Eine Szene aus dem Gerichtssaal am Bochumer Landgericht, wo der Hochzeitsbetrug auf dem Hof Niermann in Waltrop verhandelt wurde.

Am Bochumer Landgericht ist das Urteil im Prozess um den Hochzeitsbetrug gefallen. Im Bild rechts: der Angeklagte neben seinem Verteidiger Peter Budde. © Werner von Braunschweig

Hochzeitsbetrüger von Hof Niermann: „Notorischer Lügner, krasser Bewährungsversager“

rnViereinhalb Jahre Gefängnis

Er war der Mann, der auf dem Waltroper Hof Niermann bei mehr als 60 Brautpaaren Träume in Albträume verwandelt hat. Die Endstation für den betrügerischen Ex-Serviceleiter heißt: Gefängnis.

Waltrop

, 03.08.2022, 15:29 Uhr / Lesedauer: 2 min

Immer freundlich, immer engagiert und immer Zuversicht versprühend, dass die geplante Hochzeit auf dem Waltroper Hof Niermann unvergesslich wird. Gar nicht wenige Brautpaare, deren Träume von einer wunderschönen Hochzeitsfeier im Sommer 2021 jäh zerplatzten, haben den betrügerischen Ex-Serviceleiter (35) auf dem Hof Niermann anfangs als sympathischen Menschenfänger beschrieben. Selbst die Bochumer Richter räumten bei der Urteilsverkündung am Mittwoch (3. August) unverhohlen ein: „In ähnlicher Situation wäre auch jeder von uns Opfer des Angeklagten geworden.“

Familienvater zeigt bei Urteilsverkündung keine Regung

Als Richter Michael Rehaag um 12.14 Uhr das Strafmaß – viereinhalb Jahre Haft – verkündete, zeigte der Familienvater aus Selm keine Regung. Noch kurz zuvor, als er von Foto- und Fernsehkameras ins Visier genommen worden war, hatte sich der 35-Jährige regelrecht hinter seinem Verteidiger Peter Budde verkrochen. „Der Angeklagte hat sich über Jahre hinweg zu einem notorischen Lügner entwickelt, dem es immer wieder mit seiner freundlichen und eloquenten Art gelungen ist, Menschen für sich einzunehmen“, sagte der Vorsitzende Richter der 6. Wirtschaftsstrafkammer.

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Völlig anders als bei so manch anderer (abenteuerlicher) Betrugsmasche seien die Opfer bei der Betrugsserie auf dem Hof Niermann an der Stadtgrenze zu Castrop-Rauxel ausdrücklich in Schutz zu nehmen. Denn: Agiert habe hier ein in krimineller Hinsicht nahezu perfekter Betrüger. Ein Betr

Ein Verteidiger und sein Mandant im Gerichtssaal.

Der Angeklagte im Prozess um den Hochzeits-Betrug, hier verdeckt neben seinem Verteidiger Peter Budde, kassierte eine empfindliche Haftstrafe © Werner von Braunschweig

üger, der Anzahlungen hochzeitswilliger Paare für Sportwetten eingesetzt habe, statt das Geld an den Betrieb weiterzuleiten. Ein Betrüger, der sich dabei aber auch die Besonderheiten der Corona-Pandemie und auch den guten Ruf des Waltroper Hofes Niermann zunutze gemacht habe. Teilweise mehrfach vorgenommene Aufstockungen der Anzahlungen im Bestreben, den Hochzeits-Hof vor einer möglichen Corona-Pleite zu retten, seien durchaus nachvollziehbar und plausibel gewesen, urteilte das Gericht.

Hofinhaberin wurde „zu einer mittelbar Geschädigten“

Festgeschrieben wurden im Urteil am Ende 63 Fälle des gewerbsmäßigen Betrugs mit einer Schadenssumme von rund 220.000 Euro. Geschädigt worden seien aber letztlich nicht nur die betroffenen Brautpaare aus der ganzen Region. Indem der Ex-Serviceleiter nach Bekanntwerden der Betrugsserie den Verdacht auf den Betrieb gelenkt habe, sei auch die Hofinhaberin „zu einer mittelbar Geschädigten“ gemacht worden, hieß es.

Im Prozessverlauf war bekannt geworden, dass offenbar inzwischen mit nahezu allen betroffenen Brautpaaren einvernehmliche Lösungen gefunden werden konnten. Seitens des Hofes war in diesem Zusammenhang eine Kreditaufnahme in Höhe von mehr als 200.000 Euro angegeben worden.

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Das Gericht rechnete dem Angeklagten zwar sein schonungsloses und umfassendes Geständnis hoch an, im Kern dann aber mit seinen betrügerischen Machenschaften auch gnadenlos ab. Habe er durch ausgelassene persönliche Entschuldigungen auf Strafmilderungsseite sogar noch Pluspunkte verschenkt, so habe aufseiten der Strafschärfungsgründe „die Nadel bis zum Anschlag ausgeschlagen“, hieß es.

Spielsucht war entscheidend für die Straftaten

Der 35-Jährige sei notorischer Zocker, krasser Bewährungsversager, habe sogar gefälschte Verträge in die Buchhaltung eingepflegt und weitere Personen, auch seine Familie, mit in seine Masche hineingezogen. Nichts anderes als Spielsucht sei entscheidend für die Straftaten gewesen. Eine Minderung der Schuld deswegen sei aber nicht ansatzweise denkbar gewesen. Die vom Angeklagten angestrebte Unterbringung in einer Alkohol-Entziehungsanstalt scheide schon aus rechtlichen Gründen aus. „Sie würde das wahre Problem aber auch ausblenden“, so Richter Michael Rehaag.