
© Lorenz/Hildebrandt
Menükarussell in der Trattoria Puglia: Vier Gänge und ein Geschlechterkampf
Gastronomie
Nunzio Marcucci bringt Bella Italia nach Castrop-Rauxel. Beim Menükarussell kann er beweisen, ob seine Trattoria Puglia zurecht zum „Italiener des Jahres“ gewählt wurde. Am Tisch gibt es ein Streitthema.
Vier Gänge, dazu Mineralwasser, Wein oder Bier, das alles zu einem guten Gesamtpreis – das ist die Gelegenheit, über den eigenen Tellerrand zu schauen. Zu den Restaurants, die in Dortmund und Umgebung beim Menükarussell mitmachen, gehört auch die Trattoria Puglia in Castrop-Rauxel. Vorweg unser Eindruck: Der Weg dorthin lohnt sich. Ein paar Diskussionen aber würzen den Abend zusätzlich.
Seit zwei Jahren ist Nunzio Marcucci an der Oberen Münsterstraße. Im vergangenen Jahr wählte ihn eine Jury zum „Italiener des Jahres“. Das sehen offenbar viele Gäste so. Das Restaurant ist an unserem Testabend ausgebucht, ein Paar, das spontan vorbeischaut, muss auf später vertröstet werden.
Für uns ist der Tisch bereits für das Menükarussell eingedeckt. Die üblichen rot-weiß-karierten Tischdecken verweisen auf den Charakter einer typischen italienischen Trattoria. Stoffservietten dagegen verraten, dass hier auch ein gewisser Anspruch gilt. In der Menükarte finden wir Informationen zu den begleitenden Weinen und dem Essen. Anders als andere Restaurants, die beim Menükarussell mitmachen, wird nicht explizit eine vegetarische Variante angeboten.
Die Vorspeise: Schokolade und Ziegenkäse passen gut zusammen
Bei einem Prosecco studieren wir die Karte und freuen uns über einen Gruß aus der Küche. Dip, Oliven und Tomatenwürfel hätten, da wir zu fünft sind, allerdings etwas üppiger ausfallen können. Doch kaum gedacht, wird schon der erste Gang serviert.

Ein kleiner Gruß aus der Küche eröffnet das Menükarussell. © Ronny von Wangenheim
Ich war sehr neugierig. Zum Carpaccio di Bresaola waren Schokolade, Ziegenkäse und Olivenöl angekündigt. Kann das überhaupt zusammenpassen? Wir bejahen die Frage fast einmütig. Schokolade und Käse sind fein geraspelt und über die dünnen Bresaola-Scheiben gestreut. Der würzige luftgetrocknete Rinderschinken bekommt so zwei originelle Mitspieler im Gaumen. Das werden wir auf jeden Fall nachmachen.

Die Vorspeise: Carpaccio di Bresaola, serviert mit Schokolade, Ziegenkäse und Olivenöl. © Ronny von Wangenheim
Das Olivenöl verbindet alles. Einige hätten gerne etwas mehr davon. Kein Problem: Der stets aufmerksame Kellner bringt die Flasche prompt. Als Wein gibt es dazu einen Sale I.G.O. Salento, eine Cuvée aus den Rebsorten Fiano Minutolo und Malvasia bianca. Mit seinem fruchtigen Bouquet kann er gut mit der Vorspeise mithalten.
Der Zwischengang: Kalb und Thunfisch einmal anders
Im Zwischengang bietet Nunzio Marcucci eine Variante des allseits beliebten Vitello Tonnato. Hier kommt allerdings nicht das Kalbfleisch auf den Teller. Es dient vielmehr als Grundlage für eine kräftige Essenz. Der Thunfisch wird roh als Sashimi auf dem Teller serviert, eine Safran-Mayonnaise krönt ihn. Erst am Tisch wird die heiße Essenz um den Fisch herumgegossen, der so leicht angaren kann.

Der Zwischengang: Tonno Vitellato. In der Kalbsessenz verbirgt sich Thunfisch-Sashimi, Safran-Mayonnaise liegt oben drauf. © Ronny von Wangenheim
Eine tolle Idee, finden wir unisono. Es schmeckt sehr gut. Dass der Thunfisch eine etwas weniger kräftige Brühe vertragen hätte, wird kurz diskutiert. Aber dann wäre ja die Essenz nicht mehr so lecker gewesen...
Dazu wird ein Custoza serviert, eine Cuvée, die aus Venetien stammt. Für die beiden Autofahrer am Tisch hält der Kellner eine Überraschung bereit. Er kredenzt ihnen einen alkoholfreien Riesling. Später werden sie einen ebenfalls alkoholfreien roten Dornfelder trinken. Eine grandiose Idee finden wir alle, die wir schon mal einen langen Abend nur bei Mineralwasser verbracht haben.
Zum Hauptgang hat der Gast die Wahl zwischen Kalb und Hirsch
Beim Hauptgang haben wir die Wahl. Eine aus unserer Familie entscheidet sich für die Involtini di Vitello alla Bolognese con Crudo e Parmigiano. Die feinen Kalbsrouladen sind mit Parmaschinken umwickelt, sind zart und gut schmeckend, das gilt auch für die frittierten Kartoffelwürfel und die kräftige Sauce. Lediglich das als Mangold identifizierte Gemüse wird als zu bitter empfunden und beiseite geschoben. Anderen schmeckt er aber beim Probieren. Essen ist halt Geschmackssache.

Hauptgang 1: Involtini di Vitello alla Bolognese, also Kalbsroulade mit Parmaschinken und frittierten Kartoffelwürfeln. © Ronny von Wangenheim
Der Rest von uns setzt auf Entrecôte di Cervo, also Hirschmedaillons, die mit Polenta und einer ebenfalls sehr kräftigen Rahmsauce an den Tisch gebracht werden. Sauce gibt es in einem Kännchen auch zum Nachnehmen. Sehr gut. Dazu trinken wir den Wein „Numero Zero“ aus der Rebsorte Negroamaro.

Hauptspeise Nr. 2: Entrecôte di Cervo. Die Hirschmedaillons werden mit Polenta und einer Rahmsauce serviert. © Ronny von Wangenheim
Das Fleisch ist köstlich, die Polenta nicht fest, sondern ein sämiges Püree, Broccoli gibt es als Garnierung dazu. Der einzige Nachteil: Wir hätten alle gerne noch einen Hauch oder zwei mehr von dem Fleisch und der Polenta gehabt. Da wird meine Tochter dann vehement. Den ganzen Abend, so erzählt sie, habe sie bereits beobachtet, dass die beiden Männer am Tisch immer mehr Wein eingeschenkt bekämen. Und die Fleischportionen seien bei ihnen auch größer gewesen.
Brauchen Männer immer die größere Portion?
Es entspinnt sich eine lebhafte Diskussion, die sich auch daran entzündet, dass den Männern am Tisch dies angeblich noch nie aufgefallen ist. Wir drei Frauen haben aber alle etwas von diversen Restaurantbesuchen zu erzählen. Und ehrlich, die Zeiten, wo Männer wegen harter Arbeit auf dem Feld mehr Nahrung brauchten, sind zumindest für unsere Runde ins Reich der Sagen zu verweisen. Zumindest beim Wein gibt es allerdings nichts zu meckern. Auf Nachfrage wurde bereitwillig nachgeschenkt.
Später, als beim Nachtisch die Frauen Vollmilchschokolade und die Männer dunkle Schokolade auf den Profiteroles vorfinden, hakt meine Tochter gezielt nach. Der freundliche Kellner fragt extra in der Küche nach. Das sei Zufall, berichtet er und wird dann mit dem ganzen Drama unerfüllter Frauenwünsche zum Essen konfrontiert.

Die Nachspeise: Duett di Profiterol mit weißer und dunkler Schokolade. © Ronny von Wangenheim
Freimütig erzählt er, dass er beim Blick auf zwei Teller beim Servieren tatsächlich dem Mann die eventuell größere Portion reiche. Und ja, auch das sagt er, häufig sei es inzwischen umgekehrt: Die Männer würden Salat, die Frauen die herzhafte Speise wählen. Wir amüsieren uns, der Kellner auch. Und meine Tochter nimmt ihm das Versprechen ab, es nächstes Mal umgekehrt zu machen.
Bei diesen unterhaltsamen Gesprächen schmecken uns die Profiteroles aus weißer und dunkler Schokolade und dazu ein Vino Frizzante dolce, also ein leicht prickelnder Süßwein, der aber nicht zu süß ist.
Am Ende sind wir alle angenehm satt und sehr zufrieden mit dem Abend. Vielleicht werden ja Frauen nach uns von uns profitieren, mutmaßen wir gut gelaunt. Wir wollen auf jeden Fall wiederkommen. Spätestens im Sommer, wenn man auch im Biergarten draußen sitzen kann.
DIE AKTION MENÜKARUSSELL 2022
- Bei der Aktion Menükarussell bieten verschiedene Restaurants in Dortmund und Umgebung verschiedene Menüs an. Alle Menüs gibt es zu einem Festpreis, darin enthalten sind die begleitenden Weine oder Bier und Mineralwasser, nicht enthalten sind Aperitif, Digestif, warme und kalte Getränke.
- Insgesamt laden 24 Küchenchefs zu Vier-Gang-Menüs in Castrop-Rauxel, Dortmund, Iserlohn, Schwerte Waltrop und Wickede ein.
- Wir haben uns bewusst einige Restaurants herausgesucht, die sonst nicht so in der Öffentlichkeit sind. Wir haben die Menüs getestet als ganz normale, zahlende Gäste.
- Alle Informationen zur Aktion finden Sie hier: www.mnkl.de