Der Immobilienmarkt hat sich von der Zinssteigerung bei den Baukrediten und den hohen Renovierungskosten nach der Ukraine-Krise bis heute nicht erholt. Die Bauzinsen laufen aktuell weiter eher seitwärts als zu sinken. Kleinere Ausreißer nach unten gibt es zwar, trotzdem muss ein Interessent mit Zinsen zwischen 3,5 und um die 4 Prozent pro Jahr rechnen, je nach Eigenkapitallage.
Kaum noch etwas ist also auf dem Immomarkt wie es noch vor gut zwei Jahren war. Nur eine Konstante ist vielerorts geblieben: zum Teil völlig überzogene Preiserwartungen vieler potenzieller Verkäufer. Die scheinen immer noch in der schönen heilen Finanzwelt der Jahre um 2020 herum zu leben, als man mit einem kümmerlichen Reihenhaus in zweifelhafter Lage schnell deutlich über 500.000 Euro einsammeln konnte.
Noch im Juni 2022 kannte der Irrsinn etwa in Dortmund keine Grenzen. In einem westlichen Vorort wollte ein Hausbesitzer damals eine fast unglaubliche knappe Million Euro mit einem Reihenmittelaus erlösen. Ob er den Mondpreis halten konnte oder doch an der Realität scheiterte, ist leider nicht überliefert.
Solche Monsterpreise sind zwar Vergangenheit, noch immer aber haben laut Tenor einer Umfrage unter Maklern in ganz Deutschland Verkäufer weiterhin viel zu hohe Preiserwartungen für ihre Immobilien. Das auszureden, fällt selbst redegewandten Maklern schwer. Und so hat sich in vielen Fällen die Situation ergeben, dass Häuser zu ersten Preisen ins Rennen geschickt werden, die noch 2020er-Niveau haben.
Nach und nach werden viele dieser Objekte dann zwar peu à peu im Preis gesenkt, bleiben auf diesem Weg aber vielfach bis zu sechs Monate oder länger in einschlägigen Portalen zu finden. Sehr zum Verdruss manches Maklers, der viel Arbeit mit den Objekten hat, ohne einen Ertrag zu erzielen. Das sagen viele Makler auch unumwunden, wie der Autor dieser Zeilen bei der Suche nach einem Zweifamilienhaus als Generationenprojekt im vergangenen Jahr erleben durfte.
Gerade stark sanierungsbedürftige Bauten werden da auf den Markt gebracht, weil die Eigentümer keine Lust oder kein Kapital haben, um nötige energetische Sanierungen durchzuführen, keine aufwändigen Dämm-Maßnahmen bezahlen wollen, vor einem Heizungs- oder Fenstertausch zurückschrecken und stattdessen die marode Bude lieber für ein Heidengeld an den Mann/die Frau bringen wollen.
Feuchte Zimmer und Keller, baufällige Dachstühle, baurechtlich mindestens zweifelhafte Dachgeschoss-Nutzungen oder offensichtlich niemals genehmigte Anbauten schrecken Verkäufer dabei nicht ab, wenn sie mit einem Objekt unverfrorene 600.000 oder 700.000 Euro zu verdienen hoffen. Für Häuser, in die der Käufer noch einmal lockere 300.000 oder sogar mehr Euro investieren müsste, um sie auf einen aktuellen Stand zu bringen.
Wenn einen dann der Makler wissend anguckt, weiß man, wie der Hase auf dem Markt gerade läuft. So mancher Verkäufer hat den richtigen Zeitpunkt verpasst, um sich mit seiner Immobilie eine goldene Nase zu verdienen, will dies aber nicht wahr haben und setzt noch immer auf, ja worauf eigentlich? Die noch größere Dummheit möglicher Käufer? Die Hoffnung, dass die EZB doch plötzlich die Leitzinsen rapide senkt und der Immo-Markt wieder zu Verkäufer-Markt wird?
Ich weiß es nicht. Was ich aber weiß: Die windschiefen Häuser, die ich mir in den letzten sechs Monaten habe angucken müssen, verdienen eigentlich nur eins: eine gezielte Sprengladung eines erfahrenen Sprengmeisters.
In den „Wohn(t)räumen“ befasst sich Thomas Schroeter regelmäßig auf sehr persönliche Art mit dem Wohnen. Da kann es um neue Trends gehen, um Wohnphilosophien, um Bauärger oder Küchendeko. Einfach um alles, was das Wohnen im Alltag ausmacht.
Wenn Sie mich fragen: Zicken und Mimosen verleiden den ganzen Spaß