
© Tobias Weckenbrock
Grohsmannssüchtig oder immer da und voller Empathie: Ein Abschied mit Zauber
Meinung
Pfarrer Winfried Grohsmann verlässt Castrop-Rauxel. Das ist für gläubige Katholiken vermutlich die Knaller-Nachricht zum Wochenende. Doch wer geht da? Und wie wird es ohne ihn? Ein Kommentar.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Das schrieb Hermann Hesse 1941 in einem seiner bekanntesten von 1400 Gedichten. Stufen heißt es. Eine Stufe weiter geht es für Winfried Grohsmann. Er verlässt Castrop-Rauxel nach 25 Jahren. Zehn Jahre war er Pfarrer in Herz-Jesu in Rauxel. Seit 15 Jahren ist der Pfarrer in St. Lambertus, der Altstadt-Gemeinde, und Leiter des Pastoralverbundes Süd mit seinen sechs Kirchen.
Wohin es für Grohsmann geht, ob eine Stufe rauf, runter oder nur einen Schritt weiter, ist noch nicht klar. Einige haben ihn schon mal zum neuen Weihbischof erklärt. Dazu sagt er, dass ihm Bischofsstab und Mitra ganz sicher nicht stünden. Andere wollen gehört haben, dass er in den Wallfahrtsort Werl wechselt. „Vielleicht haben sie zur Kenntnis genommen, dass ich immer gern das Ave Maria bete“, sagte er Freitag mit einem Lachen.
Es ist im Moment egal, wohin er wechselt. Fest steht, dass er geht. Das hat er in den Pfarrnachrichten „Gemeindeleben“ selbst niedergeschrieben. Und vergangene Woche erfuhren es schon die Mitarbeiter der Gemeinden.
„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben“, schrieb Hesse. Es trifft sowohl für Grohsmann persönlich zu, der sich genau das für sein weiteres Leben wünscht, als auch für die große Pfarrei in Castrop-Rauxels Süden.
Sie steht vor einem großen Wechsel. Denn das Zusammenwachsen des Verbundes, der seit 2000 besteht, lag vor allem in den Händen von Grohsmann. Ob es ihm gut gelang, zu verbinden, oder nicht, muss jeder für sich beurteilen. Fest steht, dass Winfried Grohsmann das Vertrauen vieler Menschen genoss, weil er ihnen zugewandt ist. Weil er ein offenes Ohr hat. Weil es ihm gelingt, Empathie auszustrahlen in alle Generationen. Er erreicht in Kindergottesdiensten seine Adressaten, die Kleinsten, genauso gut und zugewandt wie die Trauernden bei Grabesreden, wenn alte und sehr alte Menschen sterben.
Obrigkeitshörig war er nie
Manch einer hielt ihn aber auch für einen „kleinen Fürsten“ von Castrop-Rauxel, grohsmannssüchtig, der sich in die Arbeit in der Lambertuskirche nicht hereinreden ließ und das prächtige Ornat liebt. Fest steht, dass er manchmal einfach machte, was er für richtig hielt, ohne sich allzu obrigkeitshörig zu gerieren. Das hatte er nie nötig, aber damit schaffte er auch einiges.
„Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten“, schrieb einst Hermann Hesse in „Stufen“. „An keinem wie an einer Heimat hängen. Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen. Er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten.“ Es wirkt wie ein Leitwort für diese Grohsmannsche Entscheidung. Es möge sowohl ihm als auch der Kirche unserer Stadt Glück bringen.
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
