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Castrop-Rauxeler Arzt: „Ich will keine einzige Dosis Astrazeneca wegschmeißen“
Coronavirus
Was passiert mit dem Impfstoff von Astrazeneca? Viele Hausärzte in Castrop-Rauxel haben noch Vorräte im Kühlschrank, weil er nicht mehr gewollt wird. Ein Hausarzt hat andere Erfahrungen gemacht.
Spätestens mit der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) für die heterologe Impfung ist Astrazeneca endgültig ein Impfstoff zweiter Klasse. Nicht, weil er nicht vor dem Coronavirus und vor allem vor schwerer Krankheit schützen würde. Aber jetzt sollen alle die, die eine Erstimpfung mit Astrazeneca bekommen haben, eine Zweitimpfung mit einem MRNA-Impfstoff bekommen.
Die Nachricht kommt genau in der Phase, in der alle diejenigen ihre zweite Spritze bekommen, die zu Ostern eine Erstimpfung aus einem großen Sonderkontingent Astrazeneca erhielten. Hausärzte wie Dr. Holger Knapp in Ickern hatten bereits die entsprechenden Vorräte aus dem Impfzentrum abgeholt.
Bei dem Sonderkontingent konnte der Impfstoff nicht wie sonst bestellt werden. „Jede Menge Impfstoff“ hatten Knapp und seine Kollegen in der Praxis in Ickern am Marktplatz vorrätig. „Ich will keine Dosis wegwerfen“, sagt Knapp jetzt im Gespräch.
Ein Drittel beim Impftermin blieben bei Astrazeneca
Dabei ist er – anders als andere Ärzte – aus mehreren Gründen zuversichtlich. Kurz nach der Bekanntgabe der neuen Stiko-Empfehlung hatten mehr als 100 Menschen einen Termin für eine Impfung der Hausarzt-Praxis in der nahen St.-Antonius-Kirche. Anders als befürchtet klappte es am Mittwoch (14.7.) reibungslos. „Viele hatten sich bereits die Aufklärungsbögen für Biontech in der Praxis abgeholt“, so Holger Knapp.
Aber längst nicht jeder wollte auf Biontech umsteigen. „Etwa ein Drittel hat sich für eine Zweitimpfung mit Astrazeneca entschieden“, so Knapp. „Da habe ich mich doch gewundert.“ Vor allem die Unsicherheit, welche Länder die Kreuzimpfung anerkennen, wurde als Grund genannt von Impfwilligen, die Reisepläne haben.
Auch am kommenden Mittwoch (14.7.) baut die Praxis wieder zwei Impfstraßen in der Kirche auf. Rund 150 Menschen haben einen Termin. Da könnte also auch wieder etwas von den Astrazeneca-Vorräten verbraucht werden.
Astrazeneca ist noch einige Monate haltbar
Zum anderen, so der Hausarzt, ist Astrazeneca nach der Lieferung sechs Monate haltbar. Viel Zeit also, die Vorräte noch zu verbrauchen. Auch für Erstimpfungen ließe sich Astrazeneca noch einsetzen. Dass dies passieren wird, sieht Knapp aber eher nicht. „Wir konnten auch jetzt wieder Biontech ohne eine Obergrenze bestellen.“
Gerade am Freitag (10.7.) hat der Arzt aufmerksam verfolgt, dass Biontech und Pfizer mitteilten, dass die Unternehmen bald eine Zulassung für die Verabreichung einer dritten Dosis ihres Coronaimpfstoffs bei den Zulassungsbehörden beantragen wollen. Es sei im Laufe der Zeit mit einer Abnahme der Wirksamkeit zu rechnen, hieß es. Deshalb könnte eine dritte Dosis sechs bis zwölf Monate nach der ersten Impfung erforderlich sein.
Dritte Impfung könnte im Herbst notwendig werden
Dass die Menge der Antikörper nach einer gewissen Zeit deutlich nachlässt, hat auch Holger Knapp bei Patienten festgestellt. Bereits im Herbst könnte die dritte Impfung bei den ersten Castrop-Rauxelern hilfreich werden. Ob dann auch Astrazeneca zum Zuge kommen könnte – das kann der Arzt allerdings nicht sagen. Zu schnell ändere sich schließlich die Lage.
Eines ist ihm aber wichtig. So viele Menschen wie möglich sollten sich impfen lassen, gerade mit Blick auf die Delta-Variante. Ob man gegen die Impfmüdigkeit Geschenke verteilen sollte, wie auch schon vorgeschlagen? Das finde er doch etwas skurril. Sinnvoll sieht er es, in die sozialen Brennpunkte zu gehen und unbürokratisch zu impfen. Dafür würde er auch gerne wieder mal einen freien Samstag opfern.