
© Bielefeld
BVB-Torhüter Drljaca ist der U23-Matchwinner: „Ich habe keine Bedenken“
Borussia Dortmund II
Beim 2:1 von Borussia Dortmunds U23 gegen Fortuna Köln avanciert Torhüter Stefan Drljaca zum Matchwinner. Wie es für ihn und seine Kollegen weitergeht, ist aber unklar.
Als letzter Mann ist es nicht leicht. Verbleibt der Torhüter beschäftigungslos, ist er im Grunde unsichtbar. Und schleicht sich in eine seiner (wenigen) Aktionen ein Fehler ein, ist er in der öffentlichen Debatte ganz fix der Depp. Stefan Drljaca, seit Sommer beim BVB, musste diese Erfahrung kürzlich machen, nachdem er gegen Wegberg-Beeck einen nachweislich unklugen Pass gespielt hatte. Ja, die Borussia gewann noch 3:2, aber Drljaca war der Spieler, der den Erfolg gefährdet hatte. In dieser einen verflixten Situation.
BVB-U23-Keeper Drljaca lernt aus seinen Fehlern
Drljaca, 21 Jahre alt, kennt dieses Spiel natürlich. Es war nicht sein erster Fehler und es wird nicht sein letzter gewesen sein. So ist das, Fehler passieren. Gänzlich lassen sie sich nicht verhindern, niemals, selbst wenn es mit aller Kraft, mit allem Engagement versucht wird. Und so ist es wohl immer der beste Rat, nicht zu lange über das Malheur nachzudenken. Mit dem Ziel, die nächste Situation bestmöglich zu lösen.
In Drljacas Fall kam diese Chance am Samstagnachmittag. Im Südstadion trat Borussia Dortmunds U23 zum Topspiel bei Fortuna Köln an. Das Ende der ursprünglich geplanten 90 Minuten war schon in Sicht, da jagte Kölns Maik Kegel einen Freistoß in Richtung des BVB-Tores. Auf der Tribüne sprangen die Fortuna-Fans erwartungsvoll auf - und setzten sich dann zügig wieder hin. Drljaca hielt, lenkte den Ball vorbildlich zur Seite. Die Partie aber war noch nicht vorbei. Fünf Minuten Nachspielzeit wurden angezeigt.
Großartiger Drljaca-Reflex sichert BVB-U23 drei Punkte
Kevin Rauhut, Kölns Torhüter, begab sich ganz nach vorn. Im Stile eines Mittelstürmers lauerte er am Elfmeterpunkt - und bekam plötzlich die Kugel. Rauhut drosch sie in Richtung BVB-Tor, so wie es ein Angreifer für gewöhnlich tut. Allein: Drljaca tauchte ab, war wieder da, reaktionsschnell wie zuvor. Per großartigem Reflex sicherte er der Borussia den 2:1 (2:0)-Sieg, der die Tabellenführung bedeutete - und wurde nach Schlusspfiff ausgiebig geherzt, erst von seinen Kollegen, anschließend von Manager Ingo Preuß, der seinen Keeper in den Arm nahm.
Es war eine wilde, aufreibende Schlussphase, die ein wenig an das 1:1 gegen Essen erinnerte, als der Borussia erst in der Nachspielzeit der Sieg geraubt worden war. Trainer Enrico Maaßen konnte gar nicht mehr an sich halten, so viel Aufregung waberte in ihm. In der ersten Hälfte hatte sein Team dominiert, Bälle weit in der gegnerischen Hälfte erpresst und Torabschlüsse gesammelt. Schon nach drei Minuten war Tobias Raschl erfolgreich gewesen. Der 20-Jährige, eigentlich bei den Profis aktiv, war erstmals in dieser Spielzeit zur U23 abkommandiert worden. Er zeigte eine hervorragende Leistung, sodass Preuß gesondert lobte: „Die Qualität von Tobi ist einfach stark.“
BVB-U23 geht bei Tobias Raschl kein Risiko ein
Wenn er fit ist, könne Raschl, der lange wegen einer Bänderdehnung im Sprunggelenk fehlte, das Angriffsspiel beleben und gleichfalls Ruhe in die Partie bringen. Nach seiner Auswechslung in der 57. Minute (Maaßen: „Er war lange verletzt, wir wollten nicht ins Risiko gehen. Es war ein intensives Spiel, Tobi hat das sehr gut gemacht“) verlor die Borussia mehr und mehr an Kontrolle. Sie führte zwar 2:0 - Taylan Duman hatte einen Foulelfmeter verwandelt (18.) -, aber hatte es verpasst, noch häufiger zu treffen. So war die Fortuna weiterhin im Spiel, durch Franko Uzelac gelang der Anschluss (70.).
„Die Kölner haben alles nach vorne geworfen, haben auf hohe Bälle gesetzt“, meinte Preuß. Und Maaßen resümierte: „Dann war unser Spiel wackelig, wir hatten kaum ruhige Ballbesitzphasen.“ Sein BVB II leistete stattdessen tapfer Widerstand, zwei Gelegenheiten erhielten die Kölner allerdings doch noch. Es waren jene Szenen, in denen Torwart Drljaca, schon vorher mit Hand und Fuß ausnahmslos sicher, zu Dortmunds Matchwinner wurde. Vor allem der Versuch von Fortunas Keeper verlangte all sein Können.
BVB-Keeper Drljaca: „Da schießt einem das Adrenalin in den Körper“
„Was da in mir vorging“, sagte Drljaca später, „ist schwer zu erklären. Das sind Millisekunden, da schießt einem das Adrenalin in den Körper. Ich wusste: Das ist die letzte Aktion.“ Seine Parade sei „rein intuitiv“ passiert. Zugegeben: Zeit, um nachzudenken, blieb auch überhaupt nicht. Dass die Mannschaft das Spiel schon eher hätte entscheiden können, das stimme, betonte Drljaca. Aber: „Ich bin trotzdem mehr als zufrieden mit der Leistung. Wir haben den Gegner in der ersten Hälfte dominiert, haben ihm wenig Räume gegeben und gezeigt: Das ist unser Tag.“ Und der siebte Sieg im neunten Versuch.
Für ihn persönlich laufe es derweil ebenso „super“, erzählte Drljaca, ohne den längst verdrängten Fehler zu erwähnen. Als Profi-Keeper Nummer vier kam er aus Hoffenheim, erweitert Lucien Favres Kader und ist zudem schon vierfach in der Regionalliga aufgelaufen. „Oben kann ich von den Großen lernen, bei der U23 mit den großen Talenten spielen“, beschrieb Drljaca, der mit seinen BVB-II-Kameraden nach wie vor zeigen will, „dass wir da oben hingehören“. An die Spitze der Tabelle.
Sportliche Zukunft der BVB-U23 ist ungewiss
Doch wie es mit der Spielberechtigung aussieht, war auch am Sonntag ungewiss. Erst Anfang der kommenden Woche soll darüber befunden werden, ob die Regionalliga wie die übrigen Amateurklassen eine Corona-Pause einlegen muss. Oder ob sie als Profi-Liga gewertet wird und die Punktehatz weitergehen kann. Der Wunsch ist groß, gerade in Dortmund, wo es zurzeit so gut läuft wie lange nicht. Neun Spiele ist Maaßens Mannschaft mittlerweile ungeschlagen, das wirkt wie eine intravenös verabreichte Extraportion Selbstbewusstsein.
Ob er Sorge habe, dass der BVB II nach einer mehrwöchigen Zwangspause aus dem Tritt geraten könnte? Nein, meinte Drljaca also im Brustton der Überzeugung. „Klar, wir haben einen Flow. Aber ich habe so großes Vertrauen in die Mannschaft, da glaube ich nicht, dass wir nach einer längeren Pause aus dem Rhythmus kommen und schlechter spielen könnten.“ Er habe keine Bedenken. Drljaca zweifelt nicht.
Schreibt seit 2015. Arbeitet seit 2018 für die Ruhr Nachrichten und ist da vor allem in der Sportredaktion und rund um den BVB unterwegs.
