
© Frese / von Schirp
Übertriebener Impf-Aktionismus? Nein, wir können nur froh darüber sein!
Meinung
Jetzt überschlagen sie sich beim Impfen: In Castrop-Rauxel gab es zuletzt so viele Aktionen, dass viele Plätze frei blieben. Aktionismus? Nein, meint unser Autor, und denkt drei Wochen zurück...
Hand aufs Herz: Welches Gefühl löst es bei Ihnen aus, wenn Sie leere Stühle bei einer Impfaktion im Adventszelt sehen? Ist es besser oder schlechter als das, was wir vor zwei Wochen bei der ersten Impfaktion an selber Stelle hatten, als nämlich die Schlange der Impflinge so lang war, dass am Ende nicht jeder, der wollte, eine Impfung bekommen konnte?
An diesem Super-Impf-Sonntag mit drei Sonderaktionen nach einer Super-Impf-Woche mit restlos vergriffenen Terminen an der neuen Impfstelle am Europaplatz war das Angebot zu groß. Ganz klar: Das ist nicht optimal. Denn es verleitet einen dazu, zu denken, dass die Gesellschaft schon gesättigt ist. Wie aber verträgt sich das mit den immer wiederholten Aussagen, dass unsere Impfquote zu gering ist, um der Pandemie so richtig Herr werden zu können?
Ich gebe zu: Lange Schlangen beruhigten mich auf der einen Seite, weil ich sah, dass viele Menschen die Spritze unbedingt wollen. Für Abgewiesene oder Menschen, die zwei Stunden anstanden, war die Gefühlslage sicher anders. Leere Impfzentren und freie Termine beunruhigen mich dagegen irgendwie, denn mein gesellschaftliches Anliegen ist es ja, dass sich möglichst viele möglichst rasch impfen und boostern lassen.
Am Ende ist aber doch nur eines wichtig: Während wir vor drei Wochen noch jaulten, es müsse endlich Impfstellen geben, haben wir sie nun. In Moscheen, im Zelt, in der Kirche, in Praxen und sogar täglich am Stadtmittelpunkt. Der Impfling muss mit An- und Abreise grob eine Stunde Freizeit opfern. Das ist genau das, was wir brauchen. Niedriger könnten Hürden kaum sein. Jetzt muss nur noch jeder dieses Angebot annehmen...
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
