Mario Götze ist noch nicht mit dem BVB nach China gereist - und doch ist sein Name beim PR-Trip von Borussia Dortmund in Shanghai allgegenwärtig. Selbst am Einreiseschalter am Flughafen fiel am Donnerstag sein Name. Ein neugieriger Passkontrolleur wollte von den mitgereisten Journalisten wissen, ob er denn nun zurückkommt, der Mario. Ein paar Stunden später war der Deal fix. Die eigentliche Arbeit geht jedoch jetzt erst los.
Mario Götze will beim BVB zu alter Stärke zurückfinden.
Es hat in der Geschichte von Borussia Dortmund schon Transfers gegeben, die weniger risikobehaftet waren als die Rückkehr von Mario Götze aus München. Finanziell ist zwar alles im Rahmen: 37 Millionen Euro nahm der BVB 2013 für ihn ein, 22 Millionen Euro gibt er jetzt aus – etwaige Bonuszahlungen noch nicht inbegriffen. Auch das Gehalt des Weltmeisters ist in Dortmund wesentlich geringer als beim FC Bayern. Ob die sportlichen Pläne aufgehen, hängt allerdings von einigen Faktoren ab - und die kosten zumindest teilweise viel Zeit.
Gefühl der Geborgenheit
BVB-Trainer Thomas Tuchel wirbt daher bereits um Geduld. Anstatt sich Tore, Vorlagen und denkwürdige Dribblings von seinem bislang spektakulärsten Neuzugang zu wünschen, formulierte er als erstes einen wesentlich bescheideneren Wunsch für die kommenden Monate: "Ich möchte Mario häufiger lachen sehen", sagte Tuchel in Shanghai - und machte damit deutlich, woran es Götze in München gefehlt haben könnte: Wärme, Nähe, Zuneigung, kurz: das Gefühl der Geborgenheit. Genau das aber benötigt der Hochbegabte, um sein Talent abzurufen. Das weiß man in Dortmund aus der Erfahrung seiner ersten Zeit beim BVB.
"Beim FC Bayern gibt es den höchsten Leistungsdruck innerhalb des Kaders in Deutschland, dort herrscht eine absolute Leistungsatmosphäre, in der man eine besondere Persönlichkeitsstruktur benötigt, um sich dort durchzusetzen", analysierte Tuchel Götzes schwierige Situation beim Rekordmeister, "Mario aber muss sich aufgehoben fühlen. Deshalb der Schritt zurück nach Dortmund, wo er zur Ruhe kommen kann." Und - das fügte der BVB-Trainer extra an - "wo er sich auf den Sport konzentrieren kann". Vorausgesetzt, dass in Teilen empörte Umfeld gibt ihm die Gelegenheit dazu.
Erste Kurskorrektur vorgenommen
Mit einem Beraterwechsel hatte Götze vor einigen Wochen bereits eine erste Kurskorrektur vorgenommen, um verlorene Fan-Herzen zurückzugewinnen. Die Social-Media-Kanäle des Weltmeisters von 2014 verdienten bis dahin den Zusatz "Dauerwerbesendung", jetzt sind sie weitgehend PR-frei. Es ist der Versuch, das negative Image loszuwerden, das Götze seit einiger Zeit anhaftet und mit der missglückten Kampagne für einen TV-Hersteller seinen negativen Höhepunkt erreicht hatte.
Er will nicht länger als aalglatte und komplett auf eine Superstar-Werdung getrimmte PR-Maschine wahrgenommen werden, sondern als Mensch und Sportler. Dazu passt auch das Statement, das er nach Bekanntmachung seiner Rückkehr verbreiten ließ. Von heute auf morgen dürfte diese Transformation allerdings nicht gelingen. Götze wird weiter auf die BVB-Fans zugehen, vor allem aber wird er Leistung bringen müssen.
"Jeden Tag nutzen"
"Mario hat uns klar signalisiert, dass er zu uns und zu seiner alten Stärke zurück will und uns zutraut, dass wir ihn dorthin führen können", verriet Tuchel den Kern-Inhalt der Gespräche mit dem 24-Jährigen. Der BVB-Trainer ahnt, dass das "ein harter und weiter Weg" werden könnte. Götze wird an seiner Explosivität und Spritzigkeit arbeiten müssen. Beides war ihm zuletzt völlig abhandengekommen.
Und der 24-Jährige muss Selbstvertrauen aufbauen, das geht nur über gelungene Aktionen im Training und - wichtiger noch - in Spielen. "Es ist extrem wichtig", sagt Tuchel deshalb, "dass wir ab dem 1. August jeden Tag nutzen, um sein Talent zum Strahlen zu bringen."
In der Spielfeldmitte beheimatet
Eine nicht zu unterschätzende Hilfestellung hat Tuchel seinem neuen Schützling bereits in Aussicht gestellt. Götze soll - anders als in München - in Dortmund wieder in der Spielfeldmitte beheimatet sein. Dort also, wo er beim BVB einst zur vielversprechendsten Hoffnung des deutschen Fußballs wurde.