Pfarrer Winfried Grohsmann bei seiner letzten Messe in St. Lambertus.

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Abschied von Pfarrer Winfried Grohsmann: „Gott ist größer als jede Religion“

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Mit einem Hochamt in der Lambertus-Kirche hat Pfarrer Winfried Grohsmann seinen Abschied von Castrop-Rauxel genommen. Am Ende gab es lang anhaltenden Applaus.

Castrop-Rauxel

, 26.09.2021, 15:13 Uhr / Lesedauer: 2 min

Es dürfte eine Messe ganz nach seinem Geschmack gewesen sein: In einer (unter Corona-Bedingungen) vollbesetzten Lambertus-Kirche, mit Orgel-, Blasmusik und Gesang von der Empore und mit vielen warmen Worten langjähriger Wegbleiter hat Winfried Grohsmann am Sonntag (26.9.) Abschied von seinem Pastoralverbund Castrop-Rauxel-Süd genommen.

Winfried Grohsmann war 16 Jahre lang Pfarrer des Pastroralverbunds Castrop-Rauxel Süd. Zuvor war er bereits 9 Jahre lang als Pfarradministrator der Gemeinde Herz-Jesu tätig gewesen. Ein Vierteljahrhundert lang war Grohsmann also einer der wichtigsten Repräsentanten der Katholischen Kirche in der Europastadt.

Unter Corona-Bedingungen voll besetzt waren am Sonntag die Kirchenbänke in St. Lambertus.

Unter Corona-Bedingungen voll besetzt waren am Sonntag die Kirchenbänke in St. Lambertus. © Volker Engel

Wohl keine Besucherin, kein Besucher der Messe erlebte Winfried Grohsmann am Sonntag zum ersten Mal. Und wenn doch jemand Grohsmann-Neuling gewesen sein sollte: In seinem letzten Hochamt als Castrop-Rauxeler Pfarrer gab sich Grohsmann genau so, wie man ihn sonst auch erleben konnte.

Immens politische Predigt

Seine Predigt, sie war immens politisch – nicht zu verwechseln mit parteipolitisch. Grohsmann ging es ums wirklich große Ganze. Gespickt mit Sätzen, die nicht jedem Gläubigen gefallen dürften, ganz gewiss nicht jedem Kirchenoberen.

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Pastor Grohsmann verabschiedet

Am Sonntag (26.9) wurde Winfried Grohsmann verabschiedet. An der Feier in der Lambertuskirche nahmen viele Wegbegleiter teil.
26.09.2021

Just am Vortag habe er zum allerersten Mal eine ökumenische Taufe gefeiert, berichtete er den Gläubigen. Doch eigentlich gebe es gar keine ökumenische Taufe, sondern „es gibt nur die eine Heilige Taufe. Taufe ist Taufe“.

Und Grohsmann setzte noch einen drauf, indem er fragte: „Wenn man immer nur das tut, was erlaubt ist, auch wenn es den Menschen nicht gut tut: Was ist denn dann noch der Mensch?“ Den Zuhörern erklärte er: „Im Letzten muss jeder vor sich selbst bestehen. Und dann vor Gott. Und dazwischen liegt nichts.“

„Es gibt keine Exklusiv-Rechte auf Gott“

Jeder habe das Recht auf seinen Glauben – auch das machte Winfried Grohsmann klar. „Gott ist größer als jede Religion“, sagte er und fügte hinzu: „Es gibt keine Exklusiv-Rechte auf Gott und ich kann mir nicht vorstellen, dass das ein Glaube wäre, der uns wirklich trägt.“ Oder, um es so zu formulieren, wie es Grohsmann in seinem Abschiedsbrief im Gemeindeleben selbst tut: „Eine Kirche, die den Menschen nicht dient, ist zu nichts nütze.“

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In seiner Dankesrede erinnerte Meinolf Kopshoff vom Gemeinderat an die 25 Jahre, die Grohsmann in Castrop-Rauxel verbracht hat und betonte das soziale Element in Grohsmanns Wirken, stellte heraus, wie wichtig Kinder im Wirken des Pfarrers waren, dass er einen Blick für Arme hatte – und bedauerte, dass man es nicht mehr geschafft habe, gemeinsam den Neubau des Marcel-Callo-Hauses einzuweihen.

Pfarrer Winfried Grohsmann bei seiner letzten Messe in St. Lambertus.

Pfarrer Winfried Grohsmann bei seiner letzten Messe in St. Lambertus. © Volker Engel

Und auch Meinolf Kopshoff betonte die Bedeutung des Ökumenischen für Grohsmann: „Es ging Ihnen weniger um die Zahl der Katholiken, sondern um alle Menschen, die hier in Castrop-Rauxel leben.“

Gelöst-erfreuter Grohsmann

Zum Dank gab es gleich zweimal langanhaltende Ovationen der Besucher in St. Lambertus und einen gelöst-erfreuten Grohsmann, der sich mit den Worten „Ich lebe ja noch“ bedankte.

Sein Nachfolger als Leiter des Pastoralverbundes wird der 55-jährige Christoph Gundermann, der zuletzt Pfarrer eines Pastoralverbundes im Sauerland war und gebürtig aus Lünen stammt. Er soll am 24. Oktober in sein Amt eingeführt werden.

Im Anschluss an den Gottesdienst gab es einen Empfang auf dem Lambertusplatz. Hier verabschiedete sich die Gemeinde bei Suppe und Getränken von ihrem langjährigen Pfarrer.

Im Anschluss an den Gottesdienst gab es einen Empfang auf dem Lambertusplatz. Hier verabschiedete sich die Gemeinde bei Suppe und Getränken von ihrem langjährigen Pfarrer. © Volker Engel

Winfried Grohsmann wechselt nun als Gefängnispfarrer in die Justizvollzugsanstalt in Werl. Und welches Zitat dort an seinem Arbeitsplatz hängen wird, verriet er den Gläubigen am Sonntag bereits. Und zwar eines von Heinz Erhardt: „Das Leben kommt auf alle Fälle aus einer Zelle, doch manchmal endet’s auch – bei Strolchen – in einer solchen.“