
Im Signal Iduna Park brennt bei Heimspielen der BVB-U23 auch bei besten Licht- und Wetterverhältnissen das Flutlicht. © Thomas Bielefeld
Energie-Irrsinn im BVB-Stadion: Deshalb muss das Flutlicht trotz Sonnenscheins brennen
Borussia Dortmund
Der BVB muss bei Heimspielen der U23 in der 3. Liga das Flutlicht anschalten. Sogar bei bestem Sonnen-Wetter. Jetzt regt sich Widerstand. Das steckt hinter dem Energie-Irrsinn im Stadion.
Bei der Bilanzpressekonferenz von Borussia Dortmund thematisierte Hans-Joachim Watzke am vergangenen Freitag auch die aktuelle Energiekrise. Strom und Gas sind endliche Ressourcen, ihr Preis ist nicht erst seit dem Krieg in der Ukraine enorm gestiegen. Nachhaltigkeit steht hoch im Kurs. Der BVB habe daher alle seine Mitarbeiter sensibilisiert und zum Energiesparen ermuntert, betonte Watzke. Der Klub sucht überall nach Einsparpotenzialen. Dennoch wird das Fluchtlicht brennen, wenn Borussia Dortmunds U23 am kommenden Sonntag (13 Uhr) den SC Freiburg II im Signal Iduna Park empfängt. Und das trotz sommerlicher Temperaturen und hellsten Sonnenscheins. Gleichzeitig hat der DFB für das Wochenende den Aktionsspieltag für mehr Klimaschutz ausgerufen. Was geradezu grotesk wirkt, hat einen Hintergrund.
Flutlicht im BVB-Stadion muss ab dem Aufwärmen eingeschaltet sein
Denn die Medienrichtlinien des DFB für die 3. Liga besagen, dass „für einen professionellen sportlichen Spielbetrieb und eine hochwertige TV-Übertragung eine Spielfeldbeleuchtung erforderlich ist“ – diese beträgt mindestens 800 Lux. Die Spielfeldbeleuchtung muss bereits während des kompletten Aufwärmens und Einlaufens sowie mindestens bis zehn Minuten nach Abpfiff eingeschaltet sein. Weiter heißt es: „Die Entscheidung, ob der Einsatz der Spielfeldbeleuchtung für die TV-Produktion zwingend notwendig ist, trifft der Host-Broadcaster.“ Das ist in diesem Fall die Deutsche Telekom, die über ihren Streamingdienst „MagentaSport“ alle Spiele der 3. Liga überträgt.
Auf Anfrage der Ruhr Nachrichten bestätigt ein Sprecher von „MagentaSport, dass das Einschalten des Flutlichts grundsätzlich notwendig sei, um eine gleichbleibende professionelle Übertragungsqualität der TV-Bilder zu gewährleisten. Das gelte auch und in besonderem Maße für den Signal Iduna Park in Dortmund, da dessen hohe Tribünen große Schatten auf den Rasen werfen.
Deutscher-Fußball-Bund lässt Nachfrage unbeantwortet
„Die Klubs sind keinesfalls generell zum Einschalten des Flutlichts verpflichtet“, stellt der DFB auf Anfrage der Ruhr Nachrichten klar. „Für die Produktion des HD-Signals ist gleichmäßiges Licht für die Dauer der Partie Voraussetzung, daher wird vor jeder Begegnung vom Host-Broadcaster am jeweiligen Standort individuell geprüft, inwieweit zusätzliches Licht benötigt wird. Eine Entscheidung des Host-Broadcasters wird hierbei von sich verändernden Wetterbedingungen, aber auch vom Standort selbst beeinflusst“, schreibt der DFB in einer Stellungnahme.

Der BVB hat eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Signal Iduna Parks installiert. Diese produziert ein Vielfaches des Flutlichtverbrauchs, teil der Verein mit. © imago images/Hans Blossey
Auch am kommenden Sonntag wird also das Flutlicht beim BVB trotz Sonnenscheins brennen. Aber torpediert das nicht die Bemühungen des DFB, der sich mit seinem Aktionsspieltag parallel dazu für mehr Klimaschutz einsetzt? Der DFB lässt diese Nachfrage unbeantwortet. Er verweist lediglich auf eine allgemeine Pressemitteilung zum Thema. Darin heißt es: „Der DFB ist sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung und Vorbildfunktion bewusst. Mit dem Potenzial, Millionen von Menschen zu erreichen, sie zu sensibilisieren und zu mobilisieren, bietet sich hier eine große Chance, die wir gemeinsam mit den Amateur- und Profivereinen in den kommenden Jahren nutzen wollen. Mit vielen kleinen und kreativen Ideen kann jeder Fußballverein Umwelt, Klima und oftmals auch die Vereinskasse schonen – dafür wollen wir mit dem Aktionsspieltag Klimaschutz den Anstoß geben“, wird DFB-Präsident Bernd Neuendorf zitiert.
In der 3. Liga formiert sich Widerstand gegen die Regelung
Der Verband ist um Nachhaltigkeit bemüht. Die Praxis aber sieht anders aus – und das nicht nur in Dortmund. Doch nun regt sich Widerstand in der 3. Liga – erste Klubs widersetzen sich den Medienrichtlinien. Auf Anfrage teilt der MSV Duisburg mit: „Die Stadionprojektgesellschaft als Eigentümer der Schauinsland-Reisen-Arena wird künftig – brauchbare Licht- und Wetterbedingungen vorausgesetzt – das Flutlicht bei Tag-Spielen nicht mehr einschalten lassen.“
Auch beim VfL Osnabrück verfahren sie künftig ähnlich. Der VfL habe sich der Enkeltauglichkeit verschrieben, setze daher auch im ökologischen Sinne auf Nachhaltigkeit. „Konkret für den Standort Osnabrück können wir mitteilen, dass wir eine klare Haltung dazu haben und das Flutlicht grundsätzlich nicht automatisch bei Spielen, die tagsüber stattfinden, einschalten, sondern es generell ausgeschaltet ist und gehen auch mit dieser klaren Haltung in ein etwaiges Gespräch mit der jeweils verantwortlichen Person des Broadcasters am Spieltag vor Ort mit dem eindeutigen Ziel, dass das Flutlicht ausgeschaltet bleibt. Hier haben wir nicht nur die Kosten eines eingeschalteten Flutlichts im Hinterkopf, sondern die grundsätzliche Einsparung von Energie“, teilt der VfL auf Anfrage mit.
BVB senkt Beleuchtung bei U23-Heimspielen auf das Mindestmaß
Und auch RW Essen hat jüngst ein Zeichen gesetzt. Der Verein stehe zu dem Thema mit dem DFB, dem TV-Partner sowie mit dem städtischen Eigentümer und Betreiber des Stadions an der Hafenstraße hinsichtlich einer nachhaltigen Nutzung in Kontakt. „Am vergangenen Samstag, bei unserem Heimspiel gegen den FC Ingolstadt, war das Flutlicht übrigens nicht angeschaltet“, teilt RW Essen auf Anfrage mit.
Und auch der BVB wird reagieren, wird in puncto Flutlicht ab sofort nur noch das Mindestmaß an Beleuchtung erfüllen. Der Verein teilt hierzu mit: „Borussia Dortmund wird bei den Spielen der 3. Liga im Signal Iduna Park zukünftig die Leistung des Flutlichts auf 800 Lux absenken.“ Der BVB verstehe seine nachhaltige Entwicklung ganzheitlich, hierzu zähle auch die ökologische Verantwortung und die Wirtschaftlichkeit des eigenen Handelns. „So produziert die Photovoltaikanlage auf den Dächern des Signal Iduna Parks pro Kalenderjahr ein Vielfaches des Flutlichtverbrauchs“, schreibt der BVB.
DFB und MagentaSport signalisieren Gesprächsbereitschaft
MagentaSport, so teilt dessen Sprecher mit, wolle die Umsetzung der Medienrichtlinien im Einzelfall bewerten und mit den Vereinen ins Gespräch gehen. Und der DFB? Er teilt mit, er sehe beim Thema Klimaschutz Handlungsbedarf und wolle die eigenen Klimaschutz-Aktivitäten im Spielbetrieb kontinuierlich ausbauen. Daher wird am Sonntag in der 3. Liga wie auch schon in der ersten Runde des DFB-Pokals und in der Frauen-Bundesliga der Aktionsspieltag für mehr Klimaschutz durchgeführt. Sämtliche Partien werden unter anderem eine Minute später angepfiffen, um in dieser Zeit per Durchsage auf das Thema aufmerksam zu machen.
Eine symbolische Geste. Aber was ist mit dem Flutlicht? Auf Anfrage schreibt der DFB dazu: „Mit Blick auf die Nutzung von Flutlicht bei Spielen am Nachmittag wird aktuell geprüft, ob zukünftig auch hier weitere Einsparpotenziale vorliegen, beispielsweise durch eine Verringerung der Nutzungsdauer oder ähnlichen Maßnahmen.“ Im Sinne eines ernst gemeinten Umweltschutzes darf man vor allem auf eines hoffen: Dass den Entscheidern ein Licht aufgeht.
Cedric Gebhardt, Jahrgang 1985, hat Germanistik und Politikwissenschaft an der Ruhr-Uni Bochum studiert. Lebt aber lieber nach dem Motto: „Probieren geht über Studieren.“ Interessiert sich für Sport – und insbesondere die Menschen, die ihn betreiben. Liebt Wortspiele über alles und kann mit Worten definitiv besser jonglieren als mit dem Ball. Schickt deshalb gerne humorige Steilpässe in die Spitze.
