
Karl-Heinz Teike und Norbert Keymer am Tag der Abfahrt: Die siebentägige Radreise führt die zwei Castrop-Rauxeler entlang der Lahn bis zu ihrer Mündung in den Rhein nach Koblenz. © Norbert Keymer
Castrop-Rauxeler (78) reist 450 Kilometer mit dem E-Bike nach Koblenz
Bikepacking
Mehrtägige Radreisen sind das Hobby von Radfahrer Norbert Keymer. Nun hat er seine erste Tour mit dem neuen E-Bike hinter sich. Neben vielen Vorteilen sieht er auch Schwachpunkte.
Norbert Keymer (78) war schon immer sportlich. Früher war er Turner. Jährlich macht er sein Sportabzeichen, dann gerne in der Disziplin Radfahren statt Laufen. Für die 20 Kilometer lange Strecke, die es auf Zeit zu fahren gilt, holt er dann sein Rennrad heraus.
Ansonsten ist der Castrop-Rauxeler mit einem Trekking-Rad unterwegs, das er auch für seine mehrtägigen Bikepacking-Touren nutzt. Aber nach der Tour im Sommer 2021 hat er einen Entschluss gefasst: Ein E-Bike muss her. „Zu frustrierend waren damals die Abschnitte mit steilen Steigungen, wo ich vom Rad absteigen musste“, sagt er. Die Leute mit ihren E-Bikes indes zogen lächelnd an Keymer vorbei.
Schnell hatte sich der 78-Jährige ein E-Bike ausgeguckt. Wichtig für ihn: die Übersetzung und die Leistung von Akku und Motor. 11 Gänge hat sein neues Rad und der Akku 625 Watt. Damit ist er zufrieden.
Erste Radreise mit dem E-Bike: Rauf zur Burg Altena
Zur Burg Altena kann Norbert Keymer mit dem neuen E-Bike mitsamt „Speck“ – damit meint er die gut 12 Kilo Gepäck – problemlos rauf fahren. Ausprobieren konnte er das während seiner ersten Radreise mit dem E-Bike.
Die Strecke hatte er über den Winter ausgearbeitet, so wie er es immer macht. Die Tagestouren sind zwischen 70 und 80 Kilometer lang. Diesmal ging es mit Kumpel Karl-Heinz Teike (64) von Castrop-Rauxel nach Koblenz – 450 Kilometer in sieben Tagen.

Der Anstieg zur Burg Altena hatte Norbert Keymer vor mehr als 60 Jahren schon einmal bewältigt. Damals aber mit einem dreigängigen Rad. © Norbert Keymer
Die Strecke zum Start des Lahntal-Radwegs führte die zwei Radreisenden durch das Sauerland. Für Keymer beinahe ein Déjà-vu: der Anstieg zur ältesten Jugendherberge Deutschlands an der Burg Altena. „Vor über 60 Jahren hab ich hier schon Quartier bezogen“, erzählt Norbert Keymer. Damals war er nicht motorisiert den Berg rauf gefahren. Er hatte damals ein Rad mit Dreigang-Schaltung...
Für den passionierten Radfahrer ist es wichtig auf seinen Touren auch etwas zu sehen. „Ich suche mir Ziele, wo ich auch verweile“, sagt er. „Wichtig ist, dass das Ziel der Tour ein bisschen glänzt.“
Aber auch zwischendurch passiert es Keymer oft, dass er einfach stoppt, seine Kamera aus der Lenkertasche holt und kurz innehält. Mit dem E-Bike sei das nun schwieriger. Wo er sonst mit 15 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit rechnen konnte, sei er nun schneller unterwegs. Eine Blindschleiche am Wegesrand übersehe man da schon mal. „Aber mein Kumpel ist meine Lupe“, sagt er.
Arbeitsteilung, Navigation und Windschatten
Während der 78-Jährige die Navigation übernimmt und Windschatten spendet, fährt der 64-Jährige hinterher und hat so eher die Chance, Details wie seltene Tiere zu erspähen.
Entlang des Lahntal-Radwegs konnten die Radreisenden dem Fluss Tag für Tag beim Wachsen zusehen. Zuerst ein kleines Rinnsal, später ein schiffbares Gewässer – Norbert Keymer ist beeindruckt. Und er sagt: „Solche Touren sind immer anstrengend, aber sie waren und sind Gesundbrunnen, nicht allein körperlich, sondern auch seelisch.“
Obwohl das elektrifizierte Rad Vorteile mit sich bringt, sieht Norbert Keymer auch klare Schwächen. Seine alten Satteltaschen beispielsweise passten nicht an das neue Rad. Also mussten neue Taschen her, und die seien bepackt „sauschwer“. Sowas müsse man bei Radreisen bedenken.

Die letzte Etappe der Tour führte die Radreisenden an die Flussmündung der Lahn. © Norbert Keymer
Das Thema Gewicht sei eh so eine Sache: Ein E-Bike mitsamt Gepäck kann schnell 40 Kilo wiegen. „Man sollte vorher Probefahrten machen“, rät der 78-Jährige. So könne man ausprobieren, wie lange der Akku hält, wie man am besten packt, ohne dass der Schwerpunkt des Rads sich ungünstig verändert.
Eine schwere Lenkertasche ist nach Keymers Einschätzung ein großes Risiko. Er packt nur Kleinigkeiten wie Geldbörse, Kamera und Handy in die vordere Tasche.
Nachteil: Akku und Ladestation müssen mit
Ein weiterer Nachteil sei das zusätzliche Gepäck. Denn eine Ladestation für den E-Bike-Akku muss natürlich mit. „Die ist etwa so groß wie eine Butterbrotdose“, sagt Keymer. In den Satteltaschen muss außerdem noch Platz für den Akku selbst sein.
Denn den nimmt Keymer am Ende einer Tagestour mit aufs Hotelzimmer. Nach seiner Erfahrung haben viele Hotels noch keine guten Auflademöglichkeiten, wo die Fahrräder abgestellt sind. Den Ausbau des Akkus sollte man dafür vorher üben, rät der 78-Jährige. Auch das könne manchmal ganz schön knifflig sein.

Die Karte zeigt die Route mit Etappen und Zwischenstopps. Zurück von Koblenz nach Castrop-Rauxel sind die zwei Radreisenden mit dem Zug gefahren. © Heuser, Lydia
Ein Vorteil hat ihn dann aber doch sehr überrascht: der Sattel. Der standardmäßig verbaute Gelsattel passt Norbert Keymer so gut, dass er auf eine gepolsterte Radhose verzichten kann, selbst bei einer siebentägigen Radreise. Ein Teil weniger, das er zusätzlich einpacken muss.
Unverzichtbar sei ein Satz Regenklamotten. „Den habe ich immer dabei. Verpackt in einer separaten Plastiktüte.“ Für die Tour nach Koblenz musste Norbert Keymer die Regenklamotten aber kein einziges Mal überstreifen.
Siebentägige Radreise zum Nachfahren
- Wer die Tour von Castrop-Rauxel nach Koblenz nachfahren möchte, dem stellt Norbert Keymer die GPX-Daten zu Verfügung. Die lassen sich dann einfach auf ein Navigationsgerät spielen.
- Bei Interesse schreiben Sie gerne eine Mail an lydia.heuser@lensingmedia.de, Stichwort „Radreise nach Koblenz“. Den Kontakt vermitteln wir weiter. (Die Redaktion übernimmt keine Haftung für die Tour. Wir stellen lediglich den Kontakt zum Ersteller der Route her.)
Geboren und aufgewachsen im Bergischen Land, fürs Studium ins Rheinland gezogen und schließlich das Ruhrgebiet lieben gelernt. Meine ersten journalistischen Schritte ging ich beim Remscheider General-Anzeiger als junge Studentin. Meine Wahlheimat Ruhrgebiet habe ich als freie Mitarbeiterin der WAZ schätzen gelernt. Das Ruhrgebiet erkunde ich am liebsten mit dem Rennrad oder als Reporterin.
