Diese lockeren Übungen zu Beginn gefallen Julian Brandt. Der Blondschof, auf seine Art immer eine Art „Spielkind“ geblieben, hat sichtlich Spaß daran, wenn er Marvin Ducksch im direkten Duell auf den Po klopfen soll, ohne selbst von ihm getroffen zu werden. Oder bei der Kraftprobe, wer den anderen zuerst aus dem Gleichgewicht reißen kann. Das Trainerteam des DFB überrascht täglich mit anderen kurzweiligen Aufgaben im Aufwärmprogramm. Danach, wenn es an die Fußballinhalte geht, ist die Öffentlichkeit außen vor. Brandt ist dann mittendrin in der Nationalmannschaft. Aber halt meistens nur dabei.
Brandts Problem der Vielseitigkeit
Seit November 2020 gab es 40 Länderspiele, der offensive Mittelfeldspieler von Borussia Dortmund stand dabei neun Mal auf dem Platz - sieben Kurzeinsätze, nur zweimal länger als 45 Minuten. Bei der WM in Katar blieb er ohne Einsatz. Danach schickten ihn Ex-Bundestrainer Hansi Flick und nun einmal dessen Nachfolger Julian Nagelsmann in der Schlussphase aufs Feld. Mal im Zentrum, mal auf dem Flügel. Brandt ist vielseitig einsetzbar. In der Nationalelf mit der hohen Leistungsdichte und Klassespielern auf bestimmten Positionen kann das zum Nachteil werden.
„Ich schätze mich so ein, dass ich nur ein Teil des Ganzen bin. Es geht für uns als Gemeinschaft nicht darum, wie viele Minuten der Brandt jetzt spielt, sondern dass wir wieder Erfolg haben und Begeisterung wecken“, sagte der 27-Jährige im September im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten über seine Rolle im DFB-Team. An der Haltung dürfte sich nichts geändert haben. An seiner persönlichen Situation auch nicht.

In Nagelsmanns 4-2-2-2-System gibt es zwar Platz für zwei zentrale offensive Mittelfeldspieler. Doch die Konkurrenz ist auch für den wertvollsten Feldspieler von Borussia Dortmund eine andere, wenn die besten deutschen Kicker zusammenkommen. Die formstarken Florian Wirtz (Bayer Leverkusen) und Jamal Musiala (FC Bayern, aktuell verletzte) dürften in der Rangordnung genauso vor ihm liegen wie sein Kumpel Kai Havertz (FC Arsenal).
Mit seiner Empfehlung von sechs Toren und fünf Vorlagen in 16 BVB-Partien in dieser Saison hat Brandt Eindruck hinterlassen. Seine Qualitäten sind auch Nagelsmann bekannt. Weil der Dortmunder sich auch im Spiel gegen den Ball enorm gesteigert hat, aggressiver und taktisch reifer verteidigt, darf er auf seine Bewährungschance hoffen in einem der beiden kommenden Länderspiele gegen die Türkei (Samstag, 20.45 Uhr in Berlin) und in Österreich (Dienstag, 20.45 Uhr in Wien). Dann gerne auch mal länger als 45 Minuten.
Brandt macht „keinen Stunk“
Es werde von ihm „keinen Stunk“ geben, wenn er nicht spiele, hatte der 45-malige Nationalspieler gesagt. Verstecken werde er sich aber nicht. Überträgt er seine besten Momente aus Partien im schwarzgelben BVB-Trikot ins weiße DFB-Shirt mit dem schwarzen Balken, muss er das auch nicht. Weniger wird nicht reichen, um seinen Status zu verbessern und einen Makel zu beheben.
Denn auch persönlich hat er noch eine Rechnung offen nach seinen bisherigen Turnier-Erfahrungen. „Ich war bei zwei Weltmeisterschaften dabei und bin zwei Mal in der Vorrunde rausgeflogen. Darauf habe ich keinen Bock mehr!“ Der innige Wunsch, bei der Heim-EM im kommenden Sommer eine tragendere Rolle zu spielen bei einem für Deutschland erfolgreicheren Turnier, treibt ihn an.
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