
© Jonas Hildebrandt
Lockerungen für Geimpfte? Manche Castrop-Rauxeler können sich das vorstellen
Coronavirus
Andreas Gassen, Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, fordert die Aufhebung der Corona-Maßnahmen für Geimpfte. In der Castroper Altstadt gehen die Meinungen auseinander.
Keine Maske mehr im Supermarkt oder in der Bahn tragen müssen? Das klingt einerseits verlockend, andererseits fast schon ungewohnt. Doch genau das könnte für geimpfte Castrop-Rauxeler Bürgerinnen und Bürger bald schon wieder möglich sein – zumindest, wenn es nach dem Bundesvorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung, Andreas Gassen, geht.
Er forderte jüngst die Aufhebung der Corona-Maßnahmen wie zum Beispiel der Maskenpflicht für alle vollständig Geimpften. Auch Bundesaußenminister Heiko Maas bekundete kürzlich öffentlich seine Unterstützung für den Vorschlag. Wie am Mittwoch bekannt wurde, lockert das Land NRW die Maskenpflicht ab Freitag. Allerdings soll sie etwa in Bussen, im Einzelhandel, in Arztpraxen oder Taxen bestehen bleiben.
KVWL bleibt vorsichtig
Die für Castrop-Rauxel zuständige Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe ist vorsichtig, was weitreichende Lockerungen betrifft. Auf Anfrage erklärt Jana Elbert von der Pressestelle, Gassens Vorschlag sei zwar verständlich, man müsse aber abwarten, bis eine „entsprechende Herdenimmunität vorherrscht und das allgemeine Infektionsgeschehen die Aufhebung zulässt“. Wann es so weit sei, hänge von der Verfügbarkeit des Impfstoffes sowie der Impfquote ab.
Dabei spielt auch die Impfbereitschaft eine Rolle. Diese ist anscheinend zuletzt gesunken, weshalb der Vorschlag auch einen Anreiz bieten soll, sich impfen zu lassen. Der Castrop-Rauxeler Arzt Dr. Holger Knapp hält davon jedoch nichts. Er sagt: „Für mich ist der größte Anreiz, um Impfskeptiker zu überzeugen, die Aufklärung.“ Man solle irrationale Ängste und Sorgen lieber mit guten Argumenten überwinden als mit Anreizen oder Sanktionen.
Die Castrop-Rauxeler selbst stehen unterschiedlich zu dem Thema. Ein älterer Herr teilt uns beispielsweise mit, er sei dafür die Maskenpflicht in Geschäften auch für Geimpfte beizubehalten. „Allein schon aus Solidarität“, lautet sein Argument. Zudem schütze die Maske auch vor anderen Viren wie etwa der Grippe. Ein praktisches Problem gebe es auch noch: „Man kann ja nicht kontrollieren, wer geimpft ist.“ Zumindest wäre das ein großer zusätzlicher Aufwand für die Geschäfte.
Für Geschäfte eine Hilfe
Andererseits könnten diese womöglich auch vom Wegfall der Maskenpflicht profitieren. „Das ist eine ganz andere Spontaneität dann“, meint Jens Reiter, Inhaber von Reiter Fashion. Er unterstützt grundsätzlich Lockerungen für Geimpfte. Allerdings erst, „wenn jeder ein Impfangebot bekommen kann“.
Auch für eine junge Frau kommt der jetzige Vorstoß noch zu früh. Sie sei zwar selber doppelt geimpft, finde die Idee aber trotzdem „eigentlich nicht gut“. Schließlich könne man auch trotz Impfung noch positiv sein. Solange es noch nicht genügend Impfstoff für alle gibt, findet sie mit Blick auf die Regelungen: „Das sollte einheitlich sein.“
Martina Tielker, Inhaberin des Buchladens Castroper Leselust, fürchtet schon die nächste Corona-Welle. „Delta sitzt uns im Nacken“, sagt sie mit Blick auf die neue Mutation. Sie findet, „wir sollten unsere jetzigen Freiheiten nicht aufs Spiel setzen“. Deswegen wollen sie und ihre Mitarbeiter auch weiter mit Maske arbeiten – selbst wenn die Maskenpflicht fallen sollte. Auch ihr Geschäft sieht sie durch die Maskenpflicht nicht geschädigt.
Genau so sieht man es im Schuhladen Grosse-Kreul. Mitarbeiterin Christel Grotensohn erzählt, dass sich die Kunden inzwischen an das Maskentragen gewöhnt hätten. „Bis jetzt war keiner da, der sich darüber aufgeregt hat“, teilt sie mit.
Passant Rudi Jantscher, befürwortet Lockerungen für Geimpfte. „Als geimpfte Person ist man nicht so eine große Gefahr für Ungeimpfte“, begründet er seine Meinung. Er könne verstehen, dass sich Ungeimpfte benachteiligt fühlen könnten. Da müsse man nun aber durch.