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BVB-Verteidiger Toljan hat „viel gelernt“ in der italienischen Schule
Leihspieler
Bei Borussia Dortmund tat sich Jeremy Toljan schwer. Bei US Sassuolo in Italien wusste der Außenverteidiger zu überzeugen. Doch dann kam die Coronakrise. Wie geht es weiter?
Seine italienischen Sätze kommen ihm fließend über die Lippen, naja, manche zumindest. „Ciao di tutti tifosi di Sassuolo!“ An Land, Leute und die Sprache hat sich Jeremy Toljan (25) in der kurzen Zeit seit dem Sommer 2019 gewöhnt, und auch den Fußball in der Serie A hat er zu schätzen gelernt. „Mir geht es gut in Italien, die ersten acht Monate habe ich mich sehr wohl gefühlt und Spaß am Fußball gehabt“, sagt Borussia Dortmunds Leihgabe.
BVB-Leihspieler Toljan: Coronakrise raubt ihm Stammplatz
Bei US Sassuolo, dem aktuell Tabellenelften in Italien, ist BVB-Leihspieler Toljan zum unumstrittenen Stammspieler auf der rechten Außenbahn avanciert, er ist der „terzino destro“. Oder besser gesagt, er war es. Es lief sportlich vorzüglich, bis seit dem 9. März auch für ihn der Ausnahmezustand eintrat.
Im von der Coronakrise schwer geprüften Land steht alles still. Natürlich auch der Fußball, den die Verantwortlichen anfangs noch mit Geisterspielen fortsetzen wollten, der aber schon lange eine weit nachrangige Rolle spielt angesichts der vielen Pandemie-Opfer auf dem Apennin. Momentan geht es nicht um Überzahlspiel, sondern um Überweisungen: Werden die letzten zwölf Spieltage dieser Saison noch zu Ende gespielt, sollen ligaweit zwei Monatsgehälter von den Klubs einbehalten werden. Wird die Spielzeit ersatzlos abgebrochen, sollen die Spieler auf vier Monatsgehälter, also 30 Prozent ihres Gehalts, verzichten. Finanziell wäre das für viele ein Verlust, aber sportlich trifft es manche Akteure noch härter.
Coronakrise verkompliziert Toljans Zukunft
Denn für Toljan verkompliziert die Coronakrise seine persönliche Situation in mehrfacher Hinsicht. Mit guten Leistungen hatte er sich in die Notizbücher zahlreicher Klubs gespielt, noch bessere Adressen in Italien und auch Klubs aus der Bundesliga sind wieder auf ihn aufmerksam geworden. „Ich habe viel gespielt, viel gelernt, das war gut für mich“, sagt der U21-Europameister von 2017.
Anders als bei der vorherigen Leihe zu Celtic Glasgow von Januar bis Juni 2019, wo er nach einem Trainerwechsel keine bedeutende Rolle mehr spielte, setzte der junge Trainer Roberto di Zerbi (40) fast von Beginn an auf ihn. Toljan spricht von einer „sehr guten Zusammenarbeit“, und dass das Vertrauen des „Misters“ ihn freue. Was man so sagt, wenn es gut läuft.
Italienischer Stil hat BVB-Leihspieler Toljan geholfen
Von modern agierenden Außenverteidigern wird auch in Italien viel verlangt. „Du musst beim Angriff unterstützen, du musst sicher verteidigen gegen die schnellen Flügelstürmer“, zählt der gebürtige Stuttgarter die ersten Hauptaufgaben auf. Was ihm in seiner Entwicklung geholfen hat, ist der italienische Stil. „Ich habe mich in meinem Defensivverhalten stark verbessert“, meint Toljan. „Hier wird viel Wert auf Taktik gelegt, auf der Abwehrarbeit liegt ein Schwerpunkt im Training. Das hat mir geholfen.“ In Deutschland galt gerade seine defensive Leistung als optimierbar. Dem konnte er nun in Theorie und Praxis entgegenwirken.
Doch jetzt ruht seit Wochen der Ball. Sein „gutes Leben in Modena“ in der Region Emilia-Romagna erfährt harte Einschnitte, wie auch für den Rest der Bevölkerung. Gegen Ruhe hat Toljan, der nicht für Gefühlsausbrüche bekannt ist, wenig einzuwenden. Aber Normalität im Land, Trainingsalltag und Spiele, das alles fehlt.
BVB-Leihspieler: Toljans Zukunft ist offen
Dadurch bleibt auch seine Zukunft offen. Eine Rückkehr nach Dortmund im Sommer, wann auch immer der Saisonübergang stattfindet, ist denkbar, aber nicht wahrscheinlich. Ob sich US Sassuolo die bei der Leihe vereinbarte Kaufoption über knapp fünf Millionen Euro noch leisten kann, will und wird, lässt sich seriös überhaupt nicht vorhersagen. Der reiche Klubpräsident und Geldgeber Giorgio Squinzi ist kürzlich verstorben, wie es im Verein weitergeht, auch abseits der Coronakrise völlig offen. Man müsse „abwarten und für alle Fälle gewappnet sein“, heißt es bei Toljans Management. Alle Parteien fahren nur auf Sicht.
Seine primären Ziele, gesund zu bleiben und möglichst viel zu spielen, hat die Leihe nach Sassuolo für Jeremy Toljan erfüllt. Ein paar Brocken Italienisch zu beherrschen, kann auch nicht schaden im Leben. Zeigt die Form- und Lernkurve weiter so linear nach oben, findet er auch einen namhaften Arbeitgeber. Gut ausgebildete Außenverteidiger werden immer benötigt. Sein Vertrag in Dortmund, im Sommer 2017 geschlossen, ist bis zum Sommer 2022 befristet.
Schon als Kind wollte ich Sportreporter werden. Aus den Stadien dieser Welt zu berichten, ist ein Traumberuf. Und manchmal auch ein echt harter Job. Seit 2007 arbeite ich bei den Ruhr Nachrichten, seit 2012 berichte ich vor allem über den BVB. Studiert habe ich Sportwissenschaft. Mein größter sportlicher Erfolg: Ironman. Meine größte Schwäche: Chips.
