Wird es wieder so aussehen? Im ersten Lockdown im Frühjahr war die Altstadt von Castrop-Rauxel wie leer gefegt.
Coronavirus
Händler zu Laschets Lockdown-Plänen: Man hätte eher durchgreifen müssen
Beschlossen ist ein erneuter harter Lockdown in NRW noch nicht, aber alle Zeichen sprechen dafür. Einzelhändler in Castrop-Rauxel zeigen Verständnis, jedoch nicht für den Zeitpunkt.
Geschlossene Geschäfte, verlängerte Weihnachtsferien, strengere Kontaktbeschränkungen – das sind die wichtigsten Vorschläge, die für einen erneuten harten Lockdown auf dem Tisch liegen.
Im Detail beschlossen hat NRW ihn noch nicht, aber Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat sich deutlich dafür ausgesprochen, den Einzelhandel nach Weihnachten für zwei Wochen zu schließen. In etwa wie im März, erklärte er am Mittwochabend im WDR. Das hieße: Nur Läden, die Lebensnotwendiges wie Lebensmittel oder Arzneien verkaufen, dürften öffnen.
Keine andere Möglichkeit
Dass es so kommt, daran glauben alle Einzelhändler in Castrop-Rauxel, mit denen wir in einer kleinen Umfrage gesprochen haben. Grundsätzlich halten sie einen weiteren Lockdown auch für richtig. „Es wird hart für den Einzelhandel, aber es ist notwendig“, sagt Matthias Zimmer, erster Vorsitzender von Casconcept, der Standortgemeinschaft der Altstadt.
Bei 590 Corona-Toten am Tag bliebe keine große Wahl, so der Juwelier. Claudia Jung, Inhaberin des Blumengeschäfts „Pusteblume“, sieht das genauso: „Es führt kein Weg am Lockdown vorbei“, sagt die Einzelhändlerin.
Hätte sich gewünscht, dass Bund und Länder deutlich eher durchgegriffen hätten: Matthias Zimmer, Juwelier und Vorsitzender von Casconcept. © Tobias Weckenbrock
Einzelhändler kritisieren, dass nicht eher durchgegriffen wurde
Allein, der Zeitpunkt. Der sorgt bei vielen für Unverständnis, für Unmut. „Am besten, sie hätten schon im Oktober dicht gemacht“, sagt Jung. Ihr Kalkül: Dann wären die Corona-Infektionszahlen längst niedriger und das Weihnachtsgeschäft relativ entspannt. Dann müsste man jetzt nicht dicht machen.
Zimmer kann ihr da nur zustimmen: „Man hätte schon viel eher durchgreifen müssen.“ Er hat auch eine Idee, wann: Als Bundeskanzlerin Angela Merkel vor 19.000 Infektionen warnte, die zu Weihnachten täglich zu erwarten seien, wenn man nicht mehr unternehme.
Das war Ende September. Mittlerweile sind es seit Wochen oft mehr als 20.000 Infektionen am Tag. Auch Jutta Henning, Inhaberin eines Modelädchens am Ickerner Markt, glaubt: „Hätte man eher runtergefahren, wären wir jetzt vielleicht aus der Misere raus.“
Starke Woche zwischen den Jahren fällt aus
Hat man aber nicht. Und das bedeutet jetzt wohl für die die meisten Einzelhändler in Castrop-Rauxel: keine Umsätze für mindestens zwei Wochen. Besonders für die Tage zwischen den Jahren ist das bitter. Zimmer: „Das ist eine umsatzträchtige Woche.“ Viele haben frei, viele haben zu Weihnachten Gutscheine oder Geld bekommen.
Allerdings treffe es die Branche unterschiedlich, weiß der Juwelier: Manches – wie beispielsweise eine neue Uhr – könne auch drei Wochen später gekauft werden, andere Einnahmen seien schlicht verloren. Das kann Floristin Jutta Blume nur bestätigen: Die ganzen Glücksbringerblumen zum neuen Jahr, die Sträuße zu einer Silvesterfeier, die fielen weg. Auch besondere Anziehsachen für Silvester würden nach Weihnachten nun nicht spontan gekauft, sagt Jutta Henning. Zumindest nicht in ihrem Laden.
Händler: Online-Handel ist keine Lösung für uns
Ein Online-Handel ist für viele keine Alternative: „Bei Textilien wissen sie nicht, wie sie die bei einem Umtausch mitunter zurückbekommen“, sagt Jutta Henning. Und auch Vera Kopitetzki vom Schuhladen „Bääähm“ am Biesenkamp lässt davon die Finger, sagt sie: „Mit den großen Händlern wie Amazon kann ich preislich eh nicht mithalten.“
Claudia Jung (r.), Inhaberin der Pustblume, bricht mit einem erneuten Lockdown das komplette Silvestergeschäft weg. © Anna-Lena Roderfeld
Daher sei sie auch über eines froh, sagt sie: Wenn der strenge Lockdown schon erst so spät komme, dann sei es immerhin gut, dass er nicht plötzlich, sondern erst nach Weihnachten beginne. So könne man schauen, „das wir jetzt möglichst alles verkaufen, was noch da ist“.
Auch wenn wegen Corona generell weniger Kunden als vor einem Jahr kämen, könne wenigstens das Weihnachtsgeschäft noch mitgenommen werden, da sind sich die Einzelhändler einig. Nach Weihnachten ist der „beste Zeitraum“ für einen Lockdown, wenn man denn jetzt zumachen müsse, sagt Jutta Henning.
Schuhfachverkäuferin: Wenn dann auch rigoros für alle
Schuhfachverkäuferin Vera Kopitetzki hofft, dass es dann aber auch wirklich alle treffe: „Das muss dann rigoros sein“, sagt sie. Ausnahmen wie zum Beispiel für Baumärkte würden „mich wütend machen“. Es könne nicht sein, dass es immer die gleichen treffen, die dicht machen und „darunter leiden“ müssten. Sie frage sich generell, wie es weitergehe: „Die Lösung kann doch nicht sein, dass wir immer wieder das Geschäft schließen müssen.“
Vera Kopitetzki vom Schuhladen „Bääähm“ sagt: Ein Online-Verkauf ist keine Lösung für mich. © Foto Regener
Vom Fördergeld sei sie auch enttäuscht. Beim ersten Lockdown seien so oft die Bedingungen geändert worden, das habe sie so viele Nerven gekostet, daher habe sie entschieden, dieses Mal darauf zu verzichten: „Ich werde es aussitzen und warten, dass der Lockdown vorübergeht.“
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