
© Knorr
Laura Knorrs problematische Suche nach einem bezahlbaren Haus
Hauskauf
Laura Knorr (34) möchte bald eine Familie gründen. Dafür sucht sie mit ihrem Partner seit zwei Jahren Haus und Garten. Bezahlbar. Nun erzählt sie von ihrer schweren Suche und ihren Erfahrungen.
Man könnte diese Geschichte anfangen mit dem Satz, dass die lange, schwere, zeitweise nervige und scheinbar vergebliche Suche nach einem Haus im Ruhrgebiet bald ein glückliches Ende gefunden hat. Es deutet sich an, dass Laura Knorr (34) und ihr Partner Mar Kreitsch (33) kurz vor einem Kauf im Castrop-Rauxeler Ortsteil Deininghausen stehen. Zumindest beim Kaufpreis ist man sich mit den Verkäufern einig.
Aber das würde überlagern, dass diese Suche beinahe endlos zu werden schien. Dass sie ehrlich sagt, sie habe zeitweise einfach keinen Bock mehr auf diese ewigen Immobilien-Anzeigen im Internet gehabt habe. Dass sie der Verzweiflung nahe war. Dass sie sich Dutzende Häuser ansah, einige, die im Internet toll aussahen, aber bei denen sie schon nach einer Minute, gleich nach dem Aussteigen aus dem Auto wusste: Niemals ziehe ich hier hin.
Der Weg ihrer Suche hatte auch tragische Wendungen, die vermutlich nicht jeden betreffen. Aber aus ihrem Weg kann man doch etwas lernen, wenn man selbst auf der Suche ist. Vielleicht von der Geduld, die es braucht. Vielleicht vom Glück, das man haben muss. Oder vielleicht von der Art der Suche, die am Ende zum Erfolg geführt haben könnte.
Die schöne Stadtwohnung und warum sie trotzdem raus wollen
Laura Knorr ist Sozialpädagogin. Sie wohnt in Bochum-Werne, arbeitet in einer Schule. Wenn sie Gäste in ihrer 110-Quadratmeter-Wohnung im Altbau von 1906 hat, schwärmen die, wie schön Wohnung und Haus sind. Eines, wo man sich grüßt, wo der Vermieter ebenfalls wohnt, wo man sich hilft. „Aber jetzt gerade in der Pandemie hat man gemerkt, was ein Garten wert ist. Wir zahlen hier aber Monat für Monat Miete. Geld, das einfach weg ist. Wir wollen nicht bis ins hohe Alter in den 3. Stock hoch.“
Es ist eben diese Stadtwohnung. Laura Knorr ist 35 Jahre alt, kommt aus Rheine im Münsterland und ist aus ihrer eigenen Kindheit eine andere familiäre Lebenswelt gewohnt: eigenes Haus, Garten, locker bebaute Siedlung, Familienanschluss durch Oma und Opa direkt nebenan.
„Wir haben festgestellt, dass wir das Ruhrgebiet mögen“, erzählt sie. „Wenn man das Münsterland verlassen und das Ruhrgebiet kennengelernt hat, dann erlebt man einen Kulturschock“ – und das meint sie positiv: „Hier ist alles so herzlich offen. Hier bekommt man vor den Kopf gesagt, wenn etwas blöd ist. Mein Herz hängt noch am Münsterland, ich bleibe das Münsterländer Freilandei. Aber hier guckt halt keiner, ob man den Bürgersteig gefegt hat. Das habe ich zu schätzen gelernt. Darum sollte das unsere Heimat bleiben.“
Wunschvorstellung ist in Bochum nicht bezahlbar
Wenn das nur so einfach wäre. Ihre Suche nach einem Einfamilienhaus begann 2019 in Bochum. Aber sie, die Sozialpädagogin im öffentlichen Dienst, und ihr Freund, der Kita-Erzieher aus Hagen, merkten schnell: Unsere Wunschvorstellung mit etwas mehr Platz können wir uns in Bochum nicht leisten. „Weit über unserem Budget, 500.000 Euro aufwärts“, sagt Laura Knorr. Das gelte nicht für jede Ecke, nicht jedes Haus. „Man kriegt auch was für 200.000 Euro. Aber das ist dann entsprechend baufällig... und man müsste 300.000 Euro investieren.“ Dann wäre man wieder bei einer halben Million.
Sie sei zwar leidenschaftlich, auch bei Bau-Geschichten, würde auch die Ärmel hochkrempeln. Aber: „Ich könnte kein Dach decken, keine Kabel verlegen. Viele gestalterische Dinge wie tapezieren, verputzen, im Keller anfangen und mich dann hoch arbeiten – das könnte ich schon. Aber alles umkrempeln und umbauen, herausfinden, wo Feuchte ist, wo größere Defekte sind, wo Baufälligkeit besteht – nein, das könnte uns übermannen.“ Also kam die große Selbst-Sanierung mit weniger Kosten, aber viel, viel Arbeit nicht infrage.
Ebenso wenig wie ein Neubau. Zu teuer. „Da ist man beim Grundstückskauf ja schon so viel Geld los. Selbst bei einem recht einfachen Fertighaus geht das nicht unter 400.000 Euro“, sagt Laura Knorr. So ein Haus hätte auch Vorteile, klar, sagt sie. Aber man merkt: Für sie überwiegen die Nachteile. Oder der fehlende Charme des „Eigenen“.
Vermeintliche Schnäppchen und ihre Mankos
Wenn sie etwas günstiges Gebrauchtes fanden, ein vermeintliches Schnäppchen, dann stellte sich bei genauerem Betrachten vor Ort heraus: Die Lage macht den Preis. Brennpunktviertel, Dreck und Schmierereien im Umfeld, eingeschlagene Scheibe – das bekamen sie oft zu sehen. Und es ist für sie ein No-Go-Kriterium: „Das ist nicht unser Viertel“, stand nach einer Fahrt in eine Stadt fest, deren Ortsteil sie nicht nennen möchte, weil sie den Bewohnern nicht zu nahe treten wolle.
Sie stellte sich auf den Immobilien-Plattformen wie Immoscout und Immowelt und Immonet und eBay-Kleinanzeigen Suchanfragen ein. Immer, wenn eine neues Haus, das ihren Kriterien entsprach, eingestellt wurde, bekam sie eine Mail. Zeitweise liebäugelte sie in ihrer Verzweiflung schon damit, einen Premium-Account beim Marktführer Immobilienscout24 zu buchen: Dann zahlt man für vier Monate 100 Euro, bekommt die Angebote schneller zugespielt und ist somit bei einem nicht unwichtigen Kriterium gegenüber anderen vorn: beim Erstkontakt.
„Es ist zum Schluss eine Last geworden“, sagt Laura Knorr. „Man muss nämlich wirklich schnell sein.“ Wer sich zuerst bei einem Verkäufer melde, habe ganz gute Aussichten, dass man auf dem Zettel der Interessenten oben steht. Von der Reihenfolge her, von der Erinnerung her, von der Motivation her – denn auch Privatverkäufer werden irgendwann ob der zahlreichen Anrufe und Anfragen genervt. Beim ersten Kontakt dagegen sind sie noch euphorisch.
Sie ließ sich bei der LBS, der Sparkasse, der Volksbank als Suchende eintragen. „Ich konnte an keinem Schaufenster einer Bank mehr vorbeigehen, ohne mir die Anzeigen dort anzusehen“, erzählt sie.
Schicksalsschlag im Herbst änderte die Anforderungen
Dabei wurde ihre Suche im Herbst plötzlich viel spezifischer. Schwieriger also. Eigentlich. Denn ihr Schwiegervater in spe starb im September. Für Laura Knorr und ihren Freund stand schnell fest, dass sie ihre Schwiegermutter, die in Hagen lebt, in ihre Planungen einbeziehen wollten. Ein Haus mit Einliegerwohnung sollte es also sein.
Im selben Herbst bahnte sich etwas an in Castrop-Rauxel. Es schien, als hätten sie etwas gefunden, das zu ihnen passt. „Aber da haben dann andere Interessenten den Zuschlag bekommen“, sagt Laura Knorr. „Da musste ich auch einmal weinen.“ Aber sie lernte daraus: „Seit diesem Haus bin ich nun noch genauer zum Beispiel bei Schimmel. Ich habe dadurch sogar wieder einen engen Kontakt zu meinem Onkel. Der ist Architekt. Jetzt telefonieren wir gerade gefühlt einmal am Tag miteinander.“
Jetzt, ein halbes Jahr später, fand sie tatsächlich ein Haus, das ihres werden könnte. Allerdings nicht da, wo sie lange suchte, sondern bei Facebook, in der Gruppe „Du bist Castroper, wenn...“ mit ihren 25.000 Mitgliedern. „Ich wurde auf einen Such-Eintrag von vor zwei Wochen angeschrieben von einer Frau in meinem Alter. Sie sagte, sie hätten ein Haus gekauft und würden nun gern ihr Elternhaus verkaufen. Ob ich Interesse hätte, mir das anzuschauen.“
Bauamt: „Super engagiert und super nett“
Hatte sie. „Wir sind da vorbei gefahren. Und ja: Es ist ein Renovierungsstau da, klar. Aber wir haben ja gelernt, worauf man achten sollte. Dach, Heizung, Elektrik: Das sind die Eckpfeiler“, sagt Laura Knorr. Das Haus könnte mit einer Einliegerwohnung ausgestattet werden. „Ich habe schon mit dem Bauamt gesprochen, die sind super nett und super engagiert“, lobt sie den Kontakt mit der Stadtverwaltung. „Dabei hatte ich vorher von anderen Leuten gehört, dass ein Bauamt immer ganz schlimm sei. Klar, es ist auch nicht leicht und hat mich Nerven gekostet, aber die in Castrop-Rauxel waren sehr nett, dafür, dass die gerade so unfassbar viel zu tun haben.“
350 Quadratmeter hat das Grundstück. Das Dachgeschoss ist ausgebaut. Über die finanziellen Möglichkeiten hat sie längst mit einer Finanzmaklerin gesprochen. „Wir rechnen nun durch: Was kosten die Umbaumaßnahmen? Wir müssen für die Einliegerwohnung eine Außentreppe anbauen. Dafür gibt es so viele Vorschriften, und Treppen sind auch sehr teuer, weit mehr als die von mir angepeilten 10.000 Euro.“
Der Kaufpreis habe erst über dem gelegen, was sie sich hätten leisten können. „Aber wir haben uns kennengelernt, waren uns schnell sympathisch. Wenn man sein Elternhaus verkauft, hängen eben auch viele Erinnerungen daran. Einige Leute legen wert darauf, es später in guten Händen zu wissen“, so Laura Knorrs Erfahrung. Es gebe die Leute, die den Verkaufspreis hoch treiben; und Leute, denen das gute Gefühl wichtiger ist. Ihr sei in dieser Weise auch ein Haus in Habinghorst angeboten worden. „Aber das konnte man nicht umbauen zu zwei Wohnungen“, so Laura Knorr.
Ein paar kritische Stimmen zum Ortsteil
Und Castrop-Rauxel als Ziel, als Wohn- und Lebensort für eine Familie? „Wir wollen zwei Kinderzimmer und ein Gästezimmer. Wir wollen vorbereitet sein. Dafür waren wir beim Wohnort flexibel“, sagt Laura Knorr. Zu Deininghausen habe sie ein paar kritische Stimmen gelesen. Aber ihre Tanzlehrerin wohnt in Castrop-Rauxel, ihre Freundin vom Reiten auch. Die erzählten ihr Gutes über die Stadt. „Eine ehemalige Arbeitskollegin aus Essen hat mich dagegen ausgelacht, ob es dieses Castrop-Rauxel wirklich gebe.“
Gibt es. Und es könnte sein, dass die Stadt wächst. Erst einmal um Laura Knorr, ihren Freund und dessen Mutter. Und später vielleicht einmal um zwei Kinder. „Ich bin es aus Rheine gewohnt und wünsche mir für meine Kinder auch, dass sie mit Oma aufwachsen können“, sagt die 35-Jährige. „Als Frau möchte ich auch Karriere machen, habe noch einen Studienkredit, den ich abbezahlen muss, möchte meine Schwiegermutter eine liebevolle Oma werden lassen, die bei ihren Enkeln ist.“
Und sie zahle lieber ein Haus ab, als in Miete zu investieren. „Damit wir in der Rentenzeit dann eine eigene Sicherheit haben.“
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
