Nach dem Anschlag auf den BVB-Teambus dauert die Suche nach den Tätern an. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) erklärte, die Bomben mit "enormer Sprengkraft" seien hochprofessionell gebaut gewesen. Dortmunds Trainer Thomas Tuchel zeigte sich am Donnerstag tief betroffen von den Geschehnissen.
Die Hintergründe des Anschlags auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund sind weiterhin unklar. Der Generalbundesanwalt in Karlsruhe geht von einem terroristischen Hintergrund aus. Zwingend sei dies allerdings nicht, sagte eine Sprecherin. Die Hoffnungen auf einen schnellen Ermittlungserfolg hatten sich am Donnerstag zerschlagen: Die beiden Männer, die als Tatverdächtige in den Fokus der Ermittler geraten waren - ein 26-jähriger Iraker aus Wuppertal sowie ein 28-jähriger Deutscher aus Fröndenberg - waren wohl nicht an dem Anschlag beteiligt. Alle Ereignisse der vergangenen Tage sowie Bilder und Videos haben wir in unserem Ticker zum Nachlesen gesammelt.
Die Bundesanwaltschaft räumte ein, keine Beweise gegen die Männer zu haben. Die Wohnungen beider Männern waren durchsucht worden. Dennoch wurde auf Antrag der Bundesanwaltschaft am Donnerstag Haftbefehl gegen einen der Verdächtigen erlassen: Dem 26-jährigen Iraker wirft sie die Mitgliedschaft in der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) vor.
Der Mann soll im Irak eine zehnköpfige Einheit angeführt und selbst gekämpft haben. Die Gruppe soll Entführungen, Verschleppungen, Erpressungen und auch Tötungen vorbereitet haben. Im März 2015 reiste er laut Bundesanwaltschaft in die Türkei, von wo er Anfang 2016 wieder nach Deutschland zurückkehrte und dann weiter Kontakt zu IS-Mitgliedern gehabt habe.
"Das nehmen wir sehr ernst"
Die Sprengsätze, die für den Anschlag verwendet wurden, waren nach Angaben von Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) hochprofessionell gebaut. „Die Sprengkraft war enorm“, sagte Jäger am Donnerstag in einer Sitzung des Innenausschusses im nordrhein-westfälischen Landtag. Es werde in alle Richtungen ermittelt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Täter gewaltbereite Fußballfans seien. Die Täter seien nicht gefasst und hätten weitere Anschläge angekündigt, sagte der Minister. „Das nehmen wir sehr ernst“. Landeskriminaldirektor Dieter Schürmann sagte: „Wir suchen nach mordbereiten Tätern“. Es werde auch nach Fingerabdrücken an den Sprengsätzen gesucht.
Laut NRW-Verfassungsschutz sind die drei identischen Bekennerschreiben, die am Tatort gefunden wurden, keiner einzelnen extremistischen Richtung zweifelsfrei zuzuordnen. Es werde in Richtung Links- und Rechtsextremismus sowie Islamismus ermittelt, sagte der Leiter des NRW-Verfassungsschutzes, Burkhard Freier. Mit Blick auf Islamismus sage er, es fehlten arabische Floskeln, auch seien die Forderungen am Ende des Textes untypisch für die Terrormiliz Islamischer Staat. „Der IS verhandelt nicht“, sagte Freier.
Kritik an schneller Neuansetzung
Der BVB war während des Anschlags, bei dem Verteidiger Marc Bartra (26) sowie ein Polizist verletzt wurden, auf dem Weg zum Champions-League-Heimspiel gegen die AS Monaco, das dann am Mittwochabend - keine 24 Stunden später - nachgeholt wurde. Die von der Tat geschockten Dortmunder verloren 2:3. Rund um das Nachholspiel blieb es nach Polizeiangaben vergleichsweise ruhig.
BVB-Trainer Thomas Tuchel kritisierte die rasche Neuansetzung des Spiels heftig. „Wir wurden überhaupt zu keiner Zeit gefragt“, sagte der Coach nach der Partie und sprach von einem „Gefühl der Ohnmacht“. Die Europäische Fußball-Union Uefa wies die Vorwürfe am Donnerstag zurück. „Uefa war am Mittwoch mit allen Parteien in Kontakt und hat niemals eine Information erhalten, die angedeutet hat, dass eines der Teams nicht spielen wollte.“
"Heute ist mein schlimmster Tag"
Thomas Tuchel war bei einer Pressekonferenz am Donnerstag sichtlich betroffen von den Ereignissen der vergangenen Tage. "Wir müssen einen Weg finden, damit klar zu kommen. Wir wissen aber noch nicht, wie das passieren wird", sagte der 43-Jährige. Den Spieltag am Mittwoch beschrieb der Trainer als Wolke, durch die man hindurchgegangen wäre. "Ich kann nur für mich selbst sprechen: Heute ist mein schlimmster Tag - warum auch immer", gab Tuchel zu. "Es ist unglaublich schwer, darüber zu sprechen. Wir können das nur untereinander teilen und verstehen."
Viele Profi-Fußballer und Trainerkollegen unterstützten Tuchel in seiner Kritik an der frühen Spielansetzung. „Ich bin mir ziemlich sicher, wenn einer der Leute, die das entschieden haben, im Bus gesessen hätte, hätten sie die Partie nicht gespielt“, sagte beispielsweise der ehemalige BVB-Trainer Jürgen Klopp.
Der Tatort in Dortmund-Höchsten:
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BVB-Tatort am Mannschaftshotel wieder freigegeben
BVB-Tatort am Mannschaftshotel wieder freigegeben - die Bilder aus Höchsten.
Dieses Video zeigt den BVB-Bus kurz nach den Explosionen:
Die Bilder vom Abend des Anschlags:
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Spielabsage: Explosionen am BVB-Mannschaftsbus
Der BVB-Mannschaftsbus war am Dienstagabend gerade auf dem Weg vom Hotel in Richtung Stadion, als am Fahrzeug drei Sprengsätze gezündet wurden. Scheiben zerbarsten, Abwehrspieler Marc Bartra wurde verletzt und musste ins Krankenhaus. Das Champions-League-Spiel gegen Monaco wurde abgesagt - wird aber bereits am Mittwoch um 18.45 Uhr nachgeholt werden. In unserer Fotostrecke haben wir Eindrücke vor und aus dem Stadion sowie vom Ort des Geschehens an der Wittbräucker Straße in Höchsten zusammengestellt.