Die Ärztin Lena Kaese fährt trotz einiger Tücken auf den Radwegen mit dem Rad zur Arbeit.

Die Ärztin Lena Kaese fährt trotz einiger Tücken auf den Radwegen mit dem Rad zur Arbeit. © Dieter Düwel

Das Radwegenetz Castrop-Rauxels ist ein Flickenteppich

rnMeinung

Die Stadt Castrop-Rauxel will den Alltagsradverkehr intensivieren. Doch nach fünf Testfahrten empfindet unser Autor die Bilanz unseres Radwege-Checks als eher enttäuschend.

Castrop-Rauxel

, 04.06.2022, 11:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Im Zuge der Mobilitätswende sollen mehr Menschen vom Auto aufs Rad umsteigen. Das fordert auch das Nahmobilitätskonzept der Stadt Castrop-Rauxel. Doch damit es mehr Radfahrer gibt, müssten die Menschen sich auf dem Rad auf den Straßen sicherer fühlen. Sonst werden sie es nicht nutzen.

Wir wollten uns ein genaueres Bild verschaffen und haben fünf Strecken getestet, auf die uns Leser aufmerksam gemacht haben. Schwerpunkt der ersten vier Testfahrten waren Alltagsfahrten, zum Teil entlang der Hauptverkehrsstraßen. Die Frage war, wie man schnell und sicher ohne Auto von A nach B kommt, zum Beispiel zur Arbeit oder zum Einkaufen.

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Allgemeines Fazit des Radwege-Checks: Auf den meisten Hauptverkehrsstraßen sind die Radfahrer immer noch dem Autoverkehr untergeordnet. Von einem zusammenhängenden sicheren Radwegenetz, wie im Nahmobilitätskonzept verankert, ist man in Castrop-Rauxel noch weit entfernt.

Oft müssen sich Radfahrer in den Autoverkehr einreihen.

Oft müssen sich Radfahrer in den Autoverkehr einreihen. © Dieter Düwel

Parken auf Radfahrstreifen

Welche konkreten Probleme machen den Radfahrern im Alltag am meisten zu schaffen? Radfahrstreifen sollten eigentlich ein hohes Maß an Sicherheit gewährleisten. Sie sind durch eine durchgezogene Linie von der Fahrbahn getrennt. Leider werden sie, wie zum Beispiel auf der Bochumer Straße, häufig von parkenden Autos blockiert.

Im Idealfall sollten Radfahrstreifen baulich von der Fahrbahn getrennt sein. Etwas mehr Sicherheit würde aber schon eine rote Einfärbung bringen, wie sie bereits am Schweriner Berg oder im Ickerner Kreisel existiert.

Rot eingefärbte Radfahrstreifen wie in Ickern erhöhen die Sicherheit für Radfahrer.

Rot eingefärbte Radfahrstreifen wie in Ickern erhöhen die Sicherheit für Radfahrer. © Dieter Düwel

Kaum Sicherheit durch Schutzstreifen

Am häufigsten trafen wir auf unseren Testfahrten auf die „Schutzstreifen“. Sie sind am Fahrbahnrand durch eine gestrichelte Linie und Fahrrad-Piktogramme gekennzeichnet.

Die Bezeichnung „Schutzstreifen“ tragen diese Radwege allerdings zu Unrecht. Es kommt häufig zu Schnittpunkten mit Autofahrern, die den Schutzstreifen gar nicht wahrnehmen oder ignorieren. Beim Überholen wurde der Mindestabstand von 1,50 Meter nur selten eingehalten.

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Gefährlich wird es für Radfahrer außerdem, wenn rechts neben dem Schutzstreifen ein Parkstreifen verläuft. Das Phänomen des „Dooring“ ist nicht selten: Neben den Streifen parkende Autofahrer öffnen die Autotüren oft, ohne vorher nach hinten zu schauen und vorbeifahrende Radfahrer wahrzunehmen.

Ein Sicherheitsraum zwischen Schutz- und Parkstreifen fehlt hier.

Ein Sicherheitsraum zwischen Schutz- und Parkstreifen fehlt hier. © Dieter Düwel

Die erforderlichen 50 Zentimeter Sicherheitsraum zwischen Schutz- und Parkstreifen konnten wir bei den Radwege-Checks kaum finden.

Eine Radverkehrspolitik, die auf den breiten Einsatz von Schutzstreifen setzt, garantiert den Radfahrern keine Sicherheit.

Mehr Fahrradstraßen bitte!

Auf welchen Wegen können sich Radfahrer relativ sicher fühlen? Größte Sicherheit für Radfahrer bieten Fahrradstraßen. Hier dürfen Radler die gesamte Fahrbahn benutzen und auch nebeneinander fahren. Motorisierter Verkehr ist nur zugelassen, wenn Zusatzschilder angebracht sind. Radfahrer haben immer Vorrang.

Ausdrücklich wird im Nahmobilitätskonzept der Stadt festgelegt, dass in Castrop-Rauxel mehr Fahrradstraßen angeordnet werden sollen. Bisher ist erst eine Fahrradstraße eingerichtet worden.

Die erste Fahrradstraße der Stadt in Pöppinghausen.

Die erste Fahrradstraße der Stadt in Pöppinghausen. © Dieter Düwel

Abseits der Hauptstraßen verfügt Castrop-Rauxel aber durchaus über komfortabel zu befahrende Alternativrouten, die zum Teil als Fahrradstraßen eingerichtet werden können.

Als Beispiel sei nur die Route genannt, die Martin Kühl-Lukas, Sprecher des ADFC Castrop-Rauxel, vorgeschlagen hat, um dem Autoverkehr auf der Wartburgstraße zu entgehen: „Man könnte die Germanenstraße und Alemannenstraße durchgängig als Fahrradstraße deklarieren.“

Eine Ring-Fahrradstraße um die Altstadt?

Zugegeben, der folgende Vorschlag mutet etwas visionär an. Warum nicht eine Ring-Fahrradstraße um die Castroper Altstadt einrichten? Was steckt hinter der Idee?

Ich fahre sehr oft auf dem Schutzstreifen des Biesenkamps in der Castroper Altstadt. Der Streifen ist für Radfahrer brandgefährlich. Eigentlich dürften Autofahrer auf dem Schutzstreifen fahrende Radfahrer nicht überholen, da der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann.

Der Schutzstreifen am Biesenkamp bietet Radfahrern keine Sicherheit.

Der Schutzstreifen am Biesenkamp bietet Radfahrern keine Sicherheit. © Dieter Düwel

Doch immer wieder drängen sich Autofahrer eng an den Radlern vorbei. Ganz zu schweigen von dem Problem des „Dooring“, das hier aufgrund der Geschäfte ständig auftritt.

Eine Ring-Fahrradstraße über Biesenkamp, Herner Straße, Lönsstraße, Mühlenstraße, Marktplatz, Am Stadtgarten, Beethovenstraße, Wittener Straße würde Radfahrern mehr Sicherheit geben. Für Autofahrer würde sich nicht viel ändern, weil die Geschwindigkeit auf diesen Straßen in der Altstadt jetzt schon nicht sehr hoch ist.

Unsere Verkehrsplaner sollten darüber nachdenken!

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