Hagebaumarkt-Leiter Torsten Pauls vor einer Aktionsfläche mit Elektro-Heizgeräten.

Hagebaumarkt-Leiter Torsten Pauls berichtet über eine starke Nachfrage an elektrischen Heizlüftern und Radiatoren. © Maurice Prior

Elektrisch Heizen in Castrop-Rauxel: Stromverbrauch steigt auf das Zehnfache

rnEnergiekrise

Was tun, wenn das Gas knapp wird und die Wohnung kalt ist? Manch einer setzt auf elektrische Heizungen. Wie ist die Nachfrage in Castrop-Rauxel? Und: Ist die Alternative überhaupt sinnvoll?

Castrop-Rauxel

, 09.10.2022, 19:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Ein Blick zurück: Sommeranfang. Auf den Aktionsflächen in Bau- und Technikmärkten stehen Klimageräte: Ausstellungsstücke zur Ansicht, dahinter Karton neben Karton. Die Temperaturen klettern zum letzten Juni-Wochenende auf bis zu 32 Grad. Die Klimageräte avancieren jedoch zu Ladenhütern – Kaufzurückhaltung infolge von Inflation und weltweiter Krisen.

Unterdessen lagern Restbestände von Ölradiatoren und Heizlüftern aus der letzten Heizperiode in den Hochregalen der Lager. Politiker reden vermehrt über Gasknappheit. Prognosen für einen Herbst und Winter der Einschränkungen mehren sich. Die Menschen sind verunsichert.

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Wenn sie in den Hagebaumarkt in Castrop-Rauxel kommen, verlangen sie statt der Klimageräte Heizlüfter und Ölradiatoren – beide mit Strom betrieben. „Das war der Wahnsinn mitten in der Hitzewelle“, sagt Torsten Pauls im Gespräch mit unserer Redaktion. Er ist Geschäftsleiter des Baumarktes am Westring. „Wir haben aus dem Lager unsere Bestände vom Vorjahr abverkauft.“

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Im Juni und Juli 2021 hatte er kein einziges der Geräte verkauft und bis September dann einen Umsatz von nur 32 Euro mit elektrischen Heizgeräten gemacht. „Von Juni bis September dieses Jahres waren es 3489 Euro“, berichtet der Geschäftsführer beim Blick in die Bilanzen. „Das ist eine Steigerung von 10.000 Prozent.“

Kein Nachbestellen mehr möglich

Die Nachfrage hält an – zumal jetzt, zu Beginn der Heizperiode. Für diesen Herbst und Winter hat er die benötigten Margen vor zwölf Monaten bestellt. In der vorletzten Septemberwoche sind die Geräte im Castrop-Rauxeler Markt eingetroffen. „Das muss für dieses Jahr reichen“, erklärt Pauls. „Ein Nachbestellen ist nicht mehr möglich.“

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Ein anderes Bild bei Elektro Kipar in Ickern. „Eigentlich haben wir keine Nachfrage“, erklärt Detlef Kipar. Das mag daran liegen, dass der Schwerpunkt im Sortiment des Fachgeschäfts in der Unterhaltungselektronik und bei Kaffeevollautomaten liegt. „Ich habe ein Klimagerät hier stehen, aber es besteht kein Kaufinteresse“, sagt der Inhaber.

Sollten Kunden jedoch nach einem Ölradiator oder einen elektrischen Heizlüfter fragen, könne er „theoretisch alles bestellen“. Der Händler glaubt ohnehin, dass „das alles hochgepuscht ist“. Er verstehe die vermeintlich hohe Nachfrage nicht.

Ein elektrischer Heizlüfter auf dem Fußboden.

Angesichts einer drohenden Gasknappheit setzen viele Bürger zum Heizen auf Strom als Alternative. Die Energiekosten sind jedoch viel höher als beim Heizen mit Gas. © picture alliance/dpa

Heizen mit Strom, sollte das Gas knapp werden? Torsten Pauls mag die Menschen nicht be- oder verurteilen, wenn sie sich angesichts einer kalten Wohnung eine strombetriebene Alternative zulegen. „Das muss jeder selbst wissen“, sagt der Geschäftsleiter des Hagebaumarktes.

Strom dreimal teurer als Gas

Verbraucherschützer sehen elektrische Heizgeräte durchaus kritisch – ökonomisch wie ökologisch. „Würde der komplette Wärmeverbrauch über die Steckdose abgedeckt werden, steigt die Stromrechnung auf ein Fünf- bis Zehnfaches an“, erklärt die Verbraucherzentrale (VZ) Baden-Württemberg. „Dabei ist es unerheblich, ob Heizlüfter, Elektro-Radiatoren oder Infrarotheizungen genutzt werden.“

Der Energieaufwand sei für alle direkten elektrischen Wärmeanwendungen gleich: eine Kilowattstunde Strom für eine Kilowattstunde Wärme. Zum Vergleich: Auf Basis von Altverträgen kostete eine Kilowattstunde Strom allerdings fast das Dreifache (Stand: 15.9.22) gegenüber der Kilowattstunde Gas. Daher sei „es ökonomisch nicht sinnvoll, mit Strom zu heizen, so lange Gas verfügbar ist“, erklärt die VZ Baden-Württemberg auf ihrer Internetseite.

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Auch ökologisch ist elektrisches Heizen bedenklich. „Steigt der Strombedarf durch den Gasmangel stark an, sinkt der Anteil des regenerativen Stroms wieder, da der Mehrbedarf kurzfristig mit mehr Kohlestrom aufgefangen wird.“ Energieversorger warnen zudem vor einer Überlastung der Stromnetze.

Stromheizungen können dennoch ein Teil der persönlichen „Notfallstrategie“ sein, resümiert die VZ. Verbraucher sollten Stromheizungen jedoch nur punktuell in den Räumen einsetzen, in denen sie sich gerade aufhalten und wenn es sich wirklich zu kalt anfühlt. Die Heizquelle solle dann gezielt auf die Personen gerichtet sein, die sich im Raum befinden.

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