
© FNR (Archiv)
Realschul-Chef Horn zur Schließung: „Wir haben nichts falsch gemacht“
Coronavirus
Nach der Schließung der Fridtjof-Nansen-Realschule antwortet Schulleiter Horn auf Kritik. Er sagt: Hätte die Schulleitung das Gesundheitsamt früher erreicht, wäre alles schneller gegangen.
Am Montag (23.11.) haben die Umstände der Schließung der Fridtjof-Nansen-Realschule (FNR) für Unsicherheit gesorgt, weil Informationen von Schule, Stadt und Kreis nur spärlich geflossen sind. Am Dienstag hat sich nun die Schulleitung zu Wort gemeldet. Zunächst erreichte die Redaktion eine Stellungnahme, später konnten wir mit Schulleiter Alfred Horn telefonieren.
Herr Horn, war es unbedingt notwendig, die FNR zu schließen?
Ja, es war notwendig. Seit Freitag war mir bekannt, dass der Ehepartner einer Lehrkraft mit dem Coronavirus infiziert ist. Dass auch die Lehrkraft selbst infiziert ist, weiß ich erst seit Montagmorgen. Bis Montag, 7.30 Uhr, meldeten sich weitere 13 Kolleginnen und Kollegen mit dem Hinweis, dass ihre Corona-Warn-App auf Rot steht, sie also nicht zur Schule kommen können. Zusammen mit weiteren Ausfällen, die nichts mit Corona zu tun haben, standen uns am Montagmorgen 20 von 50 Kollegen nicht zur Verfügung. Da war für uns als Schulleitung klar, dass wir keinen Unterricht nach Plan erteilen können, und es war der Zeitpunkt, um die Hotline des Gesundheitsamtes im Kreis Recklinghausen anzurufen.
Wie ging es weiter?
Zunächst haben wir niemanden erreicht. Erst nach mehreren Versuchen. Als wir jemanden erreicht hatten, verwies man uns an die Zweigstelle in Castrop-Rauxel. Dort wollte man sich erst beraten. Um 8.30 Uhr erhielten wir dann die telefonische Anweisung einer Amtsärztin, die Schule bis auf Widerruf zu schließen und die Kinder nicht ins Gebäude zu lassen. Außerdem ordnete sie an, dass sich alle Lehrkräfte, die an einer Lehrerkonferenz am 17.11. teilgenommen hatten, testen lassen und in Quarantäne begeben müssen.
Hätten Sie nicht früher selbst aktiv werden können?
Wissen Sie, eine solch weitreichende Entscheidung wie eine Schulschließung kann ich nicht treffen. Das Gesundheitsamt ordnet das an, ich vollstrecke nur. Die Schule hängt da an Fäden. Wir dürfen nicht machen, was wir wollen. Wenn die zuständige Behörde nicht erreichbar ist, müssen wir es immer wieder versuchen. Wahrscheinlich ist richtig: Wenn sofort jemand den Hörer abgenommen hätte, wäre alles eine halbe Stunde schneller gegangen.
Sofort mitgeteilt haben Sie die Schließung auch um 8.30 Uhr nicht...
Wir mussten noch mit der Bezirksregierung als Schulaufsicht sprechen. Und wir haben uns zunächst im Team der Schulleitung, dann mit allen anwesenden Lehrkräften ziemlich intensive Gedanken gemacht, wie wir nun genau vorgehen. Gegen 9 Uhr haben wir es dann den Schülern mitgeteilt, die auf dem Schulhof gewartet haben.
Die Information über die Schul-App ist noch einmal deutlich später herausgegangen. Warum?
Zur Schul-App kann ich nichts sagen, das regelt unser Konrektor Herr Supanc. Die Pressestelle der Stadt habe ich allerdings noch am Morgen mit einer kurzen Mitteilung informiert. Und abends habe ich die Schulpflegschaftsvorsitzende informiert.
Warum konnte unsere Redaktion Sie gestern nicht erreichen? Dann wären einige Unklarheiten vielleicht direkt beseitigt worden.
Als Sie angefragt haben, musste ich zu meinem eigenen Corona-Test außerhalb von Castrop-Rauxel aufbrechen. Außerdem wusste ich ja, dass ich die Stadt-Pressestelle informiert hatte. Deshalb habe ich Ihren Kollegen dorthin verwiesen.

Es blieb lange Zeit unklar, weshalb die Fridtjof-Nansen-Realschule am Montag tatsächlich den kompletten Unterrichtsbetrieb einstellte. Nun äußert sich der Schulleiter. © Thomas Schroeter
Wie ist die aktuelle Situation an der FNR?
Es gilt nach wie vor nur eine Lehrkraft als infiziert. Aber alle 42 Lehrerinnen und Lehrer, die vergangenen Dienstag (17.11.) an der schon angesprochenen Lehrerkonferenz teilgenommen haben, sind wie gesagt in Quarantäne. Ich auch.
Betrachten Sie es als Fehler, dass es diese Konferenz überhaupt gegeben hat?
Wissen Sie, hinterher ist man immer klüger. Aber es gibt eine Anweisung des Landes, den Regelbetrieb in Schulen soweit wie möglich aufrecht zu erhalten. Und das finde ich auch wichtig. Die Konferenz hat nicht im Lehrerzimmer stattgefunden, sondern im Forum der Schule. Das ist wie eine Aula mit sehr viel Platz. Da können Sie auch mit 42 Leuten die Hygienebestimmungen einhalten. Das haben wir gemacht. Wo Kollegen an einem Tisch saßen, haben die Leute selbstverständlich Maske getragen. Ich selbst saß soweit von allen anderen entfernt, dass ich keine Maske getragen habe, wenn ich gesprochen habe. Und ich habe bei solchen Konferenzen einen hohen Redeanteil. Insgesamt: Wie ich finde, haben wir nichts falsch gemacht.
Wenn alle Vorschriften eingehalten worden sind, wieso sind dann alle Kollegen und Sie selbst in Quarantäne? Wir kennen es so, dass das Gesundheitsamt in der Regel nur bei zu geringem Abstand zu einem Infizierten Quarantäne verhängt.
Das kann ich nur vermuten. Ich gehe davon aus, dass die Gesundheitsämter hier vorsichtig sein, sich nicht allein auf die Corona-Warn-App verlassen wollten und deshalb alle Kollegen vorsorglich in Quarantäne geschickt haben.
Wie geht es nun weiter?
Wichtig ist: Alle Lehrer und alle Schüler, die mit dem infizierten Kollegen in Kontakt waren, werden auf das Coronavirus getestet. Wenn die Schule wieder aufmacht, ist es also ausgeschlossen, dass irgendjemand am Unterricht teilnimmt, der wegen dieses Falles mit Corona infiziert ist. Aber klar ist auch: Wir müssen damit rechnen, dass die Kollegen 14 Tage in Quarantäne bleiben müssen und so lange nur digitaler Unterricht möglich ist, der auch schon angelaufen ist. Das ist sehr undankbar, aber so ist es.
Als Journalist arbeite ich seit mehr als 25 Jahren. Im Kreis Unna bin ich dagegen noch recht neu, aber voller Neugier auf Menschen, Städte und Gemeinden. Schreiben habe ich gelernt, komme aber viel zu selten dazu. Dafür stehe ich gerne mal vor der Kamera.
