Vor etwas mehr als einem Jahr wurde in der Pertikirche ganz besonders emotional Abschied genommen. Die Szene von Dezember 2023 als Pfarrer Sven Teschner und Dominik Kemper, die Superintendentin Claudia Reifenberger, Diakon Robin Auverkamp und weitere Angehörige des Presbyteriums sich im Kreis versammelten und den letzten Glockenschlag der Kirche horchten, blieb lange in den Köpfen der 300 anwesenden Gemeindemitgliedern.
Nun wird die Petrikirche an der Wartburgstraße offiziell verkauft. Auf der Immobilienseite „Immobilienscout 24“ kann die entwidmete evangelische Kirche samt angrenzender Villa ab 650.000 Euro gekauft werden. Die vermietbare Fläche erstreckt sich über 1.030 m², mit 400 m² Wohnfläche. Die Kirche aus dem Baujahr 1910 steht nicht unter Denkmalschutz und soll mit dem kompletten Inventar verkauft werden. Dass die Kirche nicht unter Denkmalschutz steht, obwohl diese einen bau- und stadtgeschichtlichen Hintergrund habe, sei für viele ein Rätsel.

Emotionale Verbindungen
Dass die Petrikirche für viele eine besondere Bedeutung hat, zeigte uns zum Beispiel Ute Krapp. Sie hat nach dem Tod ihres Mannes durch die Kirche zurück ins Leben gefunden, auch ihr Enkelkind wurde dort getauft. Für Presbyter Tom Nießen ist sie wie ein Zuhause. Erst sein Großvater und dann sein Vater waren Pfarrer der Petrikirche. Er selbst ist im Pfarrhaus aufgewachsen - die Kirche ist also seine Kindheit.
Doch auch die Kirche hat in ihren aktiven 112 Jahren viel mitgemacht. Im Krieg wurde sie damals bis auf kleine Teile zerstört und nach 1945 wieder aufgebaut. 2023 folgte dann die Entwidmung. Die Gründe für diesen Schritt erklärte Pfarrer Sven Teschner im November 2023. Im Vordergrund stand, dass die Kirche kein adäquater Raum mehr für die Gemeinde gewesen sei. Hinzu kam die hohe Sanierungsbedürftigkeit und auch die kontinuierlich sinkende Gemeindezahl. „Bei Taufgottesdiensten oder anderen besonderen Gottesdiensten sind es 80 bis 150 Personen; nur an Weihnachten und zur Konfirmation ist die Kirche ausgelastet“, sagt Sven Teschner 2023 vor der Entwidmung.
Schon kurz nach ihrer Außerbetriebnahme 2023 plagten die Kirche immer wieder Einbrüche – es sei beispielsweise im Heizungskeller nach Kupferrohren gesucht worden. Mit dem Vandalismus habe man zwar rechnen müssen, so Presbyter Tom Nießen, aber verstehen tue er das nicht.
Wie die Redaktion bereits im November 2023 berichtete, suche der Investor nach einem Käufer, der die Kirche nicht abreiße, sondern mit neuem Leben fülle.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 5. Januar 2025.
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