Wie willensstark dieser Spieler ist, wie groß sein Ehrgeiz, seinem Team unbedingt zu helfen, dafür lieferte schon der Start von Jude Bellingham bei Borussia Dortmund eindrucksvolle Belege. Im Corona-Frühjahr 2020 hatte auch der Profisport in England für drei Monate pausiert. Nach dem Re-Start im Juni zog die Championship, Englands zweite Liga, das Restprogramm der 46 Spiele umfassenden Meisterschafts-Saison innerhalb kürzester Zeit durch. Neun Partien in gut vier Wochen standen an, und als Bellingham danach die Koffer packte und nach Deutschland flog, hatte er – als 16-Jähriger – 41 Pflichtspiele in einer der härtesten Ligen Europas in den Knochen. Auf einen Urlaub verzichtete er dennoch. Acht Tage nach seinem letzten Spiel für Birmingham City trat Jude Bellingham seinen Dienst in Dortmund an.
Bellingham ist beim BVB immer gesetzt
Bis heute, knapp drei Jahre später, hat sich nichts daran geändert, dass Bellingham ein absoluter Vielspieler ist. Stand er in seiner ersten Saison im Schnitt 60,1 Minuten pro Partie auf dem Feld, stieg dieser Wert im Folgejahr auf 86,27 Minuten an. Auch in der aktuellen Saison sind es mehr als 85 Minuten im Schnitt.
Die Zahl an Pflichtspielen während der bislang zweieinhalb BVB-Jahre war immer gleichbleibend hoch. 46 Partien folgten auf seinen Wechsel in die deutsche Bundesliga, der ersten Saison schloss sich die auf 2021 verlegte EM 2020 an. Die Sommerpause danach fiel wieder sehr kurz aus. Und in der vergangenen Saison avancierte er zum BVB-Feldspieler mit den meisten Minuten (3796), wieder verteilt auf 44 Partien. Egal, wer als Trainer an der Seitenlinie stand, auf ihn mochte keiner in Dortmund verzichten. Das führt aktuell zu einem Problem, denn Jude Bellingham kämpft ganz offensichtlich mit gesundheitlichen Problemen.
Bellingham spielt seit Wochen mit einer Knie-Bandage
Genau definieren möchte der BVB nicht, was dafür sorgt, dass Bellingham seit einigen Partien mit einer Bandage am linken Knie spielt. „Er laboriert da seit Wochen herum, er lässt sich regelmäßig behandeln“, hat Sportdirektor Sebastian Kehl nach dem Derby auf Schalke nur erklärt. Trainer Edin Terzic sprach in der Pressekonferenz von einer vorsorglichen Maßnahme: „Die Bandage gibt ihm ein gutes Gefühl.“
Bei allem Bemühen (Kehl: „Er ackert, er macht und tut und will“) ist unverkennbar, dass Jude Bellingham aktuell nicht mit absoluter Fitness auf dem Rasen unterwegs ist. Von „ein, zwei Prozent“, die die Blessur an Leistungsfähigkeit kosten könne, sprach der Dortmunder Sportdirektor, vor allem nach verlorenen Zweikämpfen hat der Engländer Mühe, dem Ball hinterherzujagen. Das führte auf Schalke zum ersten Gegentor, auch am 2:2 war Bellingham zumindest mitbeteiligt, weil er Flankengeber Marius Bülter kaum störte. Der Datendienstleiter Deltatre zählte bereits den vierten Gegentreffer für den BVB nach einem Ballverlust des 19-Jährigen. Für Bellingham absolut untypisch.
Bleibt Jude Bellingham beim BVB?
Die Gemengelage um den werthaltigsten Spieler im Dortmunder Kader ist kompliziert. Die ungeklärte Zukunftsfrage spukt in Bellinghams Kopf herum. Dazu kommt die weiter hohe Belastung. Bellingham schont sich nie, weil er auch vom eigenen Selbstverständnis her ein Führungsspieler sein möchte.

Bis auf die Partie in Mainz zum Abschluss der Hinrunde, als er eine Gelbsperre absaß, und dem Heimspiel gegen Hertha vor drei Wochen stand Jude Bellingham in jedem Bundesliga-Spiel auf dem Rasen, fast immer über die volle Distanz. In der Champions League setzte er nur beim schon bedeutungslosen letzten Gruppenspiel in Kopenhagen aus. Das war kurz vor der WM, Bellingham hatte bis dato nur beim Pokalspiel in Hannover nicht über die kompletten 90 Minuten auf dem Platz gestanden.
Bellingham für den BVB und England unverzichtbar
Vielleicht, sinnierte Kehl, fehle Bellingham „einfach mal ein Tor, wie er es in der Hinrunde häufiger erzielt hat.“ Es sei vollkommen okay, „dass ein Spieler nicht permanent auf allerhöchstem Niveau spielt.“ Vielleicht aber fehlt Bellingham eher eine Erholungspause, die ihm aber weder Edin Terzic noch Englands Nationaltrainer Gareth Southgate verschaffen dürften. Denn Ende März beginnt für die Three Lions die EM-Qualifikation gleich mit dem Prestige-Duell in Italien, dann folgt das Heimspiel gegen die Ukraine. Spiele, in denen Jude Bellingham seinem Land unbedingt helfen möchte. Wenn sein Knie mitspielt.
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