
Im Prozess um zahlreiche betrogene Brautpaare, die auf Waltroper Hof Niermann heiraten wollten, ist das Urteil gegen den Ex-Serviceleiter bereits gefallen. Offen ist unter anderem noch die Revisionsfrage. © Archiv
Hochzeitsbetrüger auf Waltroper Hof Niermann: So geht es jetzt weiter
Revision könnte zum „Bumerang“ werden
Revision? Laufende Ermittlungsverfahren? Schadenersatz? Nach der Verurteilung des geständigen Hochzeitsbetrügers (35) vom Waltroper Hof Niermann sind weiter Fragen offen. So ist der Stand.
Am Mittwoch (3.8.) hat die 6. Wirtschaftsstrafkammer am Bochumer Landgericht den früheren Serviceleiter auf dem Waltroper Hof Niermann an der Stadtgrenze zu Castrop-Rauxel wegen gewerbsmäßigen Betrugs in 63 Fällen zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Ein Schlussstrich ist das Urteil aber nicht. Denn einige Schlüsselfragen sind noch offen.
Legt der vorbestrafte Betrüger Revision ein? Bis zum Mittwoch (10.8.) um 23.59 Uhr läuft für den Familienvater aus Selm noch die Frist, um das Urteil anzufechten und so eine rechtliche Prüfung durch den Bundesgerichtshof (BGH) einzuleiten. Stand jetzt ist das laut Bochumer Landgericht noch nicht passiert.
Anders als viele andere erstinstanzlich Verurteilte, kann der Ex-Niermann-Angestellte seine Entscheidung pro oder contra Revision aber wohl eher nicht auf die Devise „Ich habe ja nichts zu verlieren“ stützen. Eine Revision könnte in seinem Fall nämlich einen „Bumerang-Effekt“ bewirken. Denn da sind ja auch noch die schon vor der Festnahme des 35-Jährigen bekanntgewordenen Ermittlungsverfahren. Der Betrüger soll nach Auffliegen der Brautpaar-Serie bundesweit als „falscher Vermieter“ Mietinteressenten um Kautionszahlungen von mehreren tausend Euro geprellt haben.
Was passiert mit den Ermittlungsverfahren? Verzichtet der Betrüger auf ein Rechtsmittel, würde das Brautpaar-Urteil rechtskräftig. Die Vermieter-Verfahren könnten dann von den zuständigen Staatsanwaltschaften nach einer Spezial-Regelung mit Blick auf die in Bochum unumstößlich verhängte Haftstrafe eingestellt werden. Konkret hieße das: Trotz weiterer Betrugsverfahren käme für den Hochzeitsbetrüger kein Strafnachschlag hinzu.
Ganz anders das Szenario, sollte der 35-Jährige Revision einlegen. Solange kein rechtskräftiges (anderes) Urteil vorliegt, sinkt bei Staatsanwaltschaften üblicherweise die Einstellungsbereitschaft. Parallel steigt das Risiko, dass auch die Vermieter-Vorwürfe alle noch angeklagt und bei Tatnachweis abgeurteilt werden. Denkbar wären somit viele zusätzliche Haftstrafen.
Schon jetzt ist so gut wie sicher, dass der Ex-Niermann-Serviceleiter am Ende nicht nur die Bochumer Strafe, sondern dazu auch noch runde zwei Jahre Haft aus einer älteren Betrugsstrafe (verhängt in Osnabrück) verbüßen muss. Eine entsprechende Vollstreckung ist bereits beantragt.
Schadenersatz-Klagen sind weiter möglich
Und wie sieht es mit Schadenersatz aus? Im Prozess war bekannt geworden, dass der Waltroper Hof offenbar bis auf ganz wenige Ausnahmen mit allen Brautpaaren finanzielle Kompensations-Lösungen finden konnte. Hierfür war nach eigenen Angaben ein sechsstelliger Kredit aufgenommen worden. Eigene Regress- und Schadensatz-Klagen gegen den Ex-Niermann-Serviceleiter sind weiterhin möglich.