Wer wie Vivawest an insgesamt 300.000 Menschen in ganz NRW vermietet, der muss damit rechnen, dass sich manche Nachbarn einfach nicht riechen können. Mit so einem Fall ist das Unternehmen auch im Castrop-Rauxeler Stadtteil Ickern konfrontiert. Das Verhältnis zwischen Familie Akkuzu und den Nachbarn links und rechts von ihnen ist seit Jahren angespannt. Jetzt hat Vivawest der Familie mit zwei Kindern fristlos gekündigt.
Jahrelange Auseinandersetzung
Im August 2012 ist die Familie Akkuzu in ihr Haus am Sonnenschein eingezogen. Erst sei das Verhältnis zu den Nachbarn normal gewesen, erzählt Yasin Akkuzu. „Aber nach ein, zwei Jahren ging der Stress los.“ Ihre Nachbarn hätten angefangen, sich über die Lautstärke der Akkuzus zu beklagen. „Wir haben kleine Kinder. Natürlich kann es da manchmal ein bisschen lauter werden“, sagt Yasins Frau Özlem. Die Kinder der Familie sind vier und zehn Jahre alt.
Um sie loszuwerden, hätten sich beide Nachbarparteien, sowohl aus Haus links als auch in dem rechts von ihrem, zusammengetan. „Ich bin sicherlich kein Unschuldsengel“, sagt Yasmin Akkuzu, „aber ich werde gegen diese Kündigung vorgehen.“ Die Nachbarn der Familie zeichnen ein anderes Bild. Auch mit ihnen haben wir gesprochen.
Die Nachbarn, die namentlich nicht genannt werden möchten, sprechen von absichtlichen Störungen durch die Akkuzus: „Die hauen doch absichtlich mit dem Besen oder sonst was gegen die Wände.“ Vor eineinhalb Jahren habe er auf Anraten der Eigentümergesellschaft Vivawest angefangen, die angeblichen Ruhestörungen durch die Familie zu protokollieren, erzählt einer von ihnen.

Darin finden sich Einträge wie „14.05 bis 17.47 Uhr: Geschreie, Gezeter (im Minutentakt)“, „4.00 Uhr: Gegenstände werden auf den Boden geworfen“ oder „16.04 bis 23.30 Uhr: Ehestreit, Tobsuchtsanfall von Frau Akkuzu, danach Geschrei (...) und Schläge vor die Wand.“ Der Lärmpegel sei teilweise „wahnsinnig“, so die Nachbarn: „Wir lassen hier mittlerweile Fernsehen oder Radio laut laufen – nur, um die Akkuzus nicht hören zu müssen.“ Die Störprotokolle der Nachbarn aus den vergangenen Wochen hat Vivawest mit dem Kündigungsschreiben auch an die Akkuzus geschickt.
Schlichtungsversuche scheitern
Während Vivawest auf Anfrage schreibt, dass die Akkuzus „die durch Lärm- und Störprotokolle der Nachbarn belegten Vorwürfe nicht entkräften“ konnten, hält die Familie selbst die Aufzeichnungen in den Protokollen größtenteils für ausgedacht. „Teilweise waren wir zu den Uhrzeiten gar nicht zu Hause, zu denen wir angeblich Lärm gemacht haben“, sagt Özlem Akkuzu.
Mehrfach hatte Vivawest versucht, die streitenden Mieter an einen Tisch zu bekommen. Die Gesprächsversuche zwischen den Mietparteien „mussten entweder abgebrochen werden oder sind nicht zustande gekommen, da Familie A. nicht erschienen ist“, heißt es von dem Unternehmen auf Anfrage.
Das bestreitet Yasin Akkuzu auch nicht. „Ich habe da keinen Sinn drin gesehen“, sagt der Castrop-Rauxeler. Auch den Versuch von Vivawest, einen Schiedsmann einzusetzen, um die Situation am Sonnenschein zu entschärfen, schlugen die Akkuzus aus – ihre Nachbarn allerdings ebenso.

Keine Reaktion auf Schreiben
Beeindrucken ließen sich die Akkuzus allerdings auch von zwei Abmahnungen nicht, die von Vivawest im Januar und Februar dieses Jahres verschickt wurden. „Eine Reaktion seitens Familie A. darauf blieb abermals aus, sodass die Kündigung am 25. April erteilt wurde“, heißt es von Vivawest auf Anfrage. Yasin Akkuzu sagt: „Uns wurde schon so oft mit Rausschmiss gedroht. Deshalb haben wir das gar nicht ernst genommen.“
Die fristlose Kündigung bedeutet jedoch nicht, dass die Familie sofort ihre Sachen packen und ausziehen muss. „Wenn der Kündigung widersprochen wird, erfolgt das fristgerechte Ende des Mietvertrags zum 31. Januar 2024“, erklärt ein Vivawest-Sprecher. Die Akkuzus haben sich bereits an einen Dortmunder Mieterschutzverein gewandt, mit dessen Hilfe sie gegen die Kündigung vorgehen wollen.
Auch gewaltsam wurde es schon
„Wir wollen einfach nur, dass die wegziehen“, sagt einer der Nachbarn. „Meine Frau und ich wohnen hier seit 40 Jahren, haben sonst mit niemandem Probleme.“ Mit den Akkuzus aber schon, auch die Polizei sei schon mehrfach vor Ort gewesen. Die Nachbarin, die zur anderen Seite der Akkuzus wohnt, stand Yasin Akkuzu sogar schon vor Gericht gegenüber. „Er war mich damals gewaltsam angegangen, hat mich geschubst“, berichtet die Frau.
Yasin Akkuzu gesteht das offen ein. Er habe seiner Nachbarin damals 350 Euro Schmerzensgeld zahlen müssen. Diese sei aber auch nicht ohne, meint der Familienvater. „Sie hat meine Kinder als Pack beleidigt, uns gesagt, wir sollten dahin zurückgehen, wo wir herkamen.“ Diese rassistischen Ausfälle weist die Nachbarin von sich.
Zu den Vorwürfen der Familie Akkuzu gegenüber ihren Nachbarn lägen Vivawest keine Informationen vor, erklärt der Sprecher der Immobiliengesellschaft. Die Familie habe ihre Sicht gegenüber dem Vermieter also überhaupt nicht dargestellt. „Vivawest hat sich eh auf die Seite der anderen gestellt“, so die Akkuzus. „Deshalb hatte das überhaupt keinen Sinn.“
Bis eine der Streitparteien weicht, wird das Verhältnis zwischen den Mietern am Sonnenschein angespannt bleiben. „Wir grüßen uns nicht mal. Jeder geht seinen Weg“, so Yasin Akkuzu.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 2. Mai 2023.

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