Reus spielt groß auf - Ginter mit vielen Problemen
BVB-Einzelkritik
Hochdramatisch und maximal emotional: Der 4:3-Sieg des BVB gegen Werder Bremen am Samstag war beste Werbung für die Bundesliga. Die Mannschaft von Trainer Thomas Tuchel ging während der 90 Minuten durch Höhen und Tiefen, durfte sich am Ende aber über die direkte Champions-League-Qualifikation freuen. Vor allem, weil Marco Reus nachwies, dass er zum absoluten Führungsspieler gereift ist. Die Einzelkritik.
Marco Reus (l.) erzielt mit ganz viel Gefühl den Treffer zum 1:1.
Roman Bürki: Im neuen Trikot erinnerte der Keeper etwas an einen neonfarbenen Textmarker - und stand nicht nur deshalb von Anfang an im Blickpunkt. In der sechsten Minute haute er den Nachschuss von Zlatko Junuzovic mit allergrößtem Einsatz aus dem Gehäuse, doch die Torkamera bewies einwandfrei: Der Ball hatte vor Bürkis Kontakt längst mit vollem Durchmesser die Torlinie überquert. Beim zweiten Bremer Treffer durch Fin Bartels machtlos (46.). Auch an Max Kruses zwischenzeitlichem 3:2 für Bremen gab’s nicht mehr viel zu retten für den Schweizer, der immerhin noch die Finger an den Ball bekam (68.). Note: 3,0
Matthias Ginter: Der Innenverteidiger hatte unter der Woche mit muskulären Problemen zu kämpfen, musste allerdings spielen, weil Lukasz Piszczek verletzt ausfiel. Von Beginn an suchte er den Zugang in die Partie. Vor allem wenn Bremen schnell konterte, sah er häufig nur die Hacken seiner Gegner. Der gröbste Patzer unterlief ihm vor Kruses 3:2 (68.), als er viel zu weit aus der Dreierkette herausrückte, den Ball nicht bekam - und dadurch den Raum hinter sich komplett entblößte. Note: 5,0
Sokratis: Viel zu früh, als ihm lieb sein konnte, holte sich der Abwehrchef eine Verwarnung ab, als er Bartels unfair niederstreckte, um einen Konter zu verhindern. Es blieb nicht die einzige Szene, in der er nicht so stark und souverän wirkte wie man es von ihm kennt. Dass die BVB-Defensive bedenklich oft wackelte, lag auch an ihm. Note: 3,5
Marc Bartra: In seinem ersten Spiel seit dem Anschlag auf die BVB-Mannschaft, bei der er sich die Speiche gebrochen hatte, erwischte er einen echten Kaltstart. Der Spanier war gar nicht für die Startelf vorgesehen, musste aber einspringen, nachdem Marcel Schmelzer sich beim Aufwärmen verletzt hatte. Zuweilen merkte man ihm die Pause an, aber in mehreren Szenen war er der Retter in allerhöchster Not. Den emotionalen Gang vor die Südtribüne, der nicht nur ihn zu Tränen rührte, hatte er sich mehr als verdient. Note: 2,5
Erik Durm: Wie Ginter war auch er nicht topfit ins Spiel gegangen. Ein blockierter Wirbel hatte ihn unter der Woche matt gesetzt. Richtig rund lief es für ihn auch im Spiel nicht. Zwar konnte der Außenbahnspieler durch Flanken mehrmals Gefahr heraufbeschwören, defensiv aber war seine rechte Seite zuweilen löchrig. Er blieb zur zweiten Hälfte in der Kabine. Note: 4,0
Shinji Kagawa: Der japanische Fanliebling des BVB spielte zum Saisonfinale ganz groß auf und zeigte seine vielleicht stärkste Leistung in dieser Spielzeit. Er wirbelte über den Platz, spielte tolle Pässe - etwa vor dem 1:1 (32.) -, und war an nahezu allen gefährlichen Szenen seiner Elf beteiligt. Wenn er noch Bewerbungsmaterial für die Vertragsverlängerungsgespräche benötigt, sollte er sich bei diesem Spiel ausgiebig bedienen. Note: 1,5
Nuri Sahin: Wie erwartet war der Sechser als Vertreter des verletzten Julian Weigl in die Startelf gerückt - und er bewies in vielen Szenen auch, wie gut er die Position vor der Abwehr bei eigenem Ballbesitz ausfüllen kann. Seine Spieleröffnungen hatten Zug und führten wie beim 1:1 zu gefährlichen Szenen vor dem Werder-Tor. Das große Aber: In der Rückwärtsbewegung schwächelte der türkische Nationalspieler immer dann, wenn der Gegner in Kontersituationen mit Tempo losstürmte. Note: 3,5
Raphael Guerreiro: Auf der linken Außenbahn sollte der Portugiese sowohl offensiv als auch defensiv die Bremer in Schach halten. Das gelang ihm in Durchgang eins besser als sein Gegenüber Durm, weil er stärker ins Kombinationsspiel von Shinji Kagawa und Marco Reus eingebunden war. Nach der Pause und vor allem nach dem Rückstand drehte er auf und schlug viele Flanken. Nicht alle fanden ihren Abnehmer. Note: 3,0
Ousmane Dembele: Wenn man so will, dann waren diese 90 Minuten überwiegend ein Sinnbild für die Saisonleistung des hochtalentierten Franzosen. Enormer Glanz - etwa vor dem 2:1 durch Pierre-Emerick Aubameyang (42.) - wechselte sich mit Szenen ab, in denen man nur mit dem Kopf schütteln konnte, weil er sich einfach nicht vom Ball trennte. Auch die Gelbe Karte wegen Ballwegschlagens hat man von ihm nicht zum ersten Mal gesehen in diesem Jahr. Nichtsdestotrotz: Ihm gehört die Zukunft - und eigentlich auch schon die Gegenwart. Note: 3,5
Pierre-Emerick Aubameyang: Es ging um viel für den Stürmer und seine Mannschaft. Und zunächst schien es, als sei der Gabuner von der Last, Dritter und Torschützenkönig werden zu wollen, etwas gehemmt. Beste Chancen ließ er liegen, dann traf er doch zum 2:1 - und das äußerst artistisch (42.). In Durchgang zwei bewies er Größe, als er Marco Reus den Vortritt beim Elfmeter ließ, der zum 3:3 führte (74.). Die Belohnung folgte kurze Zeit später: Der zweite Strafstoß (89.) gehörte ihm. "Auba" traf zum Sieg, sicherte sich die Kanone und dem BVB Rang drei. Note: 2,0
Marco Reus: Wer noch einen Beweis dafür benötigt, die Führungsqualitäten des Dortmunder Vize-Kapitäns anzuerkennen, der bekam ihn gegen Bremen geliefert. Reus traf nicht nur zum wichtigen Ausgleich (32.), sondern erzielte auch per Elfmeter eiskalt das 3:3 (74.). Überraschend kam das nicht: Seine Körpersprache sagte alles, Reus wollte unbedingt gewinnen. Umso höher ist es zu bewerten, dass er Aubameyang den Strafstoß zum 4:3 überließ (89.). Große Leistung. Note: 1,0
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BVB-Spieler bejubeln die direkte Qualifikation für die Champions League
BVB-Spieler bejubeln die direkte Qualifikation für die Champions League.
Christian Pulisic (ab 46.): Zuletzt war der US-Amerikaner häufig nur als Joker ins Spiel gekommen, auch diesmal musste er zunächst auf der Bank Platz nehmen. Weil Durm aber zur Pause rausging, kam er dann doch mal zu etwas mehr Spielanteilen. Lange sah es so aus, als könnte er sich nicht zur Eigenwerbung nutzen, dann holte er den Elfmeter heraus, der zum 4:3 führte. Note: 3,0