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Revierderby gegen Schalke: Dahoud darf sich wieder beweisen beim BVB
Borussia Dortmund
Erstmals seit Ende November steht Mahmoud Dahoud bei Borussia Dortmund wieder in der Startelf. Diesmal erfüllt der Mittelfeldspieler die Erwartungen und erntet Lob.
Als in der vergangenen Woche durchsickerte, dass Borussia Dortmund beim Neustart der Bundesliga nach der Corona-Pause sein komplettes defensives Mittelfeld würde neu besetzen müssen, blühten die Spekulationen um Lucien Favres personelle Möglichkeiten. Vom Boulevard bekam sogleich Mario Götze eine neue Einsatzchance ins Stammbuch geschrieben, die wahrscheinliche Variante mit Julian Brandt neben Thomas Delaney hätte sich als Schlagzeile auch wohl nicht so gut verkauft. Diese platzte, als klar war, dass ein Startelf-Einsatz von Jadon Sancho wegen seiner Wadenprobleme ein zu großes Risiko darstellen würde.
Brandt rückte nach vorn, neben Delaney aber spielte nicht Götze. Dessen Befähigung für den Job als Achter stellt zwar niemand in Frage. Angesichts seines nahenden Abschieds aus Dortmund aber ist Götze schon lange keine ernsthafte Option mehr für seinen Trainer. Favre entschied sich stattdessen für einen Spieler, dem er immer die Stange gehalten hat: Mahmoud Dahoud.
BVB-Profi Mahmoud Dahoud - zwischen Genie und Wahnsinn
Beinahe ebenso oft, wie Favre ihm eine Chance gab, mussten Favre und der BVB danach daran zweifeln, dass es mit dem 24-jährigen Deutsch-Syrer noch etwas werden könnte in Dortmund. Dahouds unzweifelhaft vorhandenen großen technischen Qualitäten paarten sich in Stress-Situationen immer wieder mit unüberlegten und zu risikobehafteten Aktionen. Dahoud wollte zu viel, spielte zu verschnörkelt statt mit einfachen Bällen. Und er missachtete oder missinterpretierte schlicht die taktischen Vorgaben seines Trainers.
Das war auch bei seinem letzten Startelf-Einsatz der Fall, als ihn Favre vor heimischem Publikum gegen Aufsteiger Paderborn das Vertrauen schenkte. Ende November stand der Schweizer Trainer zur Pause vor dem Aus seiner Tätigkeit in Dortmund, der Aufsteiger führte mit 3:0. Eine Demütigung für die Borussia. Als Favre reagierte in der Halbzeit, war Dahoud eins der „Opfer“ seiner personell dringend angezeigten Korrekturen. Dortmund rettete sich in ein 3:3, das rettete Favre den Job. Danach war der 24-Jährige zumeist außen vor. Es gab es nur noch sporadische Chancen für Mahmoud Dahoud.
Gegen Schalke schlägt die Stunde von Dahoud beim BVB
Doch gegen Schalke schlug angesichts vor fünf nicht einsatzfähigen Stammspielern seine Stunde. Und man bekam einen Eindruck davon, wieso der BVB vor nun fast drei Jahren alles daran setzte, Dahoud aus Mönchengladbach nach Dortmund zu lotsen. „Er hatte Freiheiten, er durfte sich wie Delaney auch mit nach vorne einschalten“, erklärte Favre nach dem 4:0 und klang äußerst zufrieden mit seinem Schützling, über den er lange die schützende Hand gehalten hat. Endlich ging Favres Plan mit Dahoud auf. 80 Ballkontakte, 89 Prozent Passquote, 11,14 gelaufene Kilometer – allesamt gute Statistiken für Mahmoud Dahoud.
Vielleicht war es ausgerechnet die Tatsache, dass die Fans fehlten. Vielleicht ist Dahoud tatsächlich einer, dem die sterile Atmosphäre eines leeren Signal Iduna Parks entgegenkam. Keine Zuschauer, keine Kritiker. Jedenfalls keine, die ihren Unmut durch Rufen oder Raunen vernehmbar kundtun können.
Dahoud nutzte seine Chance beim BVB-Sieg gegen Schalke
Egal wie, Mahmoud Dahoud nutzte diese Chance. Seine tolle Direktabnahme, ein Schuss wie ein Strich aus 20 Metern, mit vollem Risiko und perfekter Schusstechnik (41.), war nur das sichtbarste Zeichen, dass sich der 24-Jährige diesmal auf dem Rasen sehr wohl fühlte. Nur der groß gewachsene Salif Sané, der sich mutig in den Schuss stellte und per Kopf klärte, stand da einem Traumtor Dahouds im Weg.
Ob dieses gelungene Spiel an seiner Gesamtsituation etwas ändern wird, muss abgewartet werden. Die Wahrscheinlichkeit ist eher gering. Dahoud wird wissen, dass es im Normalfall an Witsel kein Vorbeikommen geben wird. Dahoud wird sich fragen müssen, ob ihn sein Status als sporadischer Ergänzungsspieler zufriedenstellt. Bislang hat er allen Wechsel-Gerüchten getrotzt, er wurde nicht müde zu betonen, dass er sich in Dortmund durchbeißen wolle.
Die unklare Situation auf dem Transfermarkt nach einer Corona-Zwangspause der Bundesliga, die auf allen Ebenen viel verändert hat und noch verändern wird, könnte auch Dahouds Entscheidung in diesem Sommer beeinflussen. Sein BVB-Vertrag läuft noch bis 2022, das gibt ihm eine Sicherheit (und eine finanzielle Garantie), die er angesichts der ungewissen Situation am Markt kaum woanders bekommen könnte.
Dirk Krampe, Jahrgang 1965, war als Außenverteidiger ähnlich schnell wie Achraf Hakimi. Leider kamen seine Flanken nicht annähernd so präzise. Heute nicht mehr persönlich am Ball, dafür viel mit dem Crossbike unterwegs. Schreibt seit 1991 für Lensing Media, seit 2008 über Borussia Dortmund.
