
© Uwe von Schirp
Corona-Querdenker unterwegs in der Castroper Altstadt
Coronavirus
Spazierengehen in der Fußgängerzone: Menschen verabreden sich, gehen, reden miteinander. Allerdings mit politischer Absicht: Am Montag trafen sich mutmaßliche Querdenker in der Altstadt.
Montagabend (13.12.), auf dem Marktplatz in der Altstadt. Eine Familie mit Kindern steht vor einem Schaufenster. Eine zweite kommt dazu, dann eine Seniorin mit Hund. Die Situation ist nicht ungewöhnlich um diese Uhrzeit: Jeden Abend stehen dort in diesen Wochen Menschen.
Sie warten auf ihre Verabredung für das Abendprogramm im Adventszelt. Die Familien und die Seniorin wollen offenkundig aber nicht dorthin. Entlang der Schaufensterfronten stehen weitere Menschen in kleinen Gruppen – Paare, Senioren mit Hut, einzelne Männer in Jogginghosen. „Nur gesund“, steht auf einem Sweatshirt.
Eine Frau eilt mit dem Smartphone am Ohr zum Eingang des Hüttenzaubers. Sie will zum Überraschungs-Kabarett – wörtlich – bei Ab ins Zelt. „Polizei steht hier“, erzählt sie laut am Mobiltelefon. „Irgendetwas ist hier los.“ Die beiden Beamten stehen gegenüber vom Eingang und beobachten die Szene. Nicht ohne Grund.
Wie ein Schaufensterbummel am Sontag
Und sie irritieren die Menschen vor den Schaufenstern. Die haben sich verabredet. „Castrop-Rauxel geht spazieren“, lautete eine Mitteilung auf dem Corona-Kritiker-Kanal „Denkt anders Kreis RE“ im Messenger-Dienst Telegram. Treffpunkt: 19 Uhr am Reiterbrunnen.
Der Spaziergang mutet indes an wie der gemeinsame Besuch des Weihnachtsmarktes von Familien oder ein Schaufensterbummel am Sonntagnachmittag. Die Geschäfte geschlossen, die Fußgängerzone leer – bis auf letztlich etwa 40 bis 50 Männer, Frauen und Kinder. Sie plaudern und gehen.
Bei ein paar Leuten hängt ein leuchtender Kegel an einem Band um den Hals. Eine Frau trägt eine Kerze. Die Kinder spielen Fangen. Gegen 19.15 Uhr setzen sich die kleinen Gruppen in Bewegung. Es geht zum Lambertusplatz. Nach einigen Minuten geht es zurück.
Der Pulk wirkt wie eine Gruppe Komparsen für einem Film, um eine volle Fußgängerzone zu simulieren. Vorbei an den Blicken der Polizei, geht es bis an die Einmündung Biesenkamp. Nächste Pause: Plaudern, Stehen – und weiter die Wittener Straße entlang.
Bürgerlich wirkender Pulk
Nach gut einer halben Stunde kommen die Spaziergänger über den Marktplatz zurück. Die Polizei hat inzwischen eine Streifen-Runde gedreht. Der bürgerlich wirkende Pulk schwenkt an ihr vorbei erneut in die Fußgängerzone.
Abermals stoppt er vor der Lambertuskirche und löst sich gegen 20.15 Uhr auf. Fragende Blicke haben die Männer, Frauen und Kinder begleitet. Aber: Es gibt keine sichtbaren politischen Statements oder Forderungen. Dann wäre es eine Demo.
Anmeldungen dazu gab es auch nicht, erklärten die Pressestellen von Polizei und Stadt bereits am Nachmittag. So blieb es bei einem Spaziergang unter mutmaßlichen Querdenkern. Ohne Aussage.
Geboren 1964. Dortmunder. Interessiert an Politik, Sport, Kultur, Lokalgeschichte. Nach Wanderjahren verwurzelt im Nordwesten. Schätzt die Menschen, ihre Geschichten und ihre klare Sprache. Erreichbar unter uwe.von-schirp@ruhrnachrichten.de.
