Ob Henrichenburger, Mengeder oder Waltroper: Sie alle ächzen über den Verkehr. Lawinen von Blech rollen über die Autobahnen, Bundes- und Landstraßen im Städtedreieck. Der geplante Neubau der Bundesstraße B474n soll für Henrichenburg und Waltrop eine Entlastung bringen.
Familie Seifert lebt in der Mengeder Heide, nahe an der Stadtgrenze zu Castrop-Rauxel und unmittelbar am Autobahnkreuz Dortmund-Nordwest. Sie sind gegen den Neubau, fürchten weiteren Lärm und Gesundheitsbelastungen – zusätzlich zu den fast 100.000 Fahrzeugen, die jetzt schon vor ihrer Haustür über die Autobahn 2 rauschen.
100.000 Autos? Kann das sein? Das wären 4177 Fahrzeuge stündlich, 69,4 pro Minute oder auch: 1,2 Autos je Sekunde. Diese Rechnung hat Leser Klaus Konter aufgemacht. „Also bitte versuchen Sie demnächst, die Ihnen vorgelegten Zahlen zu hinterfragen“, schreibt er an unsere Redaktion.
Messdaten von Bund und Land
Die Zahlen sind weder angefragt, noch vorgelegt oder aus der Luft gegriffen. Basis ist im konkreten Fall die „Verkehrsstärkenkarte“ des NRW-Verkehrsministeriums aus dem Jahr 2019. Sie weist für den Abschnitt der Autobahn 2 zwischen den Anschlussstellen Dortmund-Mengede und Dortmund-Nordost exakt 99.109 Kraftfahrzeuge aus.
Für den 1,5 Kilometer langen Abschnitt zwischen dem Autobahnkreuz Dortmund-Nordwest und der Anschlussstelle Mengede liegen keine eigenen Messdaten oder Zählergebnisse vor.
Zum Vergleich: Die Bundesanstalt für Straßenwesen weist im gleichen Abschnitt für die automatische „Dauerzählstelle Waltrop-Brambauer“ an der A2 für das Jahr 2021 88.857 Fahrzeuge täglich aus, davon 21,6 Prozent Schwerverkehr. Das sind immer noch 1,03 Autos und Lastwagen pro Sekunde im 24-stündigen Mittel. So unvorstellbar die Frequenz auch klingt: Die A2 ist im genannten Bereich immerhin sechsstreifig ausgebaut.

Andrea und Heinz Seifert befürchten weitere 30.000 Fahrzeuge auf Sichtweite zu ihrem Garten durch den Neubau der B474n. Nicht ohne Grund: Das Verkehrsgutachten, das der Bauleitplanung zugrunde liegt, weist für den südlichen Abschnitt der B474n 31.300 Fahrzeuge täglich aus.
Mehr Verkehr befürchten auch die Ickerner. Das Verkehrsgutachten rechnet mit täglich 2500 Fahrzeugen mehr, die von der B474n über die Leveringhauser Straße in den Norden Ickerns fahren.
Leser Klaus Konter verweist ferner auf die Entlastungen der B235 in Henrichenburg, wenn die Verlängerung der A45 gebaut wird. Den seit vielen Jahren starken Verkehr in Henrichenburg beklagt auch Leser P. Schmidt in einer E-Mail. „Von Henrichenburg Mitte bis zum Baumarkt Hornbach an der Stadtgrenze zu Datteln brauche ich ohne Stau fünf Minuten, im Stau (morgens und ab circa 16 Uhr) 20 Minuten“, schreibt er.

Der Henrichenburger verweist auf Lärm und Schadstoffausstoß. „Die B474n würde für die betroffenen Bereiche, deren Anwohner und auch für die täglich im Stau Stehenden eine Steigerung der Lebensqualität bedeuten.“
Laut Verkehrsstärkenkarte des NRW-Verkehrsministeriums fuhren 2019 19.051 Fahrzeuge täglich über die B235 unmittelbar nördlich der Anschlussstelle zur A2. Südlich davon, in Ortskern von Henrichenburg, wurden 14.767 Fahrzeuge gezählt.
Laut Verkehrsgutachten würde der Verkehr auf der B235 im Jahr 2030 ohne den Bau der B474n auf 24.800 Fahrzeuge an der Anschlussstelle A2 und im Zentrum von Henrichenburg auf 15.600 Autos und Lastwagen anwachsen. Dieser „Prognose-Null-Fall“ ist die Grundlage, auf der die Gutachter die Auswirkungen des Baus der B474n berechnen.
Mit der neuen Bundesstraße würden 2700 Fahrzeuge weniger täglich über die B235 unmittelbar nördlich der A2 unterwegs sein, in Henrichenburg-Mitte 900 weniger. Grundlage für diesen „Prognose-Mit-Fall“ im Verkehrsgutachten ist der Bau des Industriegebiets „NewPark“ im Norden von Datteln. Netto würden demnach trotz B474n mehr Autos über die B235 fahren als noch 2019.
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