Der BVB hat erstmal Ruhe - aber keinen Grund, sich auszuruhen

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Der BVB hat erstmal Ruhe - aber keinen Grund, sich auszuruhen

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Der BVB kämpft beim 4:0 gegen Freiburg eine halbe Stunde lang mit sich und dem Gegner. Der Sieg verschafft Ruhe, doch die bisherigen Leistungen sind kein Ruhekissen. Jürgen Koers kommentiert.

Dortmund

, 04.10.2020, 09:50 Uhr / Lesedauer: 2 min

Christian Streich hatte richtig gehört. „Vor dem 1:0 wurde es schon unruhig im Stadion“, meinte Freiburgs Trainer. Eine halbe Stunde lang ging sein taktisches Konzept auf, die Gäste pressten mutig und hoch, spielten teilweise Mann gegen Mann. Das wirkte. Der BVB kam nicht in die Gänge, die Kombinationen schlugen fehl, die Laufwege stimmten nicht. Spielerisch gelang wenig bis gar nichts, es brauchte einen Dosenöffner, um die unter einem Deckel von Verunsicherung versteckte Spielfreude zu befreien.

Eine tiefe Balleroberung veränderte die Statik. Marco Reus, der alte Schlaufuchs, klaute robust die Kugel, Sekunden später änderte sich die schwarzgelbe Gefühlswelt. Denn dieses Tor knackte nicht nur den SC Freiburg, es beseitigte auch die spürbaren Selbstzweifel in den schwarzgelben Reihen, es beruhigte die ersten angespannten Zuschauer und legte letztlich die Spielfreude beim BVB frei. „Danach war alles einfacher“, sagte Emre Can. „Uns hat dieses 0:1 verunsichert“, erklärte Streich. Beide mussten für ihre Einschätzungen keinen Widerspruch befürchten.

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Nach einer Woche mit einer ärgerlichen und einer unglücklichen Niederlage stand Lucien Favres Mannschaft unter gehörigem Druck. Das war zu spüren bei leichten Ballverlusten und ungewohnten Fehlpässen in der Anfangsphase. Doch der BVB zeigte erst die geforderte Geduld - mit sich und dem Gegner - und danach seine Extraklasse in Person von Giovanni Reyna (drei Torvorlagen) und Erling Haaland (zwei Tore, ein Assist).

Borussia Dortmund bleibt besonnen gegen den SC Freiburg

„Wir haben nicht die Nerven verloren“, bilanzierte Favre, der auf Jadon Sancho und Roman Bürki verzichten musste. Anders als in Augsburg blieb Borussia Dortmund besonnen, ersparte sich grobe Aussetzer und belohnte sich spätestens nach dem 2:0 kurz nach Wiederanpfiff mit einem launigen Fußballnachmittag. Favre verbuchte die zähe Anfangsphase folglich als Fortschritt, weil ohne Rückschlag, und sah sich vom Spielverlauf bestätigt. „Das schnelle 2:0 war dann perfekt für uns, danach hatte die Mannschaft noch mehr Vertrauen.“

Dieses Zutrauen aus den starken Heimspielen (Haaland: „Diese Leistungen brauchen wir jetzt auch auswärts“) muss der BVB mitnehmen aus den ersten Pflichtspielrunden der Saison, diesen vorerst letzten Eindruck konservieren. Denn ab Mitte Oktober kommt es knüppeldick in Form des Kalenders. Und aussagekräftiger über die Leistungsstärke werden nach den freundlich-harmlosen Freiburgern die Gegner der nächsten Auswärtsspiele. Nach der Länderspielphase geht es zur TSG Hoffenheim und zum Start in die Champions League in Rom gegen Lazio. Und dann kommt schon Schalke.

Borussia Dortmund kann sich gelassene Zuversicht erlauben

Es gibt für den BVB mehr als genug zu tun, auch wenn ein Dutzend abwesende Nationalspieler kollektive Trainingsarbeit erschweren. Der BVB muss noch stabiler, kreativer, durchsetzungsfähiger werden. Das 4:0 gegen Freiburg verschafft Ruhe - ist aber kein Grund, sich auszuruhen. Doch alle, die es mit den Schwarzgelben halten, dürfen in die nächsten 14 Tage erstmal gelassene Zuversicht mitnehmen.