
© Marcel Drawe
Überstürzte Entscheidung der Impfkommission lässt Ärzte und Impflinge leiden
Meinung
Aufgabe der Stiko ist es, Empfehlungen zum Impfen zu geben. Doch bitte nicht so überraschend wie jetzt. Sonst gibt es Unsicherheiten. Ausbaden müssen es die Ärzte vor Ort - und die Impfwilligen.
Am Mittwoch bin ich zum zweiten Mal geimpft worden, mit Astrazeneca. Einen Tag später, noch mit Impfreaktionen kämpfend, muss ich hören, dass ich wahrscheinlich zu den letzten gehört habe. Ab sofort soll es für die Zweitimpfung für alle einen mRNA-Impfstoff geben, also Biontech oder Moderna. So sagt es eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko).
Schützt mich also meine Astra-Impfung nicht ausreichend gegen Corona, ist sie vielleicht sogar unwirksam speziell bei der Delta-Variante? So wie ich fragen sich das viele Menschen. Nur häppchenweise kommen Informationen. Das trägt nicht zur Beruhigung bei. Wie kann es sein, dass offenbar sogar Gesundheitsminister Jens Spahn von der neuen Empfehlung überrascht wird? Dass die Wissenschaftler offenbar nicht die Folgen ihrer Empfehlung voraussehen können?
Die Folgen werden vor Ort spürbar. Im Impfzentrum und bei den Hausärzten, wo die Menschen mit ihren Fragen und Sorgen auftauchen. Sie wollen sofort Antworten, wollen sofort andere Termine, den anderen Impfstoff. Und nicht erst, wenn eine Hausarztpraxis wie zum Beispiel die von Holger Knapp in Ickern weiß, wann sie den anderen Impfstoff bekommen wird, wie sie den geplanten großen Impftag neu organisieren, wie sie alle betroffenen Patienten erreichen soll.
Sind fachliche oder politische Motive entscheidend
Aufregen kann mich die Nachricht selbst dagegen nur kurz. Dass sich die Nachrichtenlage in der Corona-Pandemie ändert, ist nichts Neues. Mal wird der eine, mal der andere Impfstoff hoch gelobt, mal kritisiert. Einschätzungen, Stimmungen und Schwingungen ändern sich ständig. Über die Monate hinweg frage ich mich immer häufiger, welche Entwicklungen fachlich und welche politisch motiviert sind.
Das gilt auch jetzt wieder. Denn plötzlich sagt Jens Spahn, das alles sei ganz wunderbar, weil damit jetzt viel Astrazeneca für Erstimpfungen zur Verfügung stünde. Also jetzt auch für die Unter-60-Jährigen? Dazu werden wir sicher noch mehr hören.
Hauptsache geimpft!
Als ich an Ostern wie viele andere auch einen Termin für das Sonderkontingent mit Astrazeneca ergatterte, war der Impfstoff schon in der Diskussion. Ich habe mich bewusst damals dafür entschieden. Hauptsache geimpft, war damals mein Motto. Und das ist es immer noch.
Denn egal, was jetzt gerade wieder beschlossen wird. Denn jede Zweifach-Impfung – auch das sagt das RKI auf Studien gestützt – schützt. Egal welcher Impfstoff. Vielleicht nicht vor einer Ansteckung. Aber vor schwerer Erkrankung und Tod. Und das zählt.