BVB-Vertreter auf Solidaritätsbesuch in Israel „Es ist eine Verbindung fürs Leben entstanden“

BVB-Vertreter auf Solidaritätsbesuch in Israel: „Es ist eine Verbindung fürs Leben entstanden“
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Manchmal haben auch kleine Gesten eine große Wirkung. So wie diese: Vor dem Heimspiel gegen RB Leipzig Anfang Dezember widmete Borussia Dortmund sein obligatorisches „You’ll never walk alone“ Netta Epstein. Seine Eltern und seine beiden Schwestern waren an diesem Tag auf Einladung des BVB zum Spiel angereist. Der 22-jährige BVB-Fan wurde am 7. Oktober beim Terror-Angriff der Hamas auf Israel ermordet. Als das Kibbuz Kfar Aza überfallen wurde, warf er sich auf eine Granate, um seine Verlobte Irene zu schützen und starb.

BVB-Vertreter erleben „ein Land im Ausnahmezustand“

Der BVB-Antidiskriminierungsbeauftragte Daniel Lörcher und Sebastian Schneider, bei Borussia Dortmund als Fanbeauftragter zuständig für internationale Fanclubs, weilten jüngst zu einem Solidaritätsbesuch in Israel und trafen dort erneut auf die Familie des ermordeten Netta Epstein. Es sind Eindrücke, die lange nachwirken. „Ich bin zwar seit einigen Tagen zurück, aber im Kopf bin ich noch immer dort“, sagt Lörcher im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten.

„Die ersten Eindrücke waren wirklich bedrückend. Israel ist ein Land im Ausnahmezustand. Überall gibt es Bilder der Geiseln, die durch die Hamas verschleppt wurden. Das alles ist omnipräsent, man kann sich dem nicht entziehen“, berichtet der 38-Jährige.

Von Tel Aviv aus ging es für ihn und Schneider gemeinsam mit einer Delegation des Fanclubs Israelische Borussen an den Schauplatz des Verbrechens. Schon auf dem Weg nach Kfar Aza waren die Auswirkungen des 7. Oktober zu spüren. Denn die von Israel zur Bekämpfung der Hamas nach Gaza entsendeten Panzer haben die Straßen zum Kibbuz zerstört. „Schon die Fahrt war geprägt von Kriegseindrücken“, erzählt Lörcher.

BVB-Delegation sehen „überall Spuren der Gewalt“

Im drei Kilometer von Gaza entfernten Kibbuz angekommen, bekam er die Gefechte zu spüren. „Als ich die Autotür geöffnet habe, konnte ich Maschinengewehrsalven und Artillerie-Geschosse hören“, sagt der BVB-Antidiskriminierungsbeauftragte. Ein Rundgang durch das Kibbuz führte ihm das ganze Ausmaß des Grauens vor Augen. Zerstörte Häuser, ein ausgestorbenes Dorf. „Was wir dort gesehen haben, ist kaum in Worte zu fassen. Es gibt einfach überall Einschusslöcher. Überall sieht man nicht zu beschreibende Spuren der Gewalt“, schildert Daniel Lörcher.

Die beiden BVB-Vertreter trafen im Kibbuz auch die Familie von Netta Epstein und zufällig eine inzwischen aus den Fängen der Hamas befreite Geisel. Dem Fußballteam von Netta, den Kfar Aza Foxes sowie einem weiteren Team aus einer Freizeitfußballliga spendete der BVB Trikots, Hosen und Fußballschuhe. Die Jugendlichen aus den Teams hatten am 7. Oktober alles verloren.

Kaum zu ertragende Gegensätze

Im Anschluss besuchten Lörcher und Schneider zudem das Gelände des Nova-Festival bei Re’im, auf dem die Hamas ebenfalls ein Massaker mit 364 Toten angerichtet hatten. Der Ort in der Negevwüste sei „eigentlich friedlich“, doch als Lörcher aus seinem Auto ausstieg, sah er im selben Augenblick am Himmel neuerlichen Raketenbeschuss der Hamas auf Tel Aviv. Teilweise sei ihm all das surreal vorgekommen, gestand der 38-Jährige.

Daniel Lörcher und Sebastian Schneider übergeben BVB-Trikots an die Kfar Aza Foxes.
Daniel Lörcher und Sebastian Schneider übergaben BVB-Trikots an die Kfar Aza Foxes. © SHAHAR AZRAN

Bestandteil des Solidaritätsbesuchs in Israel war aber auch der Besuch bei Netzwerkpartnern wie dem World Jewish Congress und der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem.

BVB-Fanclub dankbar für Besuch

Darüber hinaus gab es einen Austausch mit Mitgliedern des Fanclubs Israelische Borussen. „Man konnte merken, wie viel es ihnen bedeutet, dass der Verein sich für sie interessiert. Wir haben ihre Dankbarkeit gespürt, dass wir da sind und wahrnehmen, was passiert ist“, berichtete Sebastian Schneider. Die fünf Tage vor Ort haben nicht ausgereicht, um die volle Tragweite des Terror-Angriffs zu begreifen. Aber sie haben dafür gesorgt, die Verbundenheit zwischen dem BVB und seinem Fanclub und Partnern in Israel weiter zu stärken.

Wahrscheinlich sogar mehr als das. Daniel Lörcher spricht vom Beginn einer tiefen Freundschaft. „Wir kannten Ayelet, Ori, Alma und Rona Epstein vor dem Heimspiel gegen Leipzig nicht persönlich, doch nach diesen beiden Begegnungen ist eine Verbindung fürs Leben entstanden.“

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