
© Rütgers Germany
Neue Flamme über Rauxel: Rütgers‘ neue Anlage ist in Betrieb
Chemieindustrie
Die Zig-Millionen-Betriebsanlage für die Gewinnung wasserklarer Harze bei Rütgers ist fertig. Ihren Betrieb signalisiert seit zwei Tagen ein unübersehbares Zeichen über dem Rauxeler Chemiewerk.
Diese neue Flamme über Rauxel ist vielleicht auch eine Signalkerz in der Corona-Zeit, in der seit Ende März alles heruntergefahren wurde, damit sich das Virus nicht ausbreitet: Das Chemiewerk Rütgers Germany, Teil des globalen Konzerns Rain Carbon Inc., hat in diesen Tagen eine Anlage in Betrieb genommen, die ein Meilenstein für das Unternehmen ist - vor allem im Hinblick auf eine Garantie des Rauxeler Traditions-Standortes.
Wie Geschäftsführer Günther Weymans im Gespräch mit unserer Redaktion erklärte, hat der Probebetrieb der HHCR-Anlage Ende April begonnen. Vorübergehend werde die Bevölkerung in Castrop-Rauxel in den nächsten Tagen und vor allem nachts, wenn es dunkel ist, eine 50 Meter hohe Fackel auf dem Werksgelände leuchten sehen.

Das sind die ersten Bilder der Anlage im Probebetrieb. © Rütgers Germany
Darin verbrennt die neue Anlage schadstofffrei, so Weymans, Wasserstoff und Erdgas. Das ist für den Betrieb unverzichtbar und dient unter anderem als Ablass-Ventil bei zu hohen Druck in der Anlage selbst. „Es gab schon erste Anfragen, was nachts bei uns leuchtet“, sagte Weymans am späten Abend des Mai-Feiertages.
In der Anlage, die rund 60 Millionen Euro kostete, werden aus Teer wasserklare Harze gewonnen. Trotz des Coronavirus, das die Fertigstellung in Gefahr brachte, habe man den Bau vor einer Woche fertigstellen können. Dadurch ist es nun nicht mehr notwendig, die Kolonne der externen Bauarbeiter von bis zu 270 Mann auf dem Werksgelände zu kontrollieren.
Jetzt ist unter der Leitung seines Geschäftsführer-Kollegen Bram D‘hont ein Start-up-Team von rund 50 Leuten dabei, die technisch komplexe Anlage in Betrieb zu nehmen. Es handelt sich dabei um eine weltweit bisher praktisch einmalige Anlage. „Wir haben vorher jede Rohrleitung, Elektrik und Isolierung genauestens überprüft“, unterstrich Weymans.

Die HHCR-Anlage wird zurzeit mit Rohstoffen befüllt. Ab Montag soll die Produktion wasserklarer Harze anlaufen. © Rütgers Germany
Derzeit fülle man die Tanks mit Rohstoffen auf und bereite die Reaktoren für den Start vor. Am Montag (4.5.) soll die Produktion beginnen. „Erste Kundenaufträge haben wir bereits erhalten“, so Weymans. Die wasserklaren Harze, die aus Industrieabfällen gewonnen werden, werden aufgrund ihrer Reinheit in verschiedenen Industrien zur Herstellung von Verpackungen für Lebensmittel und sogar Babywindeln, vor allem aber in Klebstoffen eingesetzt. Man will hier künftig 10 bis 15 Prozent der Weltmarktproduktion herstellen.
Das Coronavirus ist derweil noch nicht im Werk angekommen. Das Isolierzimmer außerhalb des Werkstores, das im März bereit gemacht wurde, war bis dato noch nicht belegt. Man habe in der gesamten Rain-Gruppe mit 1800 Mitarbeitern massive Schutzmaßnahmen ergriffen, so Weymans, und doch den ersten Corona-Fall im Werk Candiac bei Montreal (Kanada). In Deutschland haben die Schutzmaßnahmen bisher gewirkt.
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
