
Hat noch mit Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen: Anthony Modeste. © IMAGO/Laci Perenyi
Datencheck: Warum Anthony Modeste beim BVB noch nicht zündet
Borussia Dortmund
Borussia Dortmund und Anthony Modeste passen noch nicht zusammen. Für Tore seines Stürmers muss der BVB das Spiel anpassen, ihn viel mehr mit Flanken und Hereingaben füttern. Das zeigt auch der Datencheck.
Kein Torschuss, keine Vorlage, nicht einmal ein Ballkontakt im gegnerischen Strafraum: Anthony Modeste erlebte – inmitten einer schwach aufspielenden Mannschaft – eine sehr dürftige Premiere in seiner neuen sportlichen Heimat. Beim 2:3 gegen Werder Bremen spielte Borussia Dortmunds neuer Mittelstürmer am Samstag keine Rolle, hatte winzige zwölf Ballkontakte. Logisch: Der 34-jährige Torjäger muss sich noch an den BVB gewöhnen. Aber das gilt auch umgekehrt, wie ein Blick in die Datenbanken unseres Dienstleisters Deltatre zeigt.
Anthony Modeste und der BVB: Das passt noch nicht richtig
- In Köln war das Spiel auf Modeste, der ein hervorragender Abnehmer von Hereingaben ist, zugeschnitten: Der FC schlug in der vergangenen Saison ligaweit die meisten Flanken aus dem Spiel heraus (505). Dortmund lag in diesem Ranking nur auf Rang 17 (224).
- In den ersten drei Partien dieser Serie hat der BVB lediglich 15 Flanken aus dem Spiel geschlagen, davon fünf im ersten Spiel ohne Modeste. Nur Augsburg und Hertha verzeichneten weniger Hereingaben.
Wer einen der kopfballstärksten Spieler der Liga in den eigenen Reihen hat, der im Schnitt fast vier Luftduelle pro Partie für sich entscheidet, muss ihn auch entsprechend einsetzen. BVB-Trainer Edin Terzic analysierte: „Wir sind nicht häufig in die Situationen gekommen, um Tony überhaupt ins Spiel zu bringen.“ Spontan erinnerte er sich an zwei Szenen, wo seine Spieler nach Durchbrüchen über den Flügel „noch einen Haken machen, anstatt den Ball vors Tor zu bringen. Das sind doch genau die Szenen, wofür wir Tony in der Box haben.“ Selbst wenn Modeste parat stand – gesucht und gefunden haben ihn seine Mitspieler nicht. Womöglich dauert die Transformation des Offensivspiels für die Zeit nach Erling Haaland noch länger.
- Bei Erling Haaland setzte die Borussia eher auf Steilpässe in den Lauf des schnellen Norwegers, der 40-mal nach Pässen und nur sieben Mal nach Flanken traf. Modeste wiederum erzielte 23 seiner 83 Bundesliga-Tore nach Flanken und 24 per Kopf, davon zehn in der starken Vorsaison.
- Nur zwei der bisher 34 Ballbesitzphasen hatte Modeste im gegnerischen Strafraum, beide beim 3:1-Sieg in Freiburg. Doch vor allem dort könnte der ehemalige Kölner gefährlich werden. Bei Erling Haaland gelang das: Der Norweger erzielte 60 seiner 62 Bundesliga-Tore von innerhalb des Strafraumes; letzte Saison war er im Schnitt sechs Mal pro Spiel im gegnerischen Sechzehner am Ball.
Was nützt ein abschlussstarker Stürmer, wenn er nicht bedient wird? Kapitän Marco Reus meinte am Samstag zur Zusammenarbeit mit Modeste: „Wir haben zu wenig Möglichkeiten gefunden, ihn in Spiel einzubinden. Darüber müssen wir reden. Das werden wir auch.“
FC-Trainer Steffen Baumgart mit Spitze in Richtung des BVB
Neben der fehlenden Bindung ins eigene Offensivspiel fiel auch auf, dass der Neuzugang bei der Arbeit gegen den Ball noch zulegen muss. Im Pressing zu attackieren und Gegenspieler unter Druck zu setzen, gehört nicht zu seinen Stärken. Doch das konzertierte Anlaufen muss abgestimmt sein. Reus: „Wir müssen uns da auf etwas einigen.“ Hohes Verteidigen wird nur gelingen, wenn alle Feldspieler im Kollektiv agieren. Auch ein Aspekt, der gegen Bremen nicht funktionierte.

Kölns Trainer Steffen Baumgart gab sich am Sonntag bei DAZN spitzzüngig: „Dass Tony etwas Außergewöhnliches für uns war, steht außer Frage. Aber das, was Tony im letzten Jahr ausgezeichnet hat, war die Mannschaft im Hintergrund“, sagte der FC-Coach und ergänzte (voreilig) mit Blick nach Dortmund. „Wir sehen es ja gerade, wenn eine Mannschaft nicht so agiert, dann schießt du vielleicht auch nicht so viele Tore wie vorher. So deutlich muss man es sagen.“
BVB-Neuzugang Modeste auch beim „Effzeh“ mit wenigen Ballaktionen
Trainer Edin Terzic hatte sich einen Stürmer vom Format Modeste gewünscht. Im Training soll dessen Abschlussquote hoch liegen. In der Bundesliga hat es der BVB noch nicht verstanden, diese großen Qualitäten anzuknipsen. Unruhe kommt deswegen noch nicht auf. Sportdirektor Sebastian Kehl war sich schon bei der Verpflichtung der „absoluten Wunschlösung“ sicher: „Tony kennt die Liga, er wird sich schnell integrieren.“ Für die weitere Eingewöhnung benötigt Modeste, dessen einjähriges Gastspiel mehr als zehn Millionen Euro kosten dürfte, weitere Spielpraxis. Zum Leidwesen eines Youssoufa Moukoko.
- Für den „Effzeh“ kam Modeste alle 24 Minuten (BVB: 57) zum Abschluss, obwohl er mit nur 26 Ballkontakten pro Partie (BVB: 18) grundsätzlich keinen großen Anteil am Spiel verbuchte.
Den auserkorenen Torgaranten nur selten mit dem Ball in Aktion zu sehen wie bislang auch im schwarzgelben Trikot, ist also nicht untypisch. Ihn im Sechzehnmeterraum mit Flanken zu füttern, sobald es möglich ist, muss der nächste Schritt im Eingliederungsprozess sein. Dann sollte der Torjäger auch liefern.
Schon als Kind wollte ich Sportreporter werden. Aus den Stadien dieser Welt zu berichten, ist ein Traumberuf. Und manchmal auch ein echt harter Job. Seit 2007 arbeite ich bei den Ruhr Nachrichten, seit 2012 berichte ich vor allem über den BVB. Studiert habe ich Sportwissenschaft. Mein größter sportlicher Erfolg: Ironman. Meine größte Schwäche: Chips.
