knepper, so Sander damals, sei ein enger Mitarbeiter von Albert Vögler gewesen. „Schon lange vor 1933 hatte Albert Vögler engste Verbindung zur Nazipartei hergestellt und sein Verbindungsmann zur Nazipartei war kein anderer als der Hitler’sche Reichsbankpräsident und Reichswirtschaftsminister Walther Funk“ erinnerte Sander.
Bereits vor 1933 sei der Chef des Gelsenkirchener Bergwerkvereins fester Anhänger des Nationalsozialismus gewesen. „Im Oktober 1931 nahm Knepper an dem Treffen der Harzburger Front teil, bei der sich deutsche Rechtskräfte mit Hitler verbündeten“, so Sander weiter. Und
BP hat Namen Knepper schon beseitigt
Auf Vorstoß vom Gelsenzentrum entschied sich das Unternehmen BP in Gelsenkirchen unter anderem dazu, eine nach Knepper benannte Straße umzubenennen. Wie das Online-Portal „Der Westen“ 2012 berichtete, nahm das Unternehmen die Recherchen des Vereins zum Anlass, Straßen auf dem Gelände in Gelsenkirchen-Horst umzubenennen. Das BP-Gelände war früher Terrain der Gelsenberg Benzin AG und beherbergte im Zweiten Weltkrieg ein Außenlager des KZ Buchenwald und Zwangsarbeiterlager.

Detlef Adam, Ratsvertreter der SPD (l.), und Richard Utech, Bezirksvertreter der SPD, haben sich mit der Geschichte Gustav Kneppers befasst und möchten, dass sein Name künftig tabu ist auf dem Gelände an der Oestricher Straße. © SPD
Im Stadtbezirk Mengede wurden zu Ehren Kneppers die Schächte 4/5 der Zeche Adolf von Hansemann in Gustav 1/2 umbenannt. Und das ab 1951 in mehreren Ausbauschritten in unmittelbarer Nähe errichtete Kraftwerk auf der Stadtgrenze zu Castrop-Rauxel trug ebenfalls seinen Namen.
Geht es nach der Mengeder SPD, soll Gustav Knepper nun aber aus dem Stadtbild endgültig entfernt werden. Ratsherr Detlef Adam und Bezirksvertreter
Richard Utech von der SPD sind der Knepper-Geschichte nachgegangen und weisen nun auch darauf hin, dass NS-Reichswirtschaftsminister Walter Funk, der zu den 24 Angeklagten im Nürnberger Hauptkriegsverbrecher-Prozess gehörte, dort laut Protokoll gesagt haben soll, „dass Knepper schon vor 1933 Anhänger des Nationalsozialismus war“.
Vorgeschichte spielte früher keine große Rolle
Wie die SPD-Fraktion in der Mengeder Bezirksvertretung ausführt, habe die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit bei Namensgebungen von Betriebsstandorten und Straßen bis in die 1980er-Jahre hinein keine besondere Rolle gespielt. „Offensichtlich fehlte das Interesse, bei einem Namensvorschlag den gesamten Lebenslauf zu berücksichtigen“, so die SPD in einem Antrag an die Bezirksvertretung.
In diesem Antrag fordert die SPD unter Verweis auf Gustav Kneppers Nähe zur NS-Diktatur die Verwaltung der Stadt Dortmund auf, in Abstimmung mit der Verwaltung der Stadt Castrop-Rauxel, in der weiteren Planung des Bauvorhabens auf den Namen „Gustav Knepper“ zu verzichten.

Das ehemalige Kraftwerks-Gelände wird derzeit aufbereitet und soll zu einem Logistik-Standort entwickelt werden. © Kevin Kisker (A)
Bei der zukünftigen Nutzung des Geländes, das derzeit für einen künftigen Logistik-Standort aufbereitet wird, dürfe der Name Knepper keine Verwendung finden. „Es darf nicht sein, dass man die Opfer vergisst und stattdessen den Tätern ein ehrendes Gedenken bewahrt,“ so Ratsherr Detlef Adam. Deshalb soll nach Aufbereitung des ehemaligen Kraftwerks-Standorts nach Wunsch der SPD „in angemessener Weise, etwa durch eine Infotafel oder einer Stolperschwelle an das Leid der dort ausgebeuteten Menschen erinnert werden“.
Zur nächsten Sitzung der Bezirksvertretung Mengede am 2. Februar wird die SPD-Fraktion dort einen entsprechenden Antrag einreichen.
1961 geboren. Dortmunder. Jetzt in Castrop-Rauxel. Vater von drei Söhnen. Opa. Blogger. Interessiert sich für viele Themen. Mag Zeitung. Mag Online. Aber keine dicken Bohnen.
