Das Beispielhaus, das Makler Berthold Lammeck, Leiter der Castrop-Rauxeler Niederlassung von Poll Immobilien, für uns bewertet hat.

© Katharina Roß

Scoperty oder Makler: Wer kennt den Preis eines Castrop-Rauxeler Hauses?

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Scoperty ist eine Internetplattform, die den Wert von Immobilien schätzt und veröffentlicht. Doch wie sehr kann man der Seite trauen? Das haben wir mit einem Castrop-Rauxeler Makler diskutiert.

von Katharina Roß

Castrop-Rauxel

, 14.03.2021, 20:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Immobilien - von protzigem Luxus bis zum urigen Tiny House. Doch wie finde ich heraus, ob ich mir als Durchschnittsverdienerin meine Traumimmobilie leisten kann? Das soll jetzt ganz einfach gehen. Eine neue Internetplattform liefert seit November 2020 Schätzwerte für Immobilien aus dem gesamten Land: Scoperty.

Diese werden mithilfe eines Algorithmus ermittelt, der auf Basis des Haustyps, der geschätzten Wohnfläche und Grundstücksgröße, dem Baujahr und der Adresse geschätzte Marktwerte von Immobilien anzeigt.

Bisher ließen sich solche Preise nur herausfinden, wenn das Haus tatsächlich öffentlich zum Verkauf stand. Scoperty veröffentlicht ungefragt. Die Preise, die Scoperty liefert, sind aber alles andere als genau. Die Spannen betragen oft mehrere Hunderttausend Euro.


Das wirft Fragen auf:

  • Wie realistisch und wie genau ist der Preis?
  • Wer profitiert von dem Vorgehen der Plattform?
  • Wie werden Immobilien professionell geschätzt?

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Antworten soll uns Immobilienmakler Berthold Lammeck geben, Leiter der Castrop-Rauxeler Niederlassung von „von Poll Immobilien“. Berthold Lammeck hat für uns den genauen Wert eines Hauses aus Henrichenburg ermittelt. Zu berücksichtigen ist: Lammeck ist nicht nur Experte, sondern Scoperty konkurriert mit ihm auch um die Aufmerksamkeit der potenziellen Hauskäufer und -verkäufer.

Was bei Experten eine Rolle spielt

Den Wert unseres realen Einfamilienhauses schätzt Scoperty auf eine Summe zwischen 244.000 und 366.000 Euro. In Wirklichkeit steht es nicht zum Verkauf. Doch wie teuer wäre es, wenn Berthold Lammeck es auf den Markt brächte?

Berthold Lammecks Marktpreisermittlung startet gar nicht mit dem Haus selbst, sondern mit der Beschreibung der Umgebung. Unter anderem: Wie viele Einwohner hat die Gemeinde? Wo steht das Haus? Wie groß ist das Grundstück? Wie nah ist der nächste Kindergarten? Die nächste Schule? Wie gut sind die Einkaufsmöglichkeiten?

Danach geht es erst um das Haus selbst: Unser Beispielhaus kann der Eigentümer selbst bewohnen. Es wurde 2005 gebaut. Die sogenannte Restnutzungsdauer liegt damit bei 55 Jahren, die sogenannte Bruttogrundfläche beträgt 126 Quadratmeter. Das Dach ist ausgebaut, einen Keller gibt es nicht. Gäbe es eine Fußbodenheizung oder elektrische Rollläden, würde der Wert steigen. Gibt es aber nicht. Pluspunkt hingegen: Obwohl das Haus erst rund 15 Jahre alt ist, sind die Badezimmer schon renoviert worden. Außerdem wichtig ist die Innenausstattung: Gibt es mehr als ein Bad, ein separates Gäste-WC oder auch eine Sauna?

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Auf Basis des Wertes des Hauses und der Außenanlagen kommt der Makler hier auf einen Preis von rund 135.000 Euro für das Gebäude. Scoperty muss hier deutlich mehr schätzen, weil es längst nicht alle Einzelheiten kennt.

Andere Daten hingegen wird auch Scoperty „wissen“. Zum Beispiel, wie hoch der Quadratmeterpreis des Grundstücks ist: In unserem Fall knapp 270 Euro pro Quadratmeter. Insgesamt ist das Grundstück rund 67.000 Euro wert.

Bei der Berechnung gibt es Parallelen zu Scoperty

Nun könnte man an dieser Stelle meinen, die Berechnung wäre fertig, der Preis läge bei rund 202.000 Euro. Liegt er aber nicht, denn er muss noch mit dem sogenannten Marktanpassungsfaktor multipliziert werden. Kurz gesagt, vergleicht er das Haus mit dem Verkaufspreis vergleichbarer Objekte in der zurückliegenden Zeit.

Bei unserem Beispielhaus liegt der Marktanpassungsfaktor bei rund 1,4. Das heißt: Würde das Haus jetzt verkauft, kann man grob das 1,4-Fache dessen aufrufen, was das Grundstück und das konkrete Gebäude an diesem Ort kostet. Und so kommt der Makler auf einen Preis von 283.000 Euro.

Das liegt innerhalb der Scoperty-Preisspanne, rund 20.000 Euro unter dem Mittelwert von 305.000 Euro. Aber innerhalb der Preisspanne hätten eben auch 345.000 oder 365.000 Euro gelegen – erhebliche Unterschiede.

Scoperty möchte nach eigenen Angaben „erste Orientierungspunkte“ für die Bestimmung des Wertes einer Immobilie geben. Oder, um es mit den Worten des Scoperty-Chefs Michael Kasch zu sagen: „Es geht darum, den Immobilienmarkt ein bisschen transparenter zu gestalten.“ Das, findet auch Berthold Lammeck, sei erfüllt. Mehr aber könne das Portal seiner Ansicht nach kaum bieten, vor allem mit der weiten Preisspanne könne man kaum etwas anfangen.

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Ihn stört auch noch, dass Daten ungefragt veröffentlicht wurden: „Ich selbst habe meine Privatimmobilie aus dem Portal rausnehmen lassen. Innerhalb von drei Stunden war der Preis raus und es wird kein Preis mehr für mein Haus angezeigt. Lieber hätte ich es umgekehrt, dass erst gefragt wird, ob die Daten veröffentlicht werden“, sagt Lammeck.