Die Schuldenkrise der Stadt Castrop-Rauxel nimmt rasant an Fahrt auf. Während man von 2022 bis 2025 faktisch in etwa auf einem Niveau lag, was den Schuldenberg angeht, geht es in den jetzt folgenden Jahren tief in die Misere. Vorausgesetzt, es gibt keine Notbremse von Bund und Land NRW, um dieses Problem zu stoppen. Das wiederum ist kaum vor- und darstellbar.
Kürzlich erst trafen sich Beigeordnete und Kämmerer verschiedener Kommunen sowie Verbands-Sprecher in Berlin, um ihren Unmut dagegen anzubringen. Sie protestierten vor den Parteizentralen der Union und SPD und hatten eine Band dabei – passend zum politischen Motto „Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen“. Sie machten deutlich, was Lünens Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns vor Ort äußerte: „Wenn unsere nun schon jahrelang andauernden Hilferufe, Hinweise und Vorschläge nicht endlich gehört und berücksichtigt werden, setzen wir die Handlungsfähigkeit der Kommunen aufs Spiel.“ Castrop-Rauxel droht nach aktuellen Haushaltsprognosen sogar ein Milliarden-Schuldenberg. Neue Grafiken geben Einblicke in die Horror-Zahlen.
Wenn man von „Allgemeine Rücklage“ hört, denkt man vielleicht an den Geldspeicher von Dagobert Duck. Bei Castrop-Rauxel allerdings wäre nicht nur der Speicher leer, man fiele in ein tiefes Schulden-Loch. Denn diese Rücklage ist bei der Stadt Castrop-Rauxel seit 2010/11 negativ: Im Jahr 2009 betrug sie noch 39 Millionen Euro, 2010 lag sie praktisch bei Null. Und dann begann der steile Abstieg.
Es war die Phase, in der die Landesregierung den Stärkungspakt Stadtfinanzen aufsetzte. Kritiker bezeichneten ihn über Jahre und auch noch danach als Strangulierungspakt, aber eigentlich diente er der Haushalts-Konsolidierung: Mit Finanzhilfen aus dem Landeshaushalt sollten die Kommunen unterstützt werden. Auflage war im Gegenzug, die Zügel anzuziehen, sogenannte freiwillige Leistungen zu überprüfen und einige davon einzustellen, Personalstellen in der Verwaltung nicht neu zu besetzen oder zu streichen. In den Jahren 2014 bis 2023 konnte Castrop-Rauxel so die negative Rücklage bei um 75 Millionen Euro stabil halten. Doch nach dem Auslaufen der Hilfen und dem Ende der konjunkturell guten Jahre, nach Corona und mit der Energiekrise ging es steil bergab. Für 2026 ist nach den aktuellen Berechnungen mitsamt dem (nicht genehmigten und wohl auch nicht genehmigungsfähigen) Doppelhaushalt 2025/26 ein Stand bei mehr als 200 Millionen Euro negativer Rücklage zu rechnen.
Betrachtet man die Entwicklung der Einnahmen der Stadt durch kommunale Steuern, erkennt man gar nicht so sehr die Verwerfungen der aktuellen Zeit. Die Grundsteuer B, mit der alle Castrop-Rauxeler Eigentümer und indirekt auch Mieter belastet werden, wurde deutlich angehoben. Auch das war Auflage im Stärkungspakt Stadtfinanzen.
Castrop-Rauxel schraubte den Hebesatz in zwei Schritten in den Jahren 2015 und 2016 auf 825 Punkte hoch. Die Gewerbesteuer stieg von 470 auf 500 Punkte. Sie stellen zwei der drei zentralen Steuereinnahme-Potenziale einer Stadt dar. Hinzu kommt der kommunale Anteil der Einkommenssteuer, dessen Ansatz anders als die anderen beiden Einnahmequellen aber nicht kommunal zu beeinflussen ist.
Ergebnis: Die Einnahmen über die Grundsteuer B wuchsen von 2012 bei 9,5 Millionen Euro auf 17,1 Millionen Euro 2024. Noch höher lagen sie 2021mit fast 19 Millionen Euro. Die Gewerbesteuer-Einnahmen stiegen von 2012 bei 17 Millionen auf nun 28 Millionen Euro. 2023 erlebten sie aber aufgrund der Energie- und Wirtschaftskrise einen immensen Einbruch auf rund 18 Millionen Euro.
Fakt ist: Ohne Hilfe „von oben“, eine gründliche Neuordnung der kommunalen Finanzierung, wird es keinen Ausweg aus der Finanzkrise geben. Erhöhungen der kommunalen Steuer-Hebesätze wirken sich zwar aus, allerdings kommen so auch nur 5 bis 10, vielleicht 15 Millionen Euro jährlich zusammen – und das auf Kosten aller Bürger. Im Vergleich zum Haushalts-Minus von rund 45 bis 50 Millionen Euro allein im Jahr 2025 und einem ebenso hohen Betrag in den Folgejahren mit steigender Tendenz wäre das nur Kosmetik auf der hässlichen Finanz-Fratze dieser Jahre.
Castrop-Rauxels Fünf-Punkte-Plan gegen die Krise auf rn.de/castrop