
Hat eine klare Vorstellung davon, in welche Richtung es gehen soll: BVB-Torhüter Marcel Lotka. © IMAGO/Jan Huebner
BVB-Torhüter Marcel Lotka: „Das ist nicht als Kampfansage zu verstehen“
Borussia Dortmund
Bei Hertha BSC hat er schon in der Bundesliga gespielt. Beim BVB steht er nun bei der U23 im Tor. Im Interview verrät Marcel Lotka, wie intensiv die Zeit in Berlin war, warum der BVB süchtig macht - und wie er seine Rolle sieht.
Sein Wechsel von Hertha BSC hat im Frühjahr für viel Wirbel gesorgt. Inzwischen aber ist Marcel Lotka seit Juli beim BVB. Die Saison-Vorbereitung hat er teilweise bei den Profis und teilweise bei der U23 absolviert, wo er auch als Torhüter vorgesehen ist. Der 21-Jährige kommt mit der Erfahrung von zehn Bundesliga-Spielen nach Dortmund. Bei Hertha war er plötzlich mittendrin im Rampenlicht und erlebte den Abstiegskampf samt Relegation hautnah. Im Gespräch mit RN-Redakteur Cedric Gebhardt verrät Lotka, wie er die Zeit bei Hertha erlebt hat, warum Felix Magath ein ganz besonderer Trainer ist, inwiefern der BVB süchtig macht und warum er sich (noch) nicht als Herausforderer von Gregor Kobel sieht.
In Saarbrücken haben Sie erstmals für den BVB zwischen den Pfosten gestanden. Wie war der erste Pflichtspiel-Einsatz für Schwarzgelb?
Nach meinem Nasenbeinbruch am letzten Spieltag der vergangenen Saison in Dortmund war es mein erstes Pflichtspiel vor Zuschauern. Es hat sehr viel Spaß gemacht. Es war eine geile Atmosphäre. Wir haben als Mannschaft gut verteidigt und uns gegen die Wellen von Saarbrücken gestemmt. Leider hat am Ende das Ergebnis nicht gestimmt.
Am Samstag geht es gegen Ihren Ex-Verein RW Essen. Was verbinden Sie mit RWE?
Essen war sozusagen mein Sprungbrett. Von RWE aus konnte ich den nächsten Schritt zu Bayer Leverkusen gehen. Dort hatte ich die Möglichkeit, mit 15 Jahren schon in der U17-Bundesliga zu spielen. Das war eine gute Station für mich und es wird ein schöner Gegner am Wochenende.
Es wird also Ihr erster Auftritt im BVB-Trikot im Signal Iduna Park. Inwieweit ist das etwas, das Sie ganz besonders reizt?
Ich habe dort ja schon mal spielen dürfen mit Hertha. Es macht einfach Spaß, es macht süchtig. Dieses Stadion ist atemberaubend.
Was genau macht denn so süchtig?
Ich durfte ja schon Bundesliga-Luft schnuppern. Diese ganze Kulisse, dafür spielt man Fußball. Es ist umso toller, wenn die Stadien mit Fans gefüllt sind.

Sein erster Auftritt im Signal Iduna Park: Am letzten Spieltag der vergangenen Saison gastiert Marcel Lotka mit Hertha in Dortmund - und zieht sich im Spiel einen Nasenbeinbruch zu. © picture alliance/dpa
Die Zeit in Berlin war für Sie nach eigenem Bekunden extrem intensiv. Wie war es für Sie, so plötzlich im Rampenlicht zu stehen?
Ich war eigentlich Torwart Nummer vier oder fünf bei Hertha. Ich habe dennoch versucht, immer mein Bestes zu geben, auch als ich mich hintenanstellen musste. Ich habe dem Trainer (Tayfun Korkut, d. Red.) zeigen wollen, dass ich auch eine Option sein könnte. Und letztlich habe ich sein Vertrauen gewonnen und gegen den SC Freiburg erstmals gespielt. Bis zum Saisonende kamen noch neun weitere Einsätze dazu. Es war einfach unfassbar. Aber es war auch sehr anstrengend und intensiv, wenn man in so jungen Jahren in so einem riesigen Klub gleich den Abstiegskampf in der Bundesliga erlebt.
Die ersten drei Partien haben Sie unter Korkut gespielt. Dann kam der Trainerwechsel zu Felix Magath. Wie haben Sie ihn erlebt?
Felix Magath ist schon eine Legende. Er hat schon Titel geholt, da war ich noch nicht mal auf der Welt. Man spürt seine Autorität und die Art, wie er mit Leuten spricht. Er weiß ganz genau, was er sagt. Das ist das, was ihn auszeichnet. Er hat eine spezielle Art, aber ich glaube, er war zu dem Zeitpunkt der richtige Mann im Abstiegskampf für uns bei Hertha. Anfangs war ich unter Magath die Nummer zwei. Doch dann hat sich Alexander Schwolow beim Spiel in Leverkusen verletzt und ich wurde ausgerechnet gegen meinen Ex-Klub eingewechselt. Das war ein sehr schöner Moment.
Können Sie aus Ihrer Zeit in Berlin etwas mitnehmen, das Ihnen nun womöglich beim BVB hilft?
Es war in gewisser Weise eine brutale Erfahrung, in so jungen Jahren auf die ganz große Bühne geworfen zu werden und zehn Bundesliga-Spiele gemacht zu haben. Ich habe gleich den Abstiegskampf erlebt. Am letzten Spieltag fährst du nach Dortmund und du weißt, du brauchst einen Punkt gegen den BVB. Dann stehst du da als 20-Jähriger vor über 80.000 Zuschauern im Tor. Das sind Erfahrungen, die nimmst du mit, die helfen dir weiter.
Wie hat es sich angefühlt, wenn 25.000 Fans auf der Südtribüne hinter einem stehen. Waren Sie nervös oder haben Sie geschafft, das auszublenden?
Vor meinem Bundesliga-Debüt habe ich darüber nachgedacht, wie es wohl sein würde. Denn vor so vielen Zuschauern hatte ich vorher ja noch nie gespielt. Aber wenn man dann einmal auf dem Platz steht, ist man in einem Tunnel – auch schon vor dem Spiel. Man nimmt natürlich alles wahr, aber im Spiel selbst zählt nur der Ball und das, was vor dir passiert.

Marcel Lotka (hinten) in der Verfolgerrolle von Gregor Kobel? Im Trainingslager in Bad Ragaz gibt es diese Konstellation zumindest auf dem Fahrrad. © Guido Kirchner
Im März wurde Ihr Wechsel zum BVB bekanntgegeben. Wenige Wochen später hieß es plötzlich, Hertha wolle Sie doch behalten und den Transfer durch eine Vertragsklausel rückgängig machen. Wie haben Sie dieses Hin und Her erlebt?
In der Zeit wurde in den Medien so viel geschrieben. Ich habe einfach irgendwann nichts mehr davon gelesen. Das hat mir ganz gutgetan. Ich habe versucht, mich voll auf den Abstiegskampf zu konzentrieren. Das ist mir gelungen. Denn zu dem Zeitpunkt war ich noch bei Hertha BSC und es war einfach das Wichtigste, dort 100 Prozent zu geben und mich von nichts ablenken zu lassen.
Im Januar haben Sie beim BVB unterschrieben. Da konnten Sie noch nicht davon ausgehen, in den folgenden Monaten plötzlich in der Bundesliga zu spielen. Haben Sie Ihren Wechsel nach Dortmund bereut, weil sie beim BVB ja zunächst „nur“ in der 3. Liga bei der U23 vorgesehen sind?
Nein, ich bereue den Wechsel zum BVB auf gar keinen Fall. Ich bin ein junger Torwart und glaube, dass das der richtige Schritt ist. Der BVB bietet mir eine Perspektive und eine Möglichkeit, auf hohem Niveau zu spielen.
Sie sind gebürtiger Duisburger. Fühlt sich Ihr Wechsel nach Dortmund für Sie auch ein Stück weit an wie nach Hause zu kommen?
Es wurde in der Presse viel geschrieben, dass ich nur wegen der Heimat nach Dortmund komme. Das stimmt aber nicht. Ich habe mich auch in Berlin super wohl gefühlt. Aber es ist natürlich was anderes hier im Ruhrgebiet. Meine Familie und meine ganzen Freunde leben in Duisburg. Es ist richtig schön, hier zu sein. Das ist einfach meine Heimat. Aber das war nicht ausschlaggebend für meinen Wechsel, sondern einzig und allein die sportliche Perspektive.
Nach Ihrem Wechsel zum BVB haben Sie gesagt: „Ich habe klare Ziele und die werde ich auch anvisieren. Und ein Ziel lautet: Ich will langfristig in der ersten Mannschaft in der Bundesliga im Tor stehen. Deswegen bin ich hierhergekommen.“ Das klingt verdammt ehrgeizig.
Ich bin ja auch ein ehrgeiziger Typ. Und wenn man bei Borussia Dortmund unter Vertrag steht, sollte es aus meiner Sicht von jedem Spieler das Ziel sein, dort zu spielen. Das ist aber nicht als Kampfansage zu verstehen. Ich möchte das eher perspektivisch verstanden wissen.

BVB-Reporter Cedric Gebhardt sprach nach dem Training in Brackel mit Torhüter Marcel Lotka. © Jens Volke
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Cedric Gebhardt, Jahrgang 1985, hat Germanistik und Politikwissenschaft an der Ruhr-Uni Bochum studiert. Lebt aber lieber nach dem Motto: „Probieren geht über Studieren.“ Interessiert sich für Sport – und insbesondere die Menschen, die ihn betreiben. Liebt Wortspiele über alles und kann mit Worten definitiv besser jonglieren als mit dem Ball. Schickt deshalb gerne humorige Steilpässe in die Spitze.
