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450 Gänse beim Dingebauer: Das Coronavirus ist auch ein Bauern-Problem
Gänsezeit
Die Corona-Krise wirkt sich wirtschaftlich in vielen Bereichen aus. Dass sie Bauern mit Gänsen betrifft, ist eine weitere Facette. Auch Hof Dingebauer in Castrop-Rauxel? Der hat so viele wie nie.
Ein Standbein von Ulrich Dingebauer ist die Gänsemast. So viele Tiere wie in diesem Jahr hatte der Landwirt noch nie auf seinem Castrop-Rauxeler Hof. Die Coronakrise könnte sich auf den Gänseverkauf auswirken. Aber wohl nicht auf seinen. „Ganz genau kann ich Ihnen das aber erst nach Weihnachten sagen“, so Dingebauer.
Hintergrund ist der Lockdown: Treffen von Familien zu Festessen an der langen Tafel gehören zu den Anlässen, bei denen sich das Coronavirus zuletzt offenbar besonders gern verbreitet hat. Die eigenen Eltern oder Großeltern anzustecken, ist für viele Menschen die größte Sorge. Finden da überhaupt Essen der Martins- oder der Weihnachtsgans statt?
„Im Moment ist alles im Lot“, sagt Ulrich Dingebauer auf Anfrage. Er hat in diesem Jahr etwa 450 Tiere auf drei Weideflächen untergebracht. Weit mehr als in den vergangenen Jahren: „Ich habe mehr, weil Neuland in Berlin viele Metzgereien hat. Ich bin der einzige größere Gänsehalter unter den Neuland-Bauern. 200 Tiere gehen also nach Berlin.“

Rund 200 seiner Tiere wird Uli Dingebauer nach Berlin schicken. © Weckenbrock
Die restlichen verkauft er an andere Neuland-Schlachtereien und an Endverbraucher. Im Hofladen an der Oststraße läuft der Direktvertrieb. „Wir schlachten diese Woche 70“, sagt Dingebauer, und vor Weihnachten dann um die 400 der Tiere, die sich zurzeit noch auf drei Wiesen in Deininghausen tummeln.
Gastronomie kauft keine Gänse
Probleme hätten andere Kollegen: „Es gibt einige Halter, die viel auf Gastronomie gesetzt haben“, erzählt Uli Dingebauer. Normalerweise sei das vorteilhaft: Einige Restaurants und Hotels nähmen jede Woche 10 oder 12 Tiere. „Die sind dann bis Weihnachten weg, man kann Woche für Woche ein paar schlachten, das ist praktisch“, so Dingebauer. Aber: Die Gastronomie nimmt dieses Jahr, zumindest im November, so gut wie nichts. Sie ist geschlossen.

Uli Dingebauer vermarktet Fleisch und Wurst von seinen Neuland-Schweinen, zum Teil im von seiner Frau betriebenen Hofladen. © Stephan Schuetze
„Dann hat man schnell das Problem, dass man sie anders verkaufen muss“, erklärt Dingebauer. Und wenn es vielen Bauern so geht, gibt es zu viele Gänse für den Markt. Aber: „Dafür macht vielleicht der eine oder andere privat dieses Jahr vielleicht eine Gans mehr, weil er sich zu Hause etwas gönnen möchte.“
Klar sei: Die Gänse, die bis Weihnachten nicht weg gingen, werde man schwer los. „Nur für kleines Geld“, sagt Dingebauer. Wenn bei ihm 50 übrig blieben, hätte sich die Gänsesaison für gelohnt. „Aber ich bin ganz optimistisch, wir haben normale Bestelleingänge“, so der Bio-Landwirt, obwohl St. Martin auf einem Mittwoch, nicht auf einem Wochenende liegt. „Dann geht mehr weg, mitten in der Woche macht keiner eine Gans.“
Laut der Zeitung „Tagesspiegel“ werden pro Jahr 5 Millionen Gänse in Deutschland gegessen. 650.000 Tiere stammen aus Deutschland, die meisten kommen aus Ungarn und Polen.
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
