
© Matthias Langrock
3G-Verweigerinnen verlieren vor Gericht und verzichten auf Ausschuss
Corona-Regeln
Am Ende eines spannenden Tages für die Castrop-Rauxeler Kommunalpolitik sind zwei 3G-Verweigerinnen mit dem Versuch gescheitert, vor Gericht die Teilnahme an einer Ausschuss-Sitzung zu erstreiten.
Seit 2.02 Uhr am Dienstagmorgen (16.11.) war klar: Dieser Tag könnte ein besonderer für die Castrop-Rauxeler Kommunalpolitik sein. Da erreichte unsere Redaktion per Mail die Bestätigung des Rechtsanwalts Markus Haintz, dass sich die beiden Kommunalpolitikerinnen Notburga Henke und Leonore Schröder die Teilnahme an der Sitzung des Umweltausschusses um 17 Uhr gerichtlich erstreiten wollten.
Gerichtlich deshalb, weil beide entgegen der bestehenden Regeln nicht bereit waren, einen 3G-Nachweis darüber vorzulegen, dass sie gegen das Coronavirus vollständig geimpft, von einer Corona-Infektion genesen oder negativ auf eine Corona-Infektion getestet sind.
Die Begründung der 3G-Verweigerinnen: Vor dem Gesetz seien alle Menschen gleich, deswegen dürften sie nicht schlechter gestellt werden als andere Politiker, die einen 3G-Nachweis vorlegten.
Chancen galten als gering
Schon im Vorfeld galten die Chancen Notburgas Henkes und Leonore Schröders als gering. Vor allem hatte das höchste nordrhein-westfälische Verwaltungsgericht, das Oberverwaltungsgericht (OVG) mit Sitz in Münster, Ende September in einem Verfahren die 3G-Nachweis-Pflicht auch für Politiker für rechtens befunden.
In diesem Sinne entschied Dienstagmittag das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen. Es berief sich zum einen auf das OVG, zum anderen auf die aktuelle Coronaschutzverordnung und verwies drittens darauf, dass seit einigen Tagen wieder die Möglichkeit zu kostenlosen Tests besteht. Damit wären Notburga Henke und Leonore Schröder nicht einmal Kosten entstanden.
Endgültig entschieden war die Sache mit dem VG-Beschluss zwar noch nicht, auf eine mögliche Beschwerde beim OVG verzichteten Henke und Schröder aber und erschienen auch nicht zu der Ausschusssitzung.
Massive Kritik des Henke-Anwalts an Gerichtsentscheidung
Auf Anfrage unserer Redaktion kritisierte ihr Anwalt Haintz die Entscheidung des Verwaltungsgerichts massiv. Man habe dem Gericht „die Möglichkeit gegeben, sich mit den Fakten auseinanderzusetzen, zahlreiche Anhaltspunkte und Hinweise dargelegt, weshalb die Maßnahmen weder logisch, noch geeignet sind, Infektionen zu verhindern oder allgemein ein Infektionsrisiko zu senken und einen Appell an das Gericht gerichtet, evidenzbasiert zu urteilen“.
Das Gericht sei aber auf diese Argumente gar nicht eingegangen. Haintz erklärte zudem, die Begründung des Gerichtsbeschlusses „muss die Vermutung nahe legen, dass das VG unseren Antrag nicht gelesen hat“.
In Vertretung Notburga Henkes leitete Jonas Ehm (CDU) die Ausschuss-Sitzung. Zuvor hatte Henke schriftlich erklärt, auch offiziell den Ausschuss-Vorsitz niederzulegen. Rats-Mitglied will sie bleiben, aber nicht mehr als Teil der Grünen-Fraktion.
Ehm nutzte die Eröffnung der Ausschuss-Sitzung zu deutlicher Kritik am Verhalten Henkes. „Wir als Politiker haben eine Vorbildfunktion“, sagte er. Er selbst sei ein großer Impffreund, und das Verhalten von Frau Henke sei „sehr unförderlich“, das Impfen in der Bevölkerung voranzubringen. „Ich möchte meine Missbilligung kundtun“, sagte Ehm wörtlich. Im Gespräch mit unserer Redaktion ergänzte er, Henkes Verhalten sei „hochnotpeinlich“.
Umweltausschuss wäre geplatzt
Fest stand wohl schon vor der Sitzung: Wäre der gerichtliche Eil-Beschluss durchgekommen, hätten die Sitzungsteilnehmer den Umweltausschuss platzen lassen. Das sagte SPD-Fraktionschef Daniel Molloisch kurz vor dem Start im Interview mit unserer Redaktion: „Wir hätten uns nicht vorführen lassen und ein klares Zeichen gesetzt: Alle Mitglieder des Ausschusses hätten die Sitzung verlassen, ein Mitglied hätte dann die Beschlussfähigkeit infrage gestellt. Dazu hatten wir uns mit den anderen Fraktionen im Vorfeld abgesprochen.“
Mit Henke könne man nicht mehr zusammenarbeiten, sagte Molloisch, das persönliche Verhältnis sei belastet. Die rot-grüne Rats-Koalition sei aber nicht in Gefahr: „Wir haben auch ohne Frau Henke weiterhin die Ratsmehrheit, es wird keine Auswirkungen haben. Aber es war ein Erdbeben. Hätte Frau Henke kein Signal aus der Fraktion bekommen, wäre die Koalition sicher in Gefahr gewesen.“
„Müssen den Weg leider ohne Frau Henke gehen“
Bert Wagener, Fraktionschef der Grünen, sagte im Interview, Notburga Henke sei eine Frau, die gut geerdet und vernetzt sei, Beharrlichkeit und Geradlinigkeit zeichne sie aus. Aber das habe ihr nun zum Thema Corona die Beine gebrochen. „Die anderen Themen sind in den Hintergrund getreten, darum haben wir entschieden: Wir müssen den Weg leider ohne Frau Henke gehen.“
Als Journalist arbeite ich seit mehr als 25 Jahren. Im Kreis Unna bin ich dagegen noch recht neu, aber voller Neugier auf Menschen, Städte und Gemeinden. Schreiben habe ich gelernt, komme aber viel zu selten dazu. Dafür stehe ich gerne mal vor der Kamera.

Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
