
Der Angeklagte beim Prozessauftakt neben seinem Verteidiger Peter Budde. Der Ex-Niermann-Angestellte hat den Brautpaar-Betrug bereits zugegeben. © Martin von Braunschweig
Brautpaar-Betrug auf Waltroper Hof Niermann: Angeklagter zockte auch Kinder ab
Ex-Serviceleiter einschlägig vorbestraft
Für den Ex-Serviceleiter auf dem Waltroper Hof Niermann war das Ausnehmen von Brautpaaren wohl nur eine weitere Masche – der 35-Jährige ist schon seit Jahren als Betrüger unterwegs.
Mit teils brisanten Enthüllungen aus der strafrechtlichen Vergangenheit des angeklagten Ex-Serviceleiters ist am Bochumer Landgericht der Prozess um eine Serie von mutmaßlichen Hochzeits-Betrügereien auf dem Waltroper Hof Niermann an der Stadtgrenze zu Castrop-Rauxel fortgesetzt worden. Fest steht: Der Familienvater aus Selm ist vielfach einschlägig vorbestraft, hat zudem schon einige Jahre im Gefängnis gesessen. Und auf der Opferseite schreckt der 35-Jährige scheinbar vor nichts und niemandem zurück. Eiskalt ausgenommen und bitter enttäuscht wurden von ihm laut einer Vorverurteilung sogar Fußballkinder.
Wie am Dienstag (26. Juli) vor der 6. Wirtschaftsstrafkammer verlesen wurde, hat der mutmaßliche Hochzeitsbetrüger bereits 2013 in seiner Funktion als Trainer einer Kinderfußballmannschaft in Osnabrück 745 Euro unterschlagen. Laut Urteil vom 14. Januar 2014 war das Geld zuvor von den Eltern eingesammelt worden und eigentlich gedacht für eine Mannschaftsfahrt nach München. Die fiel daraufhin allerdings ins Wasser.
Ein gutes Jahr später kassierte der Ex-Serviceleiter am Landgericht Osnabrück eine Haftstrafe von insgesamt sechs Jahren und drei Monaten, von der bislang nur ein Teil verbüßt und ein Strafrest zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Hintergrund für die Verurteilung vom 21. Mai 2015 waren mehr als 70 Betrugstaten. Außerdem ging es um Erpressung, Urkundenfälschung und Diebstahl.
Freier nach Sex-Treffen erpresst?
Bei den Betrugstaten soll der 35-Jährige in seinem Umfeld die Legende gestrickt haben, er müsse zur Vermeidung einer Inhaftierung kurzfristig Geld aufbringen. Dabei soll er auch mit gefälschten Justiz-Urkunden hantiert haben. Mit dieser Betrugsmasche soll der 35-Jährige vor fast neun Jahren fast 200.000 Euro erbeutet haben. In diesem Zusammenhang sollen von dem Familienvater damals angeblich auch vorherige Bezahlsex-Partner im Nachhinein zu weiteren Geldzahlungen erpresst worden sein.
Im aktuellen Prozess hat der Angeklagte bereits zugegeben, mehr als 60 Brautpaare, die auf dem Waltroper Hof Niermann ihre Hochzeitsfeier ausrichten wollten, um Anzahlungen in Höhe von fast 230.000 Euro geprellt zu haben. „Er hat uns astrein an der Nase herumgeführt“, hatte sich zuletzt ein enttäuschter Bräutigam als Zeuge erinnert.
Kurz vor der Festnahme des Angeklagten im März 2022 war bereits bekannt geworden, dass er nach dem Auffliegen der Brautpaar-Betrugsserie abgetaucht war und deutschlandweit als „falscher Vermieter“ Wohnungsinteressenten um Kautionen geprellt haben soll.
Der 35-Jährige beruft sich im Prozess auf eine massive Spiel- und Alkoholsucht. Ein Verwandter als Zeuge: „Er hat definitiv ein Problem und braucht Hilfe.“ Der Prozess wird fortgesetzt.