Bert Wagener (l.), hier mit Grünen-Fraktionskollege Uli Werkle, spricht im Interview über Corona-Skepsis und gespaltene Rückmeldungen aus der Parteibasis.

© Tobias Weckenbrock

Grünen-Politiker Wagener: Reaktionen auf Henke-Rauswurf waren gespalten

rnIm Interview

Was nun, Herr Wagener? Vor der Umweltausschuss-Sitzung am Dienstag sprachen wir mit dem Fraktions-Chef der Castrop-Rauxeler Grünen über die 3G-Verweigerung, Notburga Henke und wie es weiter geht.

Castrop-Rauxel (CAR)

, 17.11.2021, 20:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Bert Wagener ist Vorsitzender der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Castrop-Rauxeler Rat. Er ist auch Mitglied im Umweltausschuss, den die ehemalige Fraktionskollegin Notburga Henke am Dienstag (16.11.) erstmals nicht leitete. Die Grünen warfen sie am Wochenende zuvor aus ihrer Fraktion, nachdem Henke entschieden hatte, anwaltlich gegen die 3G-Nachweispflicht für politische Sitzungen vorzugehen. Danach gingen offenbar viele Mails bei Wagener ein, wie er im Interview mit unserer Redaktion verriet. Wir sprachen über Corona-Skepsis, das Feedback und den jungen Nachwuchs, der nun an die Spitze der Bewegung soll.

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Herr Wagener, Sie haben die Henke-Geschichte hautnah miterlebt und am Wochenende in der Fraktion entschieden: Die werfen wir raus. War das zu spät?

Nein, das war nicht zu spät. Ich glaube, wir halten zusammen. Wichtig ist uns die gesamte Fraktion, Frau Henke hat mich als Vorsitzenden ja auch mitgewählt. Wir haben versucht, einen ordnungsgemäßen Verlauf der Fraktion und Entscheidungen sicherzustellen, und das war gut so. Wir diskutieren und akzeptieren auch abweichende Haltungen. Erst jetzt, wo klar wurde, dass ein Arbeiten in der Fraktion nicht mehr möglich ist, haben wir keine andere Möglichkeit gesehen, als die Reißleine zu ziehen.

Sie sagen „keine andere Möglichkeit“. Also hätten Sie sie gern noch weiter im Team gehabt?

Frau Henke steht mit beiden Beinen im Leben, ist gut geerdet und gut vernetzt. Was sie auszeichnet, ist ihre Beharrlichkeit und Geradlinigkeit. Das ist genau das, was ihr hier die Beine gebrochen hat. Mit der Beharrlichkeit in der Corona-Thematik war eine sehr starke Fokussierung da. Die Themen, die uns alle beschäftigen, sprich Digitalisierung, Klimawandel, Hochwasser-Ereignisse, sind dadurch ein stückweit in den Hintergrund getreten. Sie sind uns aber so wichtig, dass wir entschieden haben: Wir müssen leider ohne Frau Henke weitergehen.

Meinen Sie, das könnte den Grünen einen Vertrauensverlust in der Stadtgesellschaft bringen? Sie wird ja wohl Parteimitglied bleiben und will an ihrem Mandat festhalten.

Erst einmal glaube ich, dass Frau Henke keine Corona-Verweigerin ist. Sie hinterfragt bestimmte Maßnahmen. Das muss man trennen. Sie akzeptiert Corona, weiß, dass es gefährlich ist. Nur Maßnahmen, die abgeleitet werden, die stellt sie infrage. Mich haben genauso viele E-Mails erreicht, die sagen: Naja, ihr seid ja eine so diverse Partei, ihr müsst auch andere Meinungen aushalten. Wir sind ein wenig eingezwängt zwischen jenen und denen, die sagen: Bravo, genau das richtige Signal, sie auszuschließen.

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Was war denn ausschlaggebend? Der Druck aus Stadtverwaltung, von anderen Fraktionen, vom Koalitionspartner?

Herr Weckenbrock, das habe ich gerade schon gesagt: Die Arbeitsfähigkeit der Fraktion steht an vorderster Stelle, und die war nicht mehr gegeben. Wir haben die letzten Wochen nur noch mit dem Thema Corona, Testungen und Teilnahme an Sitzungen zugebracht. Wir sind im Augenblick nicht in der Lage, unsere Sachthemen so zu bearbeiten, wie wir möchten.

Und ab heute geht das wieder?

Ich denke, das geht so direkt nicht, weil das noch nachwirkt. Aber zumindest haben wir ein Signal gesendet und hoffen, dass wir nach einer bestimmten Ordnungsphase wieder zu unserem Tagesbetrieb zurückkehren können.

Und dann schicken Sie die jungen Leute nach vorne? Timo Eismann, Jahrgang 2001, ganz frisches und junges Ratsmitglied, wird den Umweltausschuss künftig leiten...