
Der Prozess um Hochzeitsbetrugs-Serie auf dem Waltroper Hof Niermann ist auf die Zielgerade eingebogen. Am Mittwoch (3. August) will die 6. Wirtschaftsstrafkammer am Bochumer Landgericht das Urteil gegen den Ex-Niermann-Angestellten verkünden. © Tobias Weckenbrock
Brautpaar-Betrug auf Waltroper Hof Niermann: Staatsanwalt fordert Haftstrafe
„Perfide Lügen aufgetischt“
Der Ex-Serviceleiter auf dem Waltroper Hof Niermann muss sich nach einer Betrugsserie auf viele Jahre Haft einstellen. Bei den Plädoyers ging es um vertane Chancen und zerplatzte Träume.
Im Prozess um eine Serie von mutmaßlichen Hochzeits-Betrügereien auf dem Waltroper Hof Niermann an der Stadtgrenze zu Castrop-Rauxel hat die Staatsanwaltschaft für den Ex-Niermann-Angestellten eine empfindliche Gefängnisstrafe beantragt. Darüber hinaus ist die Chance, dass der Familienvater aus Selm am Ende seinen Wunsch erfüllt bekommt und in eine suchttherapeutische Entziehungsanstalt eingewiesen wird, praktisch gleich Null.
Sachverständige hält mutmaßlichen Betrüger für voll schuldfähig
Eine psychiatrische Sachverständige stufte den mutmaßlichen Serienbetrüger am Donnerstag (28. Juli) „aus forensischer Sicht als voll schuldfähig“ ein.
Staatsanwalt Jens Cieslak sprach den ehemaligen Serviceleiter zum Schluss seines Plädoyers direkt an: „Sie haben mehr als 60 Brautpaaren den schönsten Tag ihres Lebens genommen. Sie haben perfide Lügen aufgetischt, Vertrauen missbraucht und Träume zerstört.“ Konkret beantragte der Ankläger wegen letztlich noch verbliebenen 63 Fällen des Betrugs die Verhängung von vier Jahren und zehn Monaten Haft. Das Urteil wollen die Richter der 6. Wirtschaftsstrafkammer am Mittwoch (3. August, 12 Uhr) verkünden.
Geht es nach Ankläger Jens Cieslak, dann hat der Ex-Serviceleiter vor vier Jahren im Anschluss an seine vorzeitige Haftentlassung (der 35-Jährige hatte mehr als sechs Jahre Haft wegen Serienbetrugs kassiert) erst vieles richtig – und dann alles falsch gemacht. Der Angeklagte habe geheiratet, eine Familie gegründet und trotz der Betrugs-Vorstrafe auf dem Hof Niermann einen guten Job gefunden. Dann habe er jedoch binnen kurzer Zeit plötzlich alles weggeschmissen, sei erneut der Spielsucht und dem Alkohol verfallen.
Der 35-Jährige habe Brautpaaren in Serie Anzahlungen abgenommen, das Geld (insgesamt rund 225.000 Euro) aber ausschließlich für private Wetteinsätze verwendet. „Der Angeklagte opferte das Glück der Brautpaare und auch sein eigenes für die aussichtslose Jagd nach dem Spielglück“, bilanzierte Staatsanwalt Cieslak.
Verdächtigungen schadeten der Waltroper Hofinhaberin
Zugunsten des vorbestraften Betrügers sei allenfalls sein umfassendes Geständnis zu berücksichtigen. Auf der Contra-Seite dagegen schlage „die Nadel bis zum äußersten Anschlag aus“. Vor allem seine anfänglichen falschen Verdächtigungen in Richtung der Hofinhaberin hätten dem Niermann-Hof nachhaltig geschadet.
Der Angeklagte hatte im Prozess sofort zugegeben, mit dem Geld von mehr als 60 Brautpaaren, die auf dem Hof Niermann ihre Hochzeitsfeier ausrichten wollten, täglich seine Sportwetten bezahlt zu haben. Neben der Höhe des Strafmaßes werden die Bochumer Richter bei der Urteilsverkündung auch die Haftfortdauer-Frage entscheiden. Eine Sachverständige stufte eine etwaige Verschonung des krankhaften Zockers aktuell wegen akuter Rückfallgefahr als nahezu unverantwortlich ein.