
© Tobias Weckenbrock
Mahnwache gegen Altersarmut: 50 Teilnehmer, viele Sorgen und ein Antisemitismus-Vorwurf
Fridays gegen Altersarmut
Fridays gegen Altersarmut ist eine neue Bewegung, die umstritten ist. Kritiker weisen auf eine Nähe zum rechten Spektrum hin. Freitag veranstaltete Thomas Karwath seine erste Castroper Mahnwache.
Rund 50 Teilnehmer folgten dem Aufruf von Fridays gegen Altersarmut in Castrop-Rauxel. Die bundesweite Initiative, der Verbindungen ins rechte Milieu nachgesagt werden, hatte zu Mahnwachen in mehreren Städten aufgerufen. Mit Kerzen in der Hand zogen sie Freitagnachmittag immer wieder um den Reiterbrunnen in der Castroper Altstadt.

Thomas Karwath (links) hatte die Mahnwache für Fridays gegen Altersarmut angemeldet. © Christian Püls
Thomas Karwath, Anmelder der Veranstaltung, zeigte sich zufrieden: „Ich hatte Angst, dass die Mahnwache vielleicht gar nicht stattfindet, nachdem es im Vorfeld so viel Aufregung gab. Ich habe da so viele dumme Sprüche gekriegt. Ich hoffe, dass die Leute sich zeigen und nicht irgendwann Flaschen sammeln müssen.“
Gegendemonstranten: „Pfand rauf gegen Altersarmut“
Nur wenige Meter entfernt standen Gegendemonstranten von „Die Partei“. Sie spielten Musik aus einer Lautsprecheranlage, unterbrochen von einigen Redebeiträgen. Am Stand prangte ein Plakat mit dem Slogan: „Pfand rauf, Armut runter“.
Nicht allen Passanten war offenbar klar, was sich am Reiterbrunnen abspielte. Türkan Elmas wurde durch den Begriff Armut auf dem Plakat der Gegendemo aufmerksam. Sie schloss sich der Mahnwache an. Offenbar aber nicht aus Trotz gegen die Gegendemonstranten, sondern weil sie das Geschehen als eine Veranstaltung wahrnahm.

Rund 50 Teilnehmer versammelten sich nach dem Aufruf von Fridays gegen Altersarmut zu einer Mahnwache rund um den Reiterbrunnen. © Christian Püls
„Werte Rentner und Letztwähler“, wandte sich Partei-Sprecher Marcus Liedschulte von der Seite aus an die rund 50 Mahnwachenteilnehmer, „die Rentner haben ja offenbar Zeit, hier mitzumarschieren.“ Er wirft dem Gründer der bundesweiten Initiative Fridays gegen Altersarmut, Heinrich Madsen, vor, unter dem Deckmantel der Rente für rechte Ideen zu werben.
800 Euro Rente nach einem Arbeitsleben als Pflegekraft
Petra Dieling lief bei der Mahnwache mit. „Ich habe mein Leben lang als Pflegekraft gearbeitet“, sagte sie im Gespräch mit unserer Redaktion. „Jetzt bekomme ich 800 Euro Rente.“ Sie hoffe, dass die Menschen durch die Mahnwache aufmerksamer werden. „Man hat das Gefühl, man ist nur noch lästig.“
Alexander Strieder ist krank und auf ein Elektromobil angewiesen. „Ich möchte ein Zeichen setzen“, sagte er. „Ich habe heute bereits Angst um die Rente meiner Enkel“, sagte ein Frau aus Strieders Familie, „die jungen Leute bekommen doch heute alle nur noch Zeitverträge.“
In einer anderen Gruppe standen drei Frauen zusammen. „Wir wollen Aufmerksamkeit für ein Thema, das uns alle betrifft“, sagte eine. Ein paar Schritte weiter sagte eine 24-Jährige mit einer Kerze in der Hand: „Später wird mich das Thema auch betreffen.“
Kommentar zur Gegendemo: „Das ist niveaulos“
Die Gegendemonstranten stießen zum Teil auf Unverständnis: „Das ist niveaulos“, sagte ein Mann, dem Rentenalter schätzungsweise noch mehr als 20 Jahre entfernt. Auch er trug eine Kerze.

Marcus Liedschulte, Sprecher von Die Partei, hatte die Gegendemonstration angemeldet. © Christian Püls
Für Marcus Liedschulte war die Sache jedoch klar: „Wir sind nicht für Altersarmut, das ist Blödsinn. Aber wir können nicht unwidersprochen hinnehmen, wenn eine rechte Tarn-Organisation auf dem Marktplatz umherzieht.“ In Dortmund, behauptete er, seien Mitglieder der Partei „Die Rechte“ bei der Mahnwache mitgelaufen.
Liedschulte: „Denen ist egal, dass sie mit Nazis demonstrieren“
„Natürlich kritisiere auch ich das Sozialsystem“, so Liedschulte, „aber das hier hat nichts mit Gerechtigkeit zu tun. Denen ist egal, dass sie gemeinsam mit Nazis demonstrieren.“ In Castrop waren keine offen bekennenden Neonazis bei der Mahnwache dabei.
Fridays gegen Altersarmut: Mahnwache rief Gegendemonstranten auf den Plan.
Dass die Anmelder von Mahnwache und Gegendemo das Thema Rente mal gemeinsam diskutieren, ergebe nach Ansicht von Liedschulte keinen Sinn: „Das ist ein Antisemit, das sehe ich an seinem Facebookprofil. Da lohnt es sich nicht zu reden.“
1961 geboren. Dortmunder. Jetzt in Castrop-Rauxel. Vater von drei Söhnen. Opa. Blogger. Interessiert sich für viele Themen. Mag Zeitung. Mag Online. Aber keine dicken Bohnen.
