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Dreierkette, Viererkette – Fehlerkette: Beim BVB funktioniert gerade wenig
Borussia Dortmund
Die Statistik belegt: Mit einer Viererkette punktet Borussia Dortmund viel besser. Manchmal hilft aber die Dreierkette weiter. Das Kernproblem bleibt jedoch ein ganz anderes.
Mit annähernd vollständigem Kader bieten sich Marco Rose verschiedene Variationsmöglichkeiten für taktische Finessen. Doch Borussia Dortmunds Trainer stößt mit seinen Plänen auf ein unüberwindbares Hindernis: Seine Spieler müssen die Gedanken auch konsequent umsetzen auf dem Rasen, was ihnen immer seltener gelingt. Dreierkette, Viererkette – Fehlerkette!
Borussia Dortmund punktet mit Viererkette viel besser
Die Fakten vorweg: Mit einer Dreierkette, die Rose in dieser Bundesliga-Saison sieben Mal aufs Feld schickte, erreichten die Borussen nur eine ausgeglichene Bilanz (3 Siege, 1 Remis, 3 Niederlagen). Verteidigte in letzter Linie eine Viererkette, sieht die Ausbeute gemäß der Werte unseres Datendienstleisters Deltatre immens besser aus und bewegt sich sogar auf dem Niveau eines Titelkandidaten (15/2/4). Statt 1,4 Zählern erspielten sich die Dortmunder durchschnittlich 2,2 Punkte. Ein klares Plädoyer für die Viererkette? Ja. Und nein.
Die Partien gegen die beiden letzten Gegner in der Liga zeigen, wie fragil der BVB in jeder Formation agieren kann. Gegen den 1. FC Köln verstärkte Rose im Hinspiel mit einer Fünferkette die Flügel, der „Effzeh“ dominierte die Partie über weite Strecken dennoch, obwohl die Schwarzgelben letztlich mit 2:0 gewannen. Im Rückspiel in Köln setzte Rose folglich auf eine Viererkette zu Beginn. Mit der Konsequenz, dass der BVB von den Gastgebern förmlich eingeschnürt wurde, Flanke um Flanke flog in den Strafraum. Eine Umstellung auf Dreierkette in der zweiten Hälfte dichtete die Lücken auf den Seiten ab und änderte die Machtverhältnisse auf dem Rasen zugunsten der Borussia.
BVB-Flügel mit Guerreiro und Hazard formschwach besetzt
Nach dem ersten Aufeinandertreffen mit RB Leipzig (1:2) wiederum, als der BVB kaum Zugriff hatte, konstatierte BVB-Kapitän Marco Reus sogar: „Mit der Fünferkette haben wir einen Mann weniger im Zentrum. Damit kommen wir gar nicht klar.“ Trotzdem setzte sein 45-jähriger Cheftrainer beim zweiten Aufeinandertreffen wieder auf eine ähnliche Grundausrichtung, und er durfte sich nach den ersten 20 Minuten in seiner Präferenz bestätigt sehen: Dortmund, das über Raphael Guerreiro und Thorgan Hazard „den Gegner hinten binden“ und „die letzte Linie bedrohen“ (O-Töne Rose) wollte, konnte Druck ausüben, wurde gefährlich, hatte die Gäste gut im Griff – bis individuelle Fehler die Niederlage einläuteten.
Die Umstellung auf eine Viererkette mit Guerreiro als reinem Linksverteidiger fruchtete nach der Pause nicht mehr. Letztlich scheiterte der Plan zuvor auch daran, dass die beiden Schienenspieler Guerreiro und Hazard, von ihren Fähigkeiten prädestiniert für diese Aufgaben, seit Wochen mit Formschwächen zu kämpfen haben.
Inkonsequentes Gegenpressing führt beim BVB zu noch mehr Laufarbeit
In welchem System der BVB antritt, das spielt aktuell eher eine untergeordnete Rolle. Unabhängig von der Grundordnung weist die Borussia zu viele Nachlässigkeiten im Anlaufverhalten auf. Ohne Konsequenz und Geschlossenheit verpuffen die Versuche, mit hohem Gegenpressing die Gegner zu stressen. Gegen Leipzig musste Roses Mannschaft nach dem Rückstand bei jedem der zahlreichen Ballverluste viel und weit dem Gegner hinterherlaufen. Gelangen doch noch mal Ballgewinne, fehlte dann die Kraft für das explosive Umschalten.
Zu selten führte zuletzt auch das Notfallmittel der langen Bälle gefährlich vor das Tor. Mehr als 20 weite Schläge landeten am Samstag auf den Köpfen oder Füßen der RB-Verteidiger und nicht beim Mittspieler – es fehlte an Präzision, an Koordination, an Durchsetzungsvermögen. Und selbst die „zweiten Bälle“, oft eine Dortmunder Domäne, schnappten sich in der Mehrzahl die Leipziger. Auch, weil wild umherlaufenden Borussen „in bestimmten Phasen die Klarheit und Struktur abgegangen“ war, wie Rose analysierte.
BVB-Trainer Rose: „In Summe ist das alles schwer erklärbar“
„In Summe ist das alles schwer erklärbar“, sagte der Cheftrainer und fasste damit die spezielle Situation am Samstag wie auch die Gesamtlage der Dortmunder treffend zusammen. „Uns mit einer positiven Grundstimmung auf das nächste Spiel vorzubereiten, fällt nicht ganz so leicht.“
Wie sehr dem BVB jegliche Leichtigkeit abgeht, zeigt auch diese Statistik: In den ersten 23 Bundesliga-Partien erzielten die Borussen 68 Tore, das macht 2,7 pro Partie. Seitdem reichte es, aufgrund eines deutlich pragmatischeren Ansatzes, nur für durchschnittlich einen Treffer pro Partie. Zwar sank auch die Anzahl der Gegentore von 1,8 auf 1,2. Doch systemrelevant waren diese Auswirkungen nicht. Die letzten überzeugenden Auftritte in der Rückrunde (Freiburg, Union, Gladbach) liegen inzwischen weit zurück.
Schon als Kind wollte ich Sportreporter werden. Aus den Stadien dieser Welt zu berichten, ist ein Traumberuf. Und manchmal auch ein echt harter Job. Seit 2007 arbeite ich bei den Ruhr Nachrichten, seit 2012 berichte ich vor allem über den BVB. Studiert habe ich Sportwissenschaft. Mein größter sportlicher Erfolg: Ironman. Meine größte Schwäche: Chips.
