
In Habinghorst entsteht eine zentrale Notunterkunft des Landes NRW für Geflüchtete aus dem Ukraine-Krieg. Im Juni soll sie eröffnen. © Tobias Weckenbrock
Flüchtlingslage in Castrop-Rauxel und wie es an der B235 weiter geht
Ukraine-Krieg
Die Lage im Ukraine-Krieg verstetigt sich. Die Zeit großer Flüchtlingsbewegungen ist vorüber. Ist es ein guter Plan, an der B235 Leichtbauhallen zu errichten? So ist die Lage in Castrop-Rauxel.
Am 23. Februar 2022 drang in diesem Jahr russisches Militär in die Ukraine ein. Seither ist der Krieg zwischen Russland und dem westlichen Nachbarstaat aufgeflammt. Viele Fachleute sprechen schon seit der orangenen Revolution 2013 und der Annexion der Krim 2014 zumindest von russischen Aggressionen gegenüber der Ukraine. Eine Separatisten-Armee kämpft im Osten des Landes, in der Region Donbass, seit Jahren um die Unabhängigkeit.
Menschen flüchteten im Februar, März und April in Scharen aus dem Kriegsgebiet. Bis heute kamen 430 Menschen in Castrop-Rauxel an und wurden dort zeitweise aufgenommen.
In dieser Woche (Stand 24.5.) befinden sich noch 367 Geflüchtete aus der Ukraine in Castrop-Rauxel, erklärt die Stadtverwaltung auf Anfrage unserer Redaktion. 63 Personen haben Castrop-Rauxel mit unterschiedlichen Ziel wieder verlassen. „Dazu gehören Umzüge in andere Städte, die Rückkehr in die Ukraine oder die Weiterreise in andere Länder“, erklärt Pressesprecherin Maresa Hilleringmann.
Die meisten sind privat untergebracht
Von diesen 367 Personen (58 Männer, 167 Frauen und 142 Kinder) leben zurzeit 151 in städtischen Unterkünften, die auf das ganze Stadtgebiet verteilt sind. 52 Geflüchtete leben in angemieteten Wohnungen. 164 wurden von Freunden, Verwandten und Ehrenamtlichen aufgenommen.
Derweil wird an der B235 in Habinghorst weiter an einer Landes-Notunterkunft für Geflüchtete gebaut. Mehrere lange Leichtbauhallen sollen dort Unterschlupf bieten für bis zu 1000 Menschen, sobald die federführende Bezirksregierung die Zentrale Unterbringungseinheit (ZUE) eröffnet. Das soll im Juni oder Juli geschehen, so der letzte offizielle Stand.
Aber braucht es überhaupt noch eine ZUE in Castrop-Rauxel? 6,6 Millionen Menschen, so eine offizielle Schätzung des Hilfswerks der Vereinten Nationen UNHCR, sollen aus dem ukrainischen Kriegsgebiet in andere Länder geflüchtet sein. Allein im Mai waren es demnach 1 Million Menschen, im April 1,5 Millionen, im Februar/März über 4 Millionen.
Polen hat über die Hälfte der Flüchtlinge aufgenommen, zudem gelten Ungarn, Moldawien, die Slowakei und Rumänien als Nachbarstaaten als die wichtigsten Zufluchtsländer. Bis Mitte April sollen zudem weitere 8 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine geflüchtet sein. In Deutschland sind bis Anfang Mai etwa 610.000 Geflüchtete aus der Ukraine angekommen.

Auf dieser Fläche an der B235 in Habinghorst entsteht eine Groß-Notunterkunft für Geflüchtete des Landes NRW. © Tobias Weckenbrock
Halb so viele Geflüchtete wie 2015/16
Zum Vergleich: 2015 kamen in der als Flüchtlingskrise bezeichneten Bewegung 440.000 Menschen nach Deutschland und stellten dort Asylanträge, 2016 weitere 720.000. Sie kamen vor allem aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. Damals gab es in Habinghorst eine ZUE, die ähnlich groß war und in Spitzenzeiten eine Betten-Auslastung von 60 bis 70 Prozent hatte.
Was kommt 2022 noch? Es sieht heute so aus, als wäre die schlimmste Phase des Krieges schon vorüber. Waffenlieferungen westlicher Partner und der ukrainische Kampfgeist, Experten sagen auch die Schwäche des russischen Militärs führten zu einer Stabilisierung der Lage und einer Fokussierung auf die Donbass-Region. Schwere Kriegsfolgen und Zerstörung sind allerdings übers ganze Land erkennbar, die einstige Großstadt Mariupol zum Beispiel ist heute fast menschenleer und nicht mehr bewohnbar.
Und was sagt die Stadt zu den ZUE-Plänen heute? „Nach wie vor gehen wir davon aus, dass das Land NRW die Großnotunterkunft an der B235 im Laufe des Sommers in Betrieb nehmen wird“, erklärt Stadtsprecherin Maresa Hilleringmann auf Anfrage unserer Redaktion. Die Bezirksregierung jedenfalls hält weiter an ihren Plänen fest und will vorbereitet sein.
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
